Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Übung. Gesamtzusage. beamtenähnliche Versorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Anspruch auf Vereinbarung eines sog. Versorgungsrechts (Versorgungsleistungen, Sozialversicherungsfreiheit, Beihilfeberechtigung, Schutz vor Entlassung) aus betrieblicher Übung.

 

Normenkette

BGB §§ 311a, 133, 157, 151, 242; BayLBG Art. 4, 17-18

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 28.05.2010)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom28.05.2010 – Az. 31 Ca 8064/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch darauf hat, dass die Beklagte ihr vertraglich das so genannte Versorgungsrecht einräumt. Durch das Versorgungsrecht hätte sie Anspruch auf Versorgungsleistungen, Sozialversicherungsfreiheit, Beihilfeberechtigung und besonderen Schutz vor einer Entlassung.

Die Klägerin ist seit dem 01.03.2000 bei der Beklagten als Bankangestellte beschäftigt.

Der Arbeitsvertrag vom 01.03.2000 enthält keine Regelung über die betriebliche Altersversorgung. In der Einleitung vor § 1 des Vertrages heißt es:

„Über den Regelungsbereich dieses Vertrages hinausgehende Zusatzvereinbarungen bleiben unberührt.”

§ 7 des Arbeitsvertrages lautet wie folgt:

㤠7 Leistungen ohne Rechtsanspruch

Auf Leistungen, die nicht in diesem Vertrag festgesetzt sind, besteht auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch.”

Die Beklagte ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie ist 1972 aus einer Fusion der Bayerischen Gemeindebank – Girozentrale – und der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt hervorgegangen. Im Fusionsvertrag vom 06.06.1972 war zu § 8 Abs. 3 als Anlage eine so genannte „Personalvereinbarung” (PV 72) angefügt. Darin legten die fusionierenden Anstalten bestimmte Grundsätze für die Behandlung der Mitarbeiter fest.

Ziffer 3 der PV 72 lautet:

„3.1

Mitarbeiter, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres mindestens zehn Jahre bei den zu vereinigenden Instituten, der G. Girozentrale oder beim H. tätig waren, erhalten eine Versorgung nach den Richtlinien der Versorgungskasse der Bayerischen Gemeindebank (Anlage 2). In besonders gelagerten Ausnahmefällen können weitere Dienstzeiten anerkannt werden.

3.2

Mitarbeiter, die mindestens 20 Jahre im Kreditgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens zehn Jahre bei den zu vereinigenden Instituten oder der G. Girozentrale, können einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach Maßgabe des beigefügten Vertragsmusters (Anlage 3) erhalten. Besonders tüchtigen und bewährten Mitarbeitern kann ein solcher Versorgungsanspruch vorzeitig gewährt werden. Die Entscheidung über die Gewährung trifft der Vorstand der Landesbank.”

In der Folgezeit erhielten Mitarbeiter nach Erfüllung der in Ziffer 3.2 PV 72 genannten Wartezeit in aller Regel von der Beklagten den Versorgungsvertrag – das im Unternehmen so genannte Versorgungsrecht – angeboten.

Bei dem Versorgungsrecht handelt es sich nicht nur um eine Altersversorgung durch Einräumung eines Rechtsanspruchs auf Ruhegeld, sondern um die Verschaffung eines beamtenähnlichen Status bereits im laufenden Arbeitsverhältnis durch verlängerte Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Beihilfeansprüche und Befreiung von der Sozialversicherungspflicht. Vor allem aber wurde der Kündigungsschutz erweitert. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nach dem Versorgungsrecht grundsätzlich nur in Form der (einstweiligen) Versetzung in den Ruhestand vorgesehen; nur bei grob schuldhaftem Verhalten ist der Beklagten ein fristloses Kündigungsrecht eingeräumt.

Die Erteilung des Versorgungsrechts verlief folgendermaßen:

Im der Erteilung des Versorgungsrechts vorausgehenden Kalenderjahr erhielt der Vorstand eine Vorlage mit der Auflistung derjenigen Mitarbeiter, die im Folgejahr wegen Erfüllung der Wartezeit zur Erteilung des Versorgungsrechts anstanden. Nach zustimmendem Vorstandsbeschluss – der seit Einführung des Versorgungsrechts bis einschließlich 2008 ausnahmslos erfolgte – wurde überprüft, ob die Mitarbeiterin neben der Erfüllung der Wartezeit weitere Kriterien erfüllte. Zum einen durfte der Gesundheitszustand kein Risiko einer vorzeitigen Ruhestandsversetzung erwarten lassen. Zum anderen wurde Leistung und Führung der Mitarbeiterin überprüft. In jüngster Zeit wurde auch das Kriterium „gesicherter Arbeitsplatz” abgefragt. Soweit nach Feststellung der Abteilungsleiter die Voraussetzungen erfüllt waren, erhielt die Mitarbeiterin eine Versorgungszusage in Form einer Ergänzung seines bestehenden Arbeitsvertrages. Die hierbei verwendeten Vertragsmuster wurden von der Beklagten im Laufe der Jahre abgewandelt, wobei der Kern der Zusagen, nämlich beamtengleiche Versorgung im Versorgungsfall, Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach Beamtengrundsätzen, verlängerte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und betriebsbedingte Kündigung nur noch in Form der Ruhestandsversetzung, unverändert blieb.

Die Erteilung des Versorgung...

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