Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerüberlassung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entscheidung einer Krankenhausverwaltung, die Reinigungsaufgaben fremd zu vergeben verbunden mit dem Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen oder auf der Grundlage eines Gestellungsvertrages (Arbeitnehmerverleih) über eine eigene Service-GmbH zu erledigen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
2. Schließen die Beschäftigten im Reinigungsdienst nach Abschluss von Aufhebungsverträgen neue Arbeitsverträge mit der Service-GmbH, ohne dass sich ihre Reinigungstätigkeit ändert, ist dies, wenn Reinigungsdienst und Reinigungsmittel beim Krankenhaus verbleiben, nicht als Teil-Betriebsübergang, sondern als Funktionsnachfolge zu bewerten.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Passau (Urteil vom 19.08.2005; Aktenzeichen 6 Ca 790/04 D) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten vom 19. August 2005 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau – Kammer Deggendorf – abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1) 43/100, die Klägerin zu 2) 37/100 und die Klägerin zu 3) 20/100.
3. Für die Klägerinnen wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit der von den Klägerinnen unterzeichneten Aufhebungsverträge vom 3. Juni 2004 in Verbindung mit der Verpflichtung der Beklagten, die Klägerinnen zu den bisher geltenden Arbeitsbedingungen wieder zu beschäftigen.
Die im Januar 1962 geborene Klägerin zu 1) war seit dem 1. September 1978, die im Oktober 1955 geborene Klägerin zu 2) seit dem 1. August 1971 und die im Dezember 1962 geborene Klägerin zu 3) seit dem 1. Januar 1981 im Krankenhaus Z. jeweils im Reinigungsdienst beschäftigt gewesen. Gemäß § 2 ihrer jeweiligen Arbeitsverträge richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den jeweils geltenden Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages und den zusätzlich für den Landkreis R. maßgeblichen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung.
Auf einer Personalversammlung für die Beschäftigten der Kreiskrankenhäuser Z. und V., Anstalt des öffentlichen Rechts, wurde den Beschäftigten die Absicht des Arbeitgebers mitgeteilt, eine Service-GmbH zu gründen, u.a. für den Reinigungsdienst am Krankenhaus Zwiesel. Weitere Informationsveranstaltungen und Verhandlungsrunden, an denen auch die Dienstleistungsgesellschaft ver.di beteiligt war, schlossen sich an. Dabei wurde deutlich, dass die Arbeitgeberseite den Beschäftigten im Service-Bereich einen Aufhebungsvertrag vorlegen werde und gleichzeitig einen neuen Arbeitsvertrag mit ihnen schließen wolle, in dem es keine Bezugnahme auf die bisher geltenden vertraglichen Bedingungen geben solle. Die bisherige Vergütung sollte dabei so lange eingefroren bleiben, bis das Niveau der Stundenlöhne im privaten Gebäudereinigerhandwerk die jetzige Höhe erreicht haben wird (sog. Aufzehrungsmodell).
Schließlich besprach man im Einzelnen mit den Reinigungskräften des Krankenhauses Z., wie sie in die Service-GmbH übergeleitet werden sollen. Am 3. Juni 2004 haben die betroffenen Arbeitnehmerinnen, darunter die Klägerinnen, und die Kreiskrankenhäuser Z.-V. Auflösungsverträge (Blatt 103 der Akte) abgeschlossen. Darin findet man unter § 1 geregelt, dass die jeweilige Arbeitnehmerin zum 30. Juni 2004 im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Dienst der Kreiskrankenhäuser Z.-V. ausscheide. Bis zu diesem Zeitpunkt werde die maßgebliche Vergütung gezahlt werden, die Arbeitnehmerin erhalte kein Übergangsgeld, weil die Anspruchsvoraussetzungen dafür nicht erfüllt seien und der für das Jahr 2004 zustehende, aber noch nicht eingebrachte Erholungsurlaub werde dem neuen Arbeitgeber mitgeteilt werden. In § 5 dieser Vereinbarung ist der Hinweis enthalten, dass durch den Abschluss des Auflösungsvertrags der Arbeitnehmerin bei der Zusatzversorgungskasse Einbußen entstehen können. Gleichzeitig wurden neue Arbeitsverträge mit einer Nebenabrede (Blatt 118 bis 122 der Akte) abgeschlossen. Darin war der 1. Juli 2004 als Arbeitsbeginn bei der Beklagten vorgesehen und die Mitarbeiter/innen haben sich damit einverstanden erklärt, die Arbeitsleistung für das Kommunalunternehmen Kreiskrankenhäuser Z.-V. im Rahmen eines Gestellungsvertrages zu erbringen.
Die Klägerinnen haben diese Aufhebungsverträge mit Schriftsatz vom 2. September 2004 gemäß § 123 BGB wegen widerrechtlicher Drohung angefochten. Weiter erachten sie diese Verträge gemäß § 134 BGB in Verbindung mit dem § 613 a BGB als nichtig, weil das Verhalten des Arbeitgebers von vornherein darauf ausgerichtet gewesen sei, den gesetzlich nicht abdingbaren Anspruch aus § 613 a BGB auf Kontinuität des Arbeitsverhältnisses zu umgehen. Sie lassen darauf hinweisen, dass sie nach wie vor ihre Arbeit im Kreiskrankenhaus Z. verrichteten, sowohl die räumlichen als auch die sächlichen Mittel seien vollkommen die gleichen wie vor dem 1. Juli 2004. Auch bei den weisungsbefugten Personen habe sich nichts geändert. Damit gehen sie ...