Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgung nach beamtenähnlichen Grundsätzen
Leitsatz (redaktionell)
1. Gewährt ein Arbeitgeber nach 20-jähriger Betriebszugehörigkeit mehr als 30 Jahre der weit überwiegenden Mehrzahl seiner Arbeitnehmer eine Zusage einer beamtenähnlichen Versorgung, entsteht eine betriebliche Übung auch dann, wenn der Erteilung der Versorgungszusage jedes Jahr ein Vorstandsbeschluss zugrunde lag und dabei einige wenige Arbeitnehmer ausgenommen wurden.
2. Dem Entstehen einer betrieblichen Übung steht in diesem Fall weder entgegen, dass es sich bei dem Arbeitgeber um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handelt noch dass in allen Arbeitsverträgen der Mitarbeiter bestimmt ist, dass auf Leistungen, die nicht in diesem Vertrag oder im Tarifvertrag festgesetzt sind, auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch besteht.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 28.10.2010; Aktenzeichen 32 Ca 2831/10) |
Tenor
1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 28.10.2010 – Aktenzeichen: 32 Ca 2831/10 – wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger in Ergänzung zu dem bestehenden Arbeitsvertrag vom 01.01.2000 mit Wirkung vom 16.06.2010 folgende Direktzusage mit Rechtsanspruch auf Versorgung nach beamtenähnlichen Vorschriften/Grundsätzen anzubieten:
„§ 1. Zusage.
Die Bank gewährt der Mitarbeiterin Leistungen bei Krankheit, Dienstunfähigkeit und im Alter sowie ihren Hinterbliebenen (Witwen und Waisen) Versorgungsleistungen nach Maßgabe dieses Vertrags.
§ 2. Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall.
Bei Krankheit hat die Mitarbeiterin Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen.
§ 3. Langandauernde Krankheit.
Bei langandauernder Krankheit kann die Mitarbeiterin in entsprechender Anwendung des Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG in den Ruhestand versetzt werden. Die Versetzung in den Ruhestand erfolgt zum Ende des Monats, in welchem die Dienstunfähigkeit festgestellt wird, frühestens jedoch mit Ablauf des 182. Kalendertages nach Krankheitsbeginn. Vom Beginn der Ruhestandsversetzung an erhält die Versorgungsberechtigte Versorgungsbezüge nach § 6 Abs. 1. Für eine erneute Berufung ins aktive Arbeitsverhältnis, finden die für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen entsprechende Anwendung.
§ 4 Eintritt in den Ruhestand.
(1) Das Arbeitsverhältnis ist auf unbestimmte Dauer geschlossen.
(2) Das Arbeitsverhältnis endet mit der Folge des Eintritts der Mitarbeiterin in den Ruhestand, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem die Mitarbeiterin das nach der jeweiligen gesetzlichen Regelung für die bayerischen Staatsbeamten geltende Lebensalter für die Erfüllung der Altersgrenze vollendet oder mit Ablauf des Monats, in dem die Mitarbeiterin nach den jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder eine Altersrente von der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Gewährt der Rentenversicherungsträger nur eine Rente auf Zeit, ruht der Arbeitsvertrag für den Bewilligungszeitraum dieser Rente, längstens jedoch bis zum Beendigungszeitpunkt nach diesem Absatz 2 Satz 1. Im Falle des Ruhens des Arbeitsvertrages nach Satz 2 gewährt die Bank Versorgungsbezüge nach § 6 dieses Vertrages.
(3) Die Mitarbeiterin kann auf ihren Antrag zu einem früheren Zeitpunkt in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das in Art. 56 Abs. 5 BayBG festgelegte Lebensalter vollendet hat (derzeit: 64. Lebensjahr, bei Schwerbehinderung 60. Lebensjahr).
§ 5. Vertragskündigung.
(1) Die Mitarbeiterin kann ihren Arbeitsvertrag mit der Bank mit 6monatiger Frist zum Monatsende kündigen. In diesem Falle erlöschen die Anwartschaften aus dieser Versorgungszusage; etwaige unverfallbare Anwartschaften der Versorgungsberechtigten und ihrer Hinterbliebenen auf Versorgungsleistungen im Alter und bei Dienstunfähigkeit nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Alterversorgung bleiben unberührt. Für die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gelten die gesetzlichen Vorschriften.
(2) Die Bank kann den Arbeitsvertrag mit der Folge der Vertragsbeendigung oder Ruhestandsversetzung nur aus folgenden Gründen und nur unter Beachtung folgender Regelungen kündigen:
Kündigung aus wichtigem Grund:
aa) Wenn der wichtige Grund in einem grob schuldhaften Verhalten der Mitarbeiterin liegt, kann die Bank den Arbeitsvertrag frist- und entschädigungslos kündigen. In diesem Falle erlöschen die Ansprüche aus dieser Versorgungszusage.
bb) Wenn der wichtige Grund nicht in einem grob schuldhaften Verhalten der Mitarbeiterin liegt, kann die Bank die Mitarbeiterin durch Kündigung mit 6monatiger Frist zum Monatsende in den Ruhestand versetzen.
Kündigung wegen organisatorischer Veränderungen:
Bei einer Eingliederung der Bank in eine andere juristische Person, bei Zusammenschluss der Bank mit einer anderen juristische Person oder bei einer anderen wesentlichen org...