Entscheidungsstichwort (Thema)
freiwillige Zuwendung seitens des Chefarztes. Arbeitgeberanteil des Sozialversicherungsträgers
Leitsatz (amtlich)
Wenn der liquidationsberechtigte Chefarzt an einen (hier nichtärztlichen) Mitarbeiter direkt eine freiwillige finanzielle Zuwendung erbringt, verstößt die Belastung dieser Zahlung – auch wenn es sich hierbei nicht um steuer- und sozialversicherungsfreies Trinkgeld im Sinne des §§ 107 Abs. 3 Satz 2 GewO, 3 Nr. 51 EStG, 14 SGB IV, sondern um damit sozialversicherungspflichtiges Entgelt handelt – mit dem Arbeitgeberanteil des Gesamtsozialversicherungsbetrags seitens des gemeinsamen Arbeitgebers und damit der nachträgliche Abzug auch des entsprechenden Arbeitgebersozialversicherungsbeitrages von der Arbeitsvergütung des Arbeitnehmers gegen §§ 28 g SGB IV, 32 Abs. 1 SGB I, wonach der Arbeitgeber nur Anspruch auf den vom Arbeitnehmer zu tragenden hälftigen Sozialversicherungsanteil im Rahmen des Lohnabzugsverfahrens hat, so dass eine Überwälzung des Arbeitgeberanteils auf den begünstigten Arbeitnehmer damit grundsätzlich unzulässig ist.
Normenkette
GewO § 107 Abs. 3 S. 2; SGB IV § 28g; SGB I § 32 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 19.09.2003; Aktenzeichen 3 Ca 3344/02) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Teil-Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19. September 2003 – 3 Ca 3344/02 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht im Wege der Feststellungs- und Leistungsklage geltend, dass der Beklagte als ihr Arbeitgeber nicht befugt sei, auch den Arbeitgeberanteil des entsprechenden Gesamtsozialversicherungsbeitrages von der Mitarbeiterbeteiligung in Abzug zu bringen ist, die sie als gelegentliche finanzielle Zuwendung vom jeweiligen Chefarzt/Ordinarius auf Grund ihrer Mitwirkung im Rahmen dessen privatärztlicher, privatliquidationsberechtigender Nebentätigkeit erhält.
Die Klägerin ist seit ca. 27 Jahren als Medizinisch-Technische Assistentin im …, dessen Träger der Beklagte ist, tätig und bezieht Vergütung nach Vergütungsgruppe V b (der Anlage 1 a) BAT. Zusätzlich erhält sie vom jeweiligen Chefarzt ihrer Abteilung gelegentlich freiwillige Zuwendungen in unterschiedlicher Höhe, weil sie auch Tätigkeiten im Bereich dessen privatärztlicher, privatliquidationsberechtigender Nebentätigkeit verrichtet. Diese Zahlungen erfolgen seitens des Chefarztes jeweils ohne Abzüge unmittelbar an die Klägerin, wobei dieser die erfolgte Zahlung an die beim Beklagten hierfür zuständige … – meldet. Der Beklagte rechnet diese Zahlungen nachträglich steuer- und sozialversicherungsrechtlich als Arbeitsvergütung der Klägerin dergestalt ab, dass er zunächst durch Abzug der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung einen Bruttobetrag der geleisteten Zahlung ermittelt und vom restlichen Betrag sodann die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung sowie die Lohnsteuer abzieht und mit dem Gesamtbetrag der Abzüge die Klägerin bei einer folgenden Gehaltsabrechnung belastet.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte als Arbeitgeber die auf die Zuwendungen des Chefarztes entfallenden Arbeitgeberanteile selbst tragen müsse und diese nicht aus den Zuwendungen bzw. dem Liquidationsfonds entnehmen dürfe.
Gegenstand des vorliegenden Rechstreits sind konkret die in dieser Weise ausbezahlten und dergestalt nachträglich sozialversicherungsrechtlich behandelten Mitarbeiterbeteiligungszahlungen seitens des jeweiligen Chefarztes im Zeitraum vom Dezember 1999 bis Dezember 2002 in Höhe von insgesamt 3.342,91 Euro (insgesamt 3.800,00 DM sowie insgesamt 1.400,00 Euro).
Nachdem der Beklagte zunächst die „sachliche Zuständigkeit” des angerufenen Arbeitsgerichtes bestritten hatte, hatte das Arbeitsgericht München mit Beschluss vom 16.05.2002 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen diesen Beschluss wurde mit Beschluss der Berufungskammer vom 13.11.2002 zurückgewiesen. Die gegen letzteren Beschluss eingelegte, zugelassene, Rechtsbeschwerde wurde mit Beschluss des Bundesarbettsgerichtes vom 05.03.2003 zurückgewiesen (5 AZB 76/02, Bl. 96 f d.A.).
Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen sowie des streitigen Vorbringens nebst der rechtlichen Ausführungen und der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Teil-Endurteils des Arbeitsgerichtes München vom 19.09.2003 Bezug genommen, mit dem dieses den teilweise im Wege der Stufenklage erhobenen Klageanträgen im Wesentlichen, unter Teilabweisung der Klage hinsichtlich eines wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 70 BAT als verfallen angesehenen Einzelbetrages, mit der Begründung stattgegeben hat, dass der Beklagte durch die von ihm gewählte Form der Abrechnung der Mitarbeiterbeteiligung und den von ihm durchgeführten Abzug auch des Arbeitgeberanteils des Gesamtsozialversicherungsbeitrages von d...