Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründete Zahlungsklage auf Anpassung der Betriebsrente bei wirtschaftlicher Notlage der Arbeitgeberin. Beurteilung der wirtschaftlichen Lage aufgrund der nach Rechnungslegungsregeln des Handelsgesetzbuchs erstellten Jahresabschlüsse. Bestimmung des Basiszinses und Ausweis latenter Steuern durch Ausübung des Bilanzierungswahlrechts. Bündelung aller in einem Unternehmen anfallenden Prüfungstermine zu einem einheitlichen Jahrestermin
Leitsatz (redaktionell)
1. Der in § 16 Abs. 1 BetrAVG gesetzlich vorgeschriebene Drei-Jahres-Rhythmus zwingt nicht zu starren individuellen Prüfungsterminen; die Bündelung aller in einem Unternehmen anfallenden Prüfungstermine zu einem einheitlichen Jahrestermin vermeidet unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand und beeinträchtigt die Interessen der Betriebsrentenberechtigten nur geringfügig.
2. Ein gemeinsamer Anpassungsstichtag darf die erste Anpassungsprüfung um nicht mehr als sechs Monate verzögern und wird regelmäßig dadurch abgemildert, dass ein entsprechend angewachsener höherer Teuerungsausgleich zu berücksichtigen ist; in der Folgezeit ist jedoch der Drei-Jahres-Zeitraum einzuhalten.
3. Bei der Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat die Arbeitgeberin die Belange der zu Versorgenden sowie ihre eigene wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen; lässt die wirtschaftliche Lage eine Anpassung der Betriebsrenten nicht zu, ist die Arbeitgeberin zur Anpassung nicht verpflichtet.
4. Bei der Prüfung, ob die wirtschaftliche Lage es der Arbeitgeberin erlaubt, eine Anpassung der Betriebsrenten abzulehnen, ist ein einheitlich geltender Maßstab anzulegen, der die wirtschaftliche Lage objektiv wiedergibt; demgemäß ist von Abschlüssen auszugehen, über die jede Arbeitgeberin verfügt, und die nach Rechnungslegungsregeln aufgestellt worden sind, die ein den tatsächlichen wirtschaftlichen Bedingungen entsprechendes Bild der wirtschaftlichen Lage der Arbeitgeberin geben, was bei den nach den Rechnungslegungsregeln des HGB erstellten Jahresabschlüssen (§§ 242 ff. HGB) gewährleistet ist.
5. Abschlüsse nach anderen als den in §§ 242 ff. HGB bestimmten Rechnungslegungsregeln dienen nicht dem Gläubigerschutz sondern sollen kapitalmarktbezogene Informationen liefern und primär den Investoren oder Anteilseignern entscheidungsrelevante Erkenntnisse darüber vermitteln, ob ein Investment in einer Gesellschaft gestartet, gehalten, erhöht oder vermindert werden soll; dadurch unterscheiden sich auch internationale Rechnungslegungsregeln grundsätzlich vom deutschen Bilanzrecht, das neben der Informationsfunktion auch die Zahlungsbemessungsfunktion betont.
6. Der Basiszins ist für die Bestimmung der angemessenen Eigenkapitalverzinsung nicht nach der aufgrund von § 253 Abs. 2 HGB i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) vom 25.05.2009 (BGBl. I S. 1102) erlassenen Rückstellungsabzinsungsverordnung zu bestimmen.
7. Der Ausweis latenter Steuern durch Ausübung des Bilanzierungswahlrechts bedeutet nicht, dass ein Unternehmen in der Zukunft auch einen gesicherten Ertrag erwirtschaften wird, der zu den in der Bilanz in Ansatz gebrachten Steuern führt; da die Aktivierung der stillen Steuern in der Bilanz nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgt und auf einer nicht gesicherten Ertragsprognose beruht ohne Sicherheit, dass ein entsprechender Ertrag in der Zukunft auch eintritt, kann einer eher im spekulativen Bereich liegende Schätzung keine verbindliche Aussagekraft zukommen, zumal deren Schwerpunkt eindeutig dem steuerlichen Bereich zuzuordnen ist.
8. Die Arbeitgeberin hat darzulegen und zu beweisen, dass ihre Anpassungsentscheidung billigem Ermessen entspricht und sich in den Grenzen des § 16 BetrAVG hält; die Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich auf alle die Anpassungsentscheidung beeinflussenden Umstände.
9. Will der Versorgungsberechtigte die Fehlerhaftigkeit testierter Jahresabschlüsse geltend machen, hat er die nach seiner Ansicht unterlaufenen Fehler näher zu bezeichnen; hat er die ordnungsgemäße Erstellung der Jahresabschlüsse substantiiert bestritten, hat die Arbeitgeberin vorzutragen und unter Beweis zu stellen, weshalb die Jahresabschlüsse insoweit nicht zu beanstanden sind.
Normenkette
BetrAVG §§ 16, 16 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 17.09.2014; Aktenzeichen 20 Ca 6903/13) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17.09.2014 - 20 Ca 6903/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anpassung einer Betriebsrente ab dem 01.07.2012 in Höhe von 105,13 € pro Monat.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war seit 01.12.1996 bei der Z. beschäftigt, zuletzt als Leiter Rechnungswesen und Controlling Region B.. Das Arbeitsverhältnis endete auf Grundlage einer schriftlichen Aufhebungsvereinbarung, in der u. a. die Zahlung einer Abfindung eine iHv. 500.000,00 € für den Verlust des Arbeitsplatzes vereinbart wurde (Bl. 15 - 18 ...