Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung. Überstunden. regelmäßige Arbeitszeit
Leitsatz (amtlich)
Regelmäßige Arbeitszeit und Überstunden bei der Bemessung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Normenkette
EFZG § 4 Abs. 1, 1a
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 07.09.2000; Aktenzeichen 22 Ca 4246/00) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom 07.09.2000 – 22 Ca 4246/00 – abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 1.202,74 brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 01.02.2000 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge trägt die Beklagte 74 %, der Kläger 26 %.
4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle.
Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1979 bei der Beklagten als LKW-Fahrer in der Abfallentsorgung beschäftigt.
Der Kläger war am 30. November 1999 bis 14. Januar 2000 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zahlte an den Kläger im Dezember 1999 für 23 Krankheitstage ein Entgelt in Höhe von DM 3.695,04 brutto und im Januar 2000 für sieben Krankheitstage ein Entgelt in Höhe von DM 963,92 brutto fort.
Der Kläger bezog zum damaligen Zeitpunkt eine Monatsvergütung in Höhe von DM 3.474,31 brutto auf der Basis von 160 Arbeitsstunden. Darüberhinaus erhielt er unter anderem eine Vergütung für Mehrarbeit ohne Zuschlag und für Mehrarbeit mit Zuschlag (auf die vom Kläger vorgelegten Lohnabrechnungen für Dezember 1999 und Januar 2000 – Bl. 6 u. 7 d.A. – wird verwiesen).
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Bundesmanteltarifvertrag (BMTV) vom 16. September 1996 für die Entsorgungswirtschaft in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 2. März 1999 Anwendung.
Im Betrieb der Beklagten galt ab dem 1. Oktober 1992 eine Betriebsvereinbarung, die für die Mitarbeiter im Bereich der Abfallentsorgung (Ziffer 3) folgende Regelung enthielt:
Arbeitszeit für Mitarbeiter der Abfallentsorgung
Die individuelle, regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 45 Stunden.
Regelarbeitszeit:
Montag bis Freitag von 6.00 Uhr bis 15.30 Uhr
jeweils abzüglich 60 Minuten Pause, wovon 30 Minuten unbezahlt sind.
Diese Betriebsvereinbarung wurde von der Beklagten mit Wirkung zum 31. Oktober 1996 gekündigt.
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger für die vorgenannten Krankheitstage Entgeltfortzahlung in Höhe einer von ihm errechneten Differenz von DM 1.579,88 brutto geltend.
Der Kläger ist der Ansicht, auch nach der Kündigung der Betriebsvereinbarung habe sich an seinem zeitlichen Arbeitseinsatz mit zumindest 45 Wochenstunden nichts geändert. Soweit weniger Mehrarbeit angefallen sei, habe sich dies daraus ergeben, dass die Beklagte die Zeiten der Freistellung infolge Urlaub, Krankheit, Feiertagen und Betriebsratsarbeit auf der Basis von 7,4 Stunden pro Arbeitstag berechnet habe. Darüberhinaus wirke die Betriebs Vereinbarung über den Zeitpunkt der Kündigung nach, weil sie zumindest auch wegen der Lage der Arbeitszeit eine Regelung enthalte, die der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats unterliege. Schließlich praktiziere die Beklagte nach wie vor den Arbeitseinsatz nach dieser Betriebsvereinbarung für die Mitarbeiter in der Abfallentsorgung, zumindest in seinem Falle, weiter.
Der Kläger berechnet seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung wie folgt:
Sein monatliches Arbeitsentgelt habe sich auf DM 4.226,34 brutto unter Berücksichtigung von 45 Wochenarbeitsstunden belaufen. Damit ergebe sich für den Monat Dezember 1999 für 23 Krankheitstage eine Entgeltfortzahlung in Höhe von DM 3.695,04 brutto und damit eine Differenz in Höhe von DM 531,30 und für den Monat Januar 2000 für zehn Krankheitstage eine Entgeltfortzahlung in Höhe von DM 2.012,50 brutto und somit eine Differenz von DM 1.048,58 brutto, insgesamt somit DM 1.579,88 brutto. Wegen der Einzelheiten der Berechnung durch den Kläger wird auf Seite 4 der Klageschrift vom 22. März 2000 (Bl. 4 d.A.) verwiesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 1.579,88 brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Februar 2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf die Kündigung der Betriebsvereinbarung zum 31. Oktober 1996. Diese Betriebsvereinbarung entfalte keine Nachwirkung, weil der Betriebsrat bei der Dauer der Arbeitszeit kein zwingendes Mitbestimmungsrecht habe. Allein maßgebend sei der Änderungstarifvertrag vom 2. März 1999 und die in § 4 geregelte Arbeitszeit, wonach zwingend eine solche von 37 Stunden geregelt sei. Nach der Änderung des § 4 Abs. 1 a EFZG zum 1. Januar 1999 seien Mehrarbeitsstunden bei der Entgeltfortzahlung nicht mehr zu berücksichtigen. Daher seien zu Recht bei der Entgeltfortzahlung im Falle des Klägers 160 Monatsstunden und 7,4 Stunden pro Krankheitstag ber...