Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuschlagpflichtige Mehrarbeit bei Jahresarbeitszeitkonto und Freizeitausgleich. Manteltarifvertrag zwischen der TÜV Süddeutschland Holding AG und der Gewerkschaft ÖTV vom 18.09.2000 i.d.F. vom 12.07.2002: § 2

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 2 des MTV für die Arbeitnehmer der TÜV Süddeutschland Holding AG und deren Konzerngesellschaften kann ein Anspruch auf zuschlagpflichtige Mehrarbeit auch dann erworben werden, wenn die Jahresarbeitszeit nur dadurch überschritten wird, weil Freizeitausgleich aus einem früheren Zeitguthaben verrechnet wurde.

 

Normenkette

TVG § 3 Abs.1, § 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 04.11.2005; Aktenzeichen 22 Ca 13653/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.12.2007; Aktenzeichen 4 AZR 966/06)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen dasEndurteil desArbeitsgerichts München vom04.11.2005 (Az.: 22 Ca13653/05) wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Bezahlung von Überstundenzuschlägen.

Der 1951 geborene Kläger ist seit 15.01.1979 bei der Beklagten als amtlich anerkannter Sachverständiger beschäftigt. Er erzielte dabei zuletzt bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden ein monatliches Bruttogehalt von EUR 4.419,32.

Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft. Die Beklagte gehört zur AG. Diese hat am 18.02.2000 mit der Gewerkschaft einen Manteltarifvertrag für alle Arbeitnehmer ihrer Konzerngesellschaften geschlossen, der zuletzt in der Fassung vom 12.07.2002 auch Regelungen zur Arbeitszeit und die Abgeltung von Überstunden vorsieht. Für die Arbeitnehmer am Standort München besteht außerdem eine Betriebsvereinbarung I/2003 über Arbeitszeit (Bl. 36 bis 44 d. A.) vom 8./11.8.2003.

Zum 31.03.2005 bestand auf dem für den Kläger geführten Arbeitszeitkonto ein Zeitguthaben von 47,4 Stunden. Mit Schreiben vom 03.06.2005 (Bl. 18 d. A.) hat der Kläger von der Beklagten dafür einen finanziellen Zuschlag von 30 % verlangt.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte sei verpflichtet, für die Guthabenstunden einen finanziellen Zuschlag von 30 % zu bezahlen. Dies ergebe sich aus § 2 Ziff. 2.6 des Manteltarifvertrages. Dieser sei in dem durch den Manteltarifvertrag festgelegten Ausgleichszeitraum vom 01.03.2004 bis 31.03.2005 abzurechnen. Nachdem die Beklagte dem nicht nachgekommen sei, stehe dem Kläger für 47,4 Stunden bei einem Stundensatz von EUR 26,49 ein Zuschlag von EUR 376,69 brutto zu.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 376,69 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe das Zeitguthaben bereits in einem früheren Ausgleichszeitraum erworben. Die Zuschläge dafür seien auch bereits ausbezahlt worden, sei es für den Ausgleichszeitraum vom 03.04.2004 bis 30.03.2005 oder sogar für einen früheren Ausgleichszeitraum. Der Kläger habe nämlich bereits für den Zeitraum 01.04.2003 bis 31.03.2004 im Mai 2004 für 61,6 Stunden Mehrarbeitszuschläge von 30 % erhalten. Tatsächlich habe der Kläger daher im folgenden Ausgleichszeitraum weniger als die geschuldeten 2002 Arbeitsstunden im Jahr gearbeitet und verlange dennoch für das restliche bestehende Guthaben einen Mehrarbeitszuschlag. Dies sei nach der tariflichen Regelung nicht möglich. Ein und dieselbe geleistete Stunde könne nur einmal zu einem Mehrarbeitszuschlag führen.

Das Arbeitsgerichts hat durch Urteil vom, 04.11.2005 der Klage stattgegeben und die Berufung für die Beklagte zugelassen. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 22.11.2005 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 09.12.2005 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und ihr Rechtsmittel durch einem am Montag, den 23.01.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte trägt vor, ein Anspruch des Klägers bestehe nicht. Der Kläger habe den tariflichen Ausgleichszeitraum vom 01.04.2004 bis 31.03.2005 mit einem Zeitguthaben von 61,6 Stunden begonnen. Im Mai 2004 sei dem Kläger dafür ein Zeitzuschlag von 30 % i.H.v. insgesamt EUR 494,65 vergütet worden (Bl. 79 bis 80 d. A.). In diesem Zeitraum habe der Kläger insgesamt nur 1.987,4 Stundengearbeitet, so dass sich das Mehrarbeitskonto auf 47,4 Stunden reduziert habe. Damit entfalle ein Mehrarbeitszuschlag für diese Zeit bereits deshalb, weil nach der tariflichen Regelung der Zeitzuschuss nur einmal zu bezahlen sei. Zudem könne ein Zeitguthaben mit Zuschlag nur dann erworben werden, wenn der Arbeitnehmer im Jahreszeitraum über 2002 Stunden tatsächlich arbeite. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall. Wäre bei Verrechnung des Zeitguthabens mit Freizeit der Zuschlag erneut zu zahlen, wären im Übrigen die Arbeitnehmer benachteiligt, die sich eine Mehrarbeit finanzie...

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