Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Aufhebungsvertrag mit Erwerber
Leitsatz (amtlich)
1. Solange ein Arbeitnehmer von seinem Widerspruchsrecht, das zwar zeitlich nicht befristet, aber grundsätzlich nicht unbegrenzt ist und auch der Verwirkung unterliegen kann, keinen Gebrauch macht, gilt das Arbeitsverhältnis nach erfolgtem Betriebsteilübergang von der alten auf die neue Arbeitgeberin übergegangen und erst das ausgeübte Widerspruchsrecht führt mit seiner Ausübung grundsätzlich zur Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs (BAG vom 13. Juli 2006 – 8 AZR 305/05 – AP Nr. 312 zu § 613a BGB).
2. Dies bedeutet aber auch, dass in der Zeit zwischen dem Betriebsteilübergang selbst einerseits und der Ausübung des Widerrufsrechts des Arbeitnehmers andererseits für diesen der Schutzbereich der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Arbeitsplatzfreiheit gilt. Er kann daher mit der Betriebsteilerwerberin durchaus auch einen Aufhebungsvertrag schließen. Gegen dessen Wirksamkeit bestehen, falls er die Rechte gem. § 613a Abs. 6 BGB nicht ausdrücklich oder stillschweigend vorbehält, keine Bedenken. Immerhin muss ein Arbeitnehmer einen derartigen Aufhebungsvertrag nicht schließen. Seine Interessen können durchaus über diejenigen hinausgehen, die gem. § 613a Abs. 6 BGB geschützt sind.
So liegt der Fall hier. Der Kläger hat am 2./9. März 2005 mit der Betriebsteilerwerberin einen Vertrag auf Auflösung seines Arbeitsverhältnisses geschlossen. Ein derartiger Vertrag steht unter dem Schriftformgebot des § 623 BGB, wodurch der Schutz des Arbeitnehmers bezweckt ist. Diese Schriftform ist im vorgenannten Aufhebungsvertrag eingehalten.
3. Insbesondere die Tatsache, dass der Aufhebungsvertrag des Klägers mit der Betriebsteilerwerberin vom 2./9. März 2005 betreffend sein Arbeitsverhältnis mit dieser gleichzeitig mit seinem freien Mitarbeitervertrag abgeschlossen und zu diesem sogar noch am 8. März 2005 eine „Zusatzvereinbarung” getroffen wurde, spricht dafür, dass dieser Aufhebungsvertrag rechtswirksam ist.
Damit aber hat er deutlich zu erkennen gegeben, dass er von seinem grundgesetzlich gem. Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Recht auf Arbeitsplatzfreiheit Gebrauch gemacht hat. Wer sich so verhält, gibt zu erkennen, dass für ihn der Schutz, den § 613a Abs. 6 i. V. mit Abs. 5 BGB im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang gewährt, hinter seinen Interessen an der Auflösung dieses übergegangenen Arbeitsverhältnisses zurücktritt. Um diesen Schutz zu erhalten, hätte entweder der Aufhebungsvertrag vom 2./9. März 2005 von vorneherein unwirksam sein oder aber ggf. durch Anfechtung unwirksam werden müssen; an einem Sachvortrag für eine rechtserhebliche Anfechtung durch den Kläger fehlt es aber.
Deshalb führt der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 14. November 2005 nicht dazu, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ab 1. November 2004 fortbesteht.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 12.04.2006; Aktenzeichen 22 Ca 19405/05) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12. April 2006 – Gz.: 22 Ca 19405/05 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
3. Gegen dieses Urteil wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers, das gem. § 613a BGB auf eine andere Arbeitgeberin übergegangen war und dort auch realisiert wurde, aufgrund seines später erfolgten Widerspruchs mit seiner früheren Arbeitgeberin, der Beklagten, fortbesteht; dabei geht es im Kern darum, dass er mit seiner neuen Arbeitgeberin vor seinem Widerspruch gegen den Betriebsteilübergang einen – wirksamen – Aufhebungsvertrag geschlossen hat und ob dadurch dieser Widerspruch ins Leere geht bzw. sein Widerspruchsrecht verwirkt ist.
Der Kläger ist 1961 geboren und war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 17. November 1997 zuletzt als Software-Projektleiter in der Abteilung Maintenance and Product Introduction im Bereich C. der Beklagten gegen eine monatliche Vergütung in Höhe von EUR 5.632,– brutto beschäftigt.
Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 hat die Beklagte ihn darüber unterrichtet, dass sie plane, „den Geschäftsbereich C. mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A. GmbH zu übertragen”, worin der Kläger beschäftigt war. Sie führt unter Ziff. 2. „Zum Grund für den Übergang” u. a. aus:
„… A. GmbH mit Sitz in L. umfasst das gesamte bisherige C.-Geschäft der A. AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A. GmbH übernimmt das Vermögen von C. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.
…
Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.”
Weiter heißt es darin unter Ziff. 3. „Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arb...