Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Sonderzahlung. Anrechenbarkeit von Leistungen aus einer Betriebsvereinbarung auf eine tarifliche Leistung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine restliche Jahresabschlußvergütung nach einer Betriebsvereinbarung muß sich ein Arbeitnehmer auf eine tarifliche Sonderzuwendung jedenfalls dann anrechnen lassen, wenn in einer tariflichen Norm, hier § 4 Abs. 5, Unterabs. 2, dies ausdrücklich geregelt ist.

 

Normenkette

TV-Sonderzahlung-Einzelhandel Bayern

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 15.07.1998; Aktenzeichen 33 Ca 4916/98)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 15.07.1998 – Gz.: 33 Ca 4916/98 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Gegen dieses Urteil wird die Revision des Klägers zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, auf die jährliche tarifliche Sondervergütung des Tarifvertrages vom 2. September 1996 über Sonderzahlung (Urlaubsgeld und Sonderzuwendung) für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Einzelhandel in Bayern (TV-Sonderzahlung-Einzelhandel-Bayern), gültig ab 1. Januar 1997, einen restlichen Teil einer in einer Betriebsvereinbarung geregelten Jahresabschlußzahlung für ein Vorjahr, anzurechnen.

Beide Parteien sind tarifgebunden; darüberhinaus ist der TV-Sonderzahlung-Einzelhandel-Bayern allgemeinverbindlich erklärt.

Der Kläger ist 15. März 1973 bei der Beklagten beschäftigt. Sein monatliches tarifliches Entgelt betrug im November 1997 DM 5.255,– brutto. Er war jedoch übertariflich bezahlt und bezog in diesem Monat DM 6.050,– brutto als Grundgehalt. In der Gehaltsabrechnung für Juni 1997 hat ihm die Beklagte eine „Abschlußvergütung” in Höhe von DM 2.117,50 brutto und in derjenigen vom November 1997 eine solche in Höhe von DM 1.498,– brutto, insgesamt also in Höhe von DM 3.615,50 brutto ausgewiesen und auch gezahlt. Seit 1985 gewährt sie ihren Arbeitnehmern Jahresabschlußvergütungen auf der Basis von Betriebsvereinbarungen. Ab 1991 galt die Betriebsvereinbarung vom 23. Oktober 1991 (BV 1991), die frühestens zum 31. Dezember 1996 gekündigt werden konnte und gekündigt worden ist. Die Höhe dieser Jahresabschlußvergütung wurde durch Multiplikation der Bemessungsgrundlage (Bruttogrundentgelt des Monats Dezember des jeweiligen Bemessungsjahres) mit einem Prozentwert errechnet, der der jeweiligen operativen Umsatzrendite in Prozenten entsprach. Sie wurde nach Nr. 6 der BV 1991 in zwei Teilbeträgen fällig, nämlich in einem ersten Teilbetrag von 50 % des „Gehaltes/Lohnes für den Monat November des Bemessungsjahres” (vgl. 6.1 BV 1991) und „nach Feststehen der operativen Umsatzrendite und zusammen mit der Lohn-/Gehaltszahlung für den Monat Juni des auf das Bemessungsjahr folgenden Jahres (Auszahlungsjahr) der Gesamtbetrag der Jahresabschlußvergütung unter Anrechnung der November-Teilzahlung fällig” (vgl. 6.2 BV 1991).

Nr. 7.1 BV 1991 lautet:

„Die Jahresabschlußvergütug ist auf die tarifliche Sonderzuwendung anzurechnen.”

Der gem. Nr. 6.2 BV 1997 im Juni 1997 für die Jahresabschlußvergütung 1996 zu zahlende Betrag belief sich auf die in der Juniabrechnung 1997 ausgewiesenen DM 2.117,50 brutto. Am 24. September 1997 haben die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung über die Gewährung einer Jahresabschlußvergütung für das 1997 (GBV 1997) abschlossen. Nach deren Nr. 2 ist die Bemessungsgrundlage für die Jahresabschlußvergütung das den Arbeitnehmern „individuell zustehende Tarifentgelt des Monats November 1997”. Die volle Höhe beträgt nach ihrer Nr. 3.1 28,5 % der Bemessungsgrundlage. Nach Nr. 5 der GBV 1997 wird die Jahresabschlußvergütung mit dem Novemberentgelt 1997 fällig und ist nach ihrer Nr. 6 auf die tarifliche Sonderzuwendung anzurechnen. Diese Jahresabschlußvergütung hat die Beklagte mit der Novemberabrechnung 1997 in Höhe von DM 1.498,– brutto (exakt: 28,5 % aus DM 5.255,– brutto = DM 1497,50 DM brutto) auch gewährt.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht vorgetragen, die Beklagte schulde ihm noch DM 1.786,70 brutto zuzüglich gesetzlicher Zinslast zur vollständigen Erfüllung seines Anspruchs auf die jährliche tarifliche Sonderzuwendung von 62,5 % seines ihm individuell zustehenden tariflichen Entgelts. Auf den vollen Betrag (62,5 % aus DM 5.255,– brutto = DM 3.284,37 brutto) habe sie ihm DM 1498,– brutto im November 1997 aus der GBV 1997 – anrechenbar auf den Tarifanspruch gem. § 4 Abs. 5, Unterabs. 1 TV-Sonderzahlung-Einzelhandel-Bayern – gezahlt. Die im Juni 1997 gezahlten DM 2.117,50 brutto dürften auf die tarifliche Sonderzuwendung für 1997 nicht angerechnet werden, denn dabei handele es sich um den zweiten Teil der Jahresabschlußvergütung 1996.

Dem hat die Beklagte entgegengehalten, der Anspruch des Klägers auf die tarifliche Sonderzuwendung für 1997 sei erfüllt, denn sie habe darauf auch die Zahlung der DM 2.117,50 brutto im Juni 1997 anrechnen dürfen, was sich aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 5, Unterabs. 1 TV-Sonderzuwendung-Einzelha...

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