Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbliebener Abzug des Arbeitnehmeranteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung befasst sich mit einer vom Arbeitgeber behaupteten Verpflichtung einer ehemaligen Arbeitnehmerin, ihm den Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu erstatten. Der Arbeitgeber hatte im Rahmen einer Gehaltsnachzahlung auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs bei der Auszahlung des Vergleichsbetrags versehentlich den von der Arbeitnehmerin zu tragenden Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht in Abzug gebracht.

 

Normenkette

SGB IV §§ 28e, 28g, 28o; BGB § 812 ff., § 826

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 09.10.2008; Aktenzeichen 28 Ca 9149/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 9. Oktober 2008, Az.: 28 Ca 9149/08, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen (Rück-)Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 8.363,88 EUR.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Beklagte war Arbeitnehmerin der Klägerin im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, das mit Wirkung zum 30. Juni 2003 beendet wurde.

Die Beklagte führte gegen die jetzige Klägerin und damalige Beklagte einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht München unter dem Aktenzeichen 34 Ca 5974/02. Streitgegenständlich in diesem Verfahren waren Lohn- und Gehaltsansprüche der Beklagten und damaligen Klägerin für die Zeit vom 01.Mai 2002 bis zum 30. Juni 2003. In diesem Verfahren wurde am 14. Juli 2005 ein Vergleich geschlossen, demzufolge die damalige Klägerin und jetzige Beklagte EUR 40.799,36 brutto, abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von EUR 4.803,85 zu zahlen hat. Auf den Wortlaut des Protokolls (Bl. 5 d. A.) wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat daraufhin am 11. August 2005 den sich aus Ziffer 1. des Vergleichs rechnerisch ergebenden Differenzbetrag von (40.799,36 ./. 4.803,85=) 35.995,51 EUR an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten überwiesen. Mit Schreiben vom 4. April 2008 machte die T.krankenkasse gegenüber der Klägerin als Beitragsschuldnerin die auf den Vergleichsbetrag entfallenden Sozialversicherungsbeiträge – Arbeitnehmeranteil – in Höhe von 8.363,88 EUR geltend. Die Beklagte weigerte sich auf ein entsprechendes Forderungsschreiben der Klägerin, diesen Betrag der Klägerin zu erstatten.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 14. Juli 2008 eingegangenen Klage vom 11. Juli 2008 begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 8.363,88 EUR.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie sei seinerzeit irrtümlich davon ausgegangen, dass die Beklagte die sie als Arbeitnehmerin betreffenden Sozialversicherungsanteile an ihren Sozialversicherungsträger, die T.krankenkasse, abführen werde. Dass dem nicht so gewesen sei, habe die Klägerin erst im Jahr 2007 erfahren. Nunmehr stehe ihr ein Anspruch auf Zahlung der streitgegenständlichen Summe nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts gemäß § 812 ff. BGB zu. Da im vorliegenden Fall das Arbeitsverhältnis beendet sei, sei der Rückzahlungsanspruch auch nicht nur auf den Nettolohn beschränkt, sondern umfasse auch die Sozialversicherungsanteile und die Lohnsteuer.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag von EUR 8.363,88 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 21.04.2008 zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und zur Begründung ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Erstattungsanspruch des Arbeitgebers nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden könne.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage mit Endurteil vom 9. Oktober 2008, das der Klägerin am 21. Oktober 2008 zugestellt wurde, in vollem Umfang abgewiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, ein Anspruch gemäß §§ 812 ff BGB sei nicht gegeben. Die Klägerin habe zwar gemäß § 28 g SGB IV Anspruch gegen die ehemalige Beschäftigte auf den von ihr zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Dieser Anspruch dürfe aber nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden. Dies gelte auch nur mit der Einschränkung, dass dies bei den nächsten 3 Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werde, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gelte das auch dann, wenn ein Lohnabzugsverfahren wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich sei. Eine Ausnahme komme nur im Fall eines Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB in Betracht. Die Berufung der Klägerin darauf, sie habe irrtümlich geglaubt, die Beklagte würde ihren Arbeitnehmeranteil selbst abführen, könne sie nicht entlasten, weil sich daraus nicht ergebe, dass der Abzug ohne Verschulden der Klägerin unterblieben sei. Soweit sich die Klägerin auf ein BA...

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