Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses eines Betriebsratsmitglieds zur Sicherung der Betriebsratsarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 14 TzBfG kommt auch auf Betriebsratsmitglieder zur Anwendung.

2. Bei der befristeten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses mit einem Betriebsratsmitglied ist die Sicherung der personellen Kontinuität der Betriebsratsarbeit als Sachgrund i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG anzuerkennen. Die Befristung muss nicht die gesamte Wahlperiode abdecken, solange die Dauer der Befristung nicht so kurz gewählt ist, dass hierdurch der sachliche Grund in Frage gestellt wird.

3. Bei der Prüfung, ob eine Benachteiligung i.S.d. § 78 S. 2 BetrVG vorliegt ist von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast auszugehen.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1; BetrVG § 78 S. 2; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 1; BGB § 249 Abs. 1, § 823 Abs. 2; EGRL 14/2002 Art. 7 Fassung: 2002-03-11, Art. 8 Fassung: 2002-03-11; EU-Grundrechtecharta Art. 27-28, 30

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 24.04.2013; Aktenzeichen 20 Ca 15278/12)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 24.04.2013 - Az. 20 Ca 15278/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung, den Anspruch der Klägerin auf Beschäftigung und hilfsweise über die Verpflichtung der Beklagten, mit der Klägerin einen unbefristeten Arbeitsvertrag abzuschließen.

Die Beklagte erbringt Leistungen im Bereich des Personalmanagements für Unternehmen der E.. Sie betreibt Personalvermittlung, erbringt Beratungsleistungen für Personalfragen, unterstützt Bewerber bei der Stellensuche und sucht geeignetes Personal für ihre Auftraggeber.

Daneben dient sie der Beschäftigungssicherung im Konzern, indem sie Mitarbeiter des Konzerns beschäftigt, für die derzeit im Konzern keine dauerhafte Übernahme möglich ist. Für ihre Tätigkeit verfügt sie über die unbefristete Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit zur Arbeitnehmerüberlassung. Die Beklagte beschäftigt über 400 Mitarbeiter.

Aufgrund der genannten Aufgaben besteht eine große Fluktuation von Arbeitskräften.

Über 80 % der Arbeitsverhältnisse sind befristet.

Mit Arbeitsvertrag vom 23./24.06.2009 (Bl. 15 ff. d. A.) stellte die Beklagte die Klägerin befristet als Mitarbeiterin im Bankenbereich ein. Die Befristung wurde auf § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG i.V.m. § 9.2 des bei der Beklagten geltenden Mantelhaustarifvertrages vom 25.06.2009 gestützt. Der Arbeitsvertrag wurde zweimal verlängert. Nach einer Unterbrechung von vier Wochen wurde die Klägerin mit Arbeitsvertrag vom 22.07.2010 (Bl. 20 ff. d. A.) erneut ab 26.07.2010 befristet eingestellt. Als Befristungsgrund nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG wurde in § 3 des Arbeitsvertrages die "Einführung EuroSig bei der E." angegeben.

Das zunächst bis 31.08.2010 befristete Arbeitsverhältnis wurde wiederum mehrfach verlängert.

Am 26.07.2011 wurde erstmalig im Betrieb der Beklagten ein Betriebsrat gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 01.08.2011 bekanntgegeben. Die Klägerin war Mitglied des elfköpfigen Betriebsrates. Von den elf Betriebsratsmitgliedern waren acht befristet beschäftigt.

Aufgrund des Auslaufens befristeter Arbeitsverhältnisse von Betriebsratsmitgliedern zum 31.07.2011, 31.08.2011 und 31.10.2011 bestand der Betriebsrat trotz Heranziehung der beiden Ersatzmitglieder zum 01.11.2011 nur noch aus neun Mitgliedern.

Das zuletzt bis 31.08.2011 befristete Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde von der Beklagten nicht verlängert. Die Klägerin erhob unter dem 02.09.2011 vor dem Arbeitsgericht München (Az. 16 Ca 10079/11) Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch Befristung zum 31.08.2011 geendet habe und auf Weiterbeschäftigung. Die Parteien unterbreiteten dem Gericht einen übereinstimmenden schriftlichen Vergleichsvorschlag.

Mit Beschluss vom 24.01.2012 stellte das Arbeitsgericht fest, dass gemäß § 278 Abs. 6 ZPO ein gerichtlicher Vergleich mit folgendem Inhalt zustande gekommen sei:

1. Zur Beendigung des Rechtsstreits über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses einigen sich die Parteien dahingehend, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis nicht infolge der letzten Befristung am 31.08.2011 geendet hat, sondern bis zum 31.12.2012 befristet fortbesteht.

Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass diese weitere einmalige Befristung bis zum 31.12.2012 der Etablierung und Sicherung der Kontinuität der Betriebsratstätigkeit bis zur Verfestigung der betriebsratsinternen Prozesse dient.

Das Arbeitsverhältnis endet am 31.12.2012, ohne dass es hierfür einer weiteren Erklärung bedarf.

2. Die Beklagte zahlt bis zum 31.12.2012 das vereinbarte Arbeitsentgelt fort. Für die Zeit vom 01.09.2011 bis zur Wirksamkeit des Vergleichs rechnet die Beklagte die ausstehenden Gehälter unter Berücksichtigung etwaiger Zwischenverdienste und auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangener Ansprüche ab. Die Klägerin verpflichtet sich, ...

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