Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug nach Widerspruch über den Übergang des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Wenn der Betriebsveräußerer im Unterrichtungsschreiben über den Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 5 BGB klar zu erkennen gibt, er sehe für den vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer keine Möglichkeit für eine Weiterbeschäftigung, falls dieser dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widerspreche, bedarf es zur Begründung eines Annahmeverzugs des Veräußerers keines tatsächlichen oder wörtlichen Angebots der Arbeitsleistung gemäß § 294 oder 295 BGB. Der veräußernde Arbeitgeber kommt auch ohne ein solches Angebot gemäß § 296 BGB in Annahmeverzug, indem er einen funktionsfähigen Arbeitsplatz nicht mehr zur Verfügung stellt (im Anschluss an BAG 24.07.2008 – 8 AZR 1020/06). Dies gilt bereits für die Zeit ab erfolgtem Betriebsübergang, wenn der Arbeitnehmer später dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber wirksam widerspricht.
Normenkette
BGB §§ 613a, 280, 294-296, 615
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 29.09.2008; Aktenzeichen 33a Ca 10587/07) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 29.09.2008 – 33a Ca 10587/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche auf Arbeitsentgelt aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges sowie um Schadenersatzansprüche wegen entgangenen Entgelts aufgrund verspäteter Ausübung des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin von der Beklagten auf die erwerbende Firma im Rahmen eines Betriebsübergangs.
Die Klägerin stand ab 01.10.1982 bei der B. S. H. GmbH und seit 01.07.1986 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis. Sie war seit 01.01.2002 kaufmännische Projektleiterin. Ihr Jahreszieleinkommen betrug vor dem 01.10.2005 0,00 EUR und seit 01.10.2005 0,00 EUR. Seit 01.01.2002 gehörte sie der Gruppe der AT-Mitarbeiter der Beklagten an, für die sogenannte Vertragsbedingungen außertariflicher Mitarbeiter gelten. Ab 01.06.2006 bezog die Klägerin (von der Betriebserwerberin) ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 0,00 EUR. Ab Juni 2008 hatte sie – unter Berücksichtigung des tariflich geregelten 25 %-Abstands zwischen dem höchsten Tarifgehalt und dem Bereich der außertariflichen Angestellten bei einer 40-Stunden-Woche Anspruch auf Monatsgehalt in Höhe von 0,00 EUR brutto. Ferner besteht nach den „Vertragsbedingungen Außertariflicher Mitarbeiter 01. Oktober 1996” Anspruch auf eine Jahreszahlung, die sich aus einem individuellen Grundbetrag in Höhe von 0,00 EUR, multipliziert mit einem jährlich festgelegten Unternehmensfaktor – mindestens 14 – ergibt.
Bei der Beklagten existieren Richtlinien, wonach die Beschäftigten – unter anderem – nach fünfundzwanzigjähriger Firmenzugehörigkeit Anspruch auf ein Jubiläumsgeld haben, das im Jubiläumsmonat mit dem Gehalt überwiesen wird. Für AT-Mitarbeiter beträgt dieses Jubiläumsgeld 7.500,00 EUR. Für die Klägerin gilt nach Mitteilung der Beklagten vom Dezember 1998 als Stichtag für das Jubiläum der 01.10.1982, also ihr Eintritt bei der B. S. H. GmbH.
Mit Schreiben vom 29.08.2005 teilte die Beklagte der Klägerin und anderen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit, der Geschäftsbereich ComMD, also die Mobilfunksparte der Beklagten, gehe zum 01.10.2005 auf die B. M. GmbH & Co. OHG (im Folgenden: B. M.) über. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin zum 01.10.2005 zunächst nicht, sondern arbeitete für diese weiter. Ihr Zieleinkommen wurde von der Betriebserwerberin erhöht. Ein Beitrag zur Altersversorgung (BSAV) wurde festgelegt. Mit Schreiben vom 19.01.2006 sagte die Betriebserwerberin der Klägerin eine variable Vergütung (VZE/Beteiligung) zu. Auch wurde die Klägerin mit Wirkung vom 01.07.2006 von der Position einer kaufmännischen Mitarbeiterin Regional Marketing auf die Position der Kaufmännischen Leitung Regional Marketing befördert, was mit einer Erhöhung des Monatsgehalts verbunden war.
Am 28.09.2008 stellte die B. M. Antrag auf Insolvenzeröffnung. Das Amtsgericht München – Insolvenzgericht – eröffnete am 29.09.2006 das vorläufige und am 01.01.2007 das endgültige Insolvenzverfahren.
Für die Zeit vom 01.10.2006 bis 31.12.2006 erhielt die Klägerin Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit, wobei das der Insolvenzgeldzahlung zu Grunde liegende Bruttoentgelt nach § 185 SGB III auf die Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze – 0,00 EUR brutto – begrenzt war. Der Differenzbetrag zwischen dem damaligen Monatsgehalt der Klägerin in Höhe von 0,00 EUR brutto und dem für die Insolvenzgeldzahlung maßgebenden maximalen Bruttobetrag von 0,00 EUR in Höhe von 0,00 EUR brutto führte somit nicht zu einer Insolvenzgeldzahlung an die Klägerin.
Diese widersprach mit Schreiben vom 28.09.2006 dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die B. M. und erhob Klage zum Arbeitsgericht München, unter anderem mit dem An...