Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug
Leitsatz (redaktionell)
Grundsätzlich und im Zweifel ist von einem Interesse der Parteien an einer zumindest vorübergehenden Realisierung des Arbeitsverhältnisses auszugehen und beginnt die Kündigungsfrist erst zum Zeitpunkt der vereinbarten Arbeitsaufnahme.
Normenkette
BGB §§ 611, 615
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 07.03.2002; Aktenzeichen 27 Ca 11571/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 7.3.2002 – 27 Ca 1157/01 – abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.154,25 Euro brutto nebst Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.8.2001 zu zahlen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Arbeitsvergütung aus dem Gesichtspunkt des Annahme Verzuges und in diesem Zusammenhang insbesondere über die Frage, wann bei einer vor Arbeitsaufnahme ausgesprochenen Kündigung die Kündigungsfrist beginnt.
Die Parteien schlossen am 20.10.2000 einen Arbeitsvertrag, nach dem der Kläger mit Wirkung vom 1. November 2000 als Associate-Consultant im Geschäftsbereich … beschäftigt werden sollte. Es war ein Monatsgehalt von DM 7.500,– brutto sowie ein 13. Gehalt vereinbart. In der sechsmonatigen Probezeit sollte eine Kündigungsfrist von 4 Wochen zum Monatsende, danach eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende gelten. Der Kläger sollte im Bereich der Personalberatung tätig werden. Am 26.10.2000 wurde nach einem Gespräch zwischen den Parteien der Arbeitsbeginn auf den 1.5.2001 festgelegt. Zu Weihnachten 2000 erhielt der Kläger eine Grußkarte von der Beklagten, in der es heisst, man würde gern mit dem Kläger zusammen arbeiten. Am 26.3.2001 kündigte die Beklagte den Arbeitsvertrag zum 30.4.2001.
Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigung könne erst zum 31.5.2001 wirken, deshalb stehe ihm die Vergütung für Mai 2001 zu.
Mit Endurteil vom 7.3.2002 hat das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung von DM 8.125,– brutto abgewiesen. Eine Kündigung vor Dienstantritt sei möglich. Bezüglich der Frage, zu welchem Zeitpunkt die vor Antritt des Dienstes erklärte Kündigung wirkt, liege eine Vertragslücke vor, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend zu schließen sei, dass die Frist mit dem Zugang der Kündigung beginne. Ein besonderes Interesse der Parteien, das Arbeitsverhältnis zumindest für die Dauer der Kündigungsfrist durchzuführen, liege nicht vor. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Kündigungsfrist während der Probezeit erheblich kürzer sein sollte als die Kündigungsfrist für die Zeit danach.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien und der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses dem Kläger am 18.4.2002 zugestellte Endurteil richtet sich seine Berufung vom 15.5.2002, die am 18.6.2002 begründet worden ist.
Der Kläger meint, das Arbeitsgericht habe die Vertragslücke nicht i.S. der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geschlossen. Er habe darauf vertrauen können, nicht vor Arbeitsaufnahme gekündigt zu werden. Dies ergebe sich auch daraus, dass der Beginn seiner Tätigkeit hinausgeschoben worden sei. Auch der Inhalt der Weihnachtskarte belege, dass die Beklagte unbedingt an dem Arbeitsverhältnis festhalten wollte. Im Vertrauen darauf, dass eine Kündigung vor Dienst – beginn nicht erfolgen werde, habe er seine sichere Arbeitsstelle bei der Firma … gekündigt, um seinen Umzug nach … vorzunehmen.
Der Kläger stellt folgende Anträge:
- Das Urteil des Arbeitsgerichts München, Az.: 27 Ca 11571/01, verkündet am 7.3.2002, zugestellt am 18.4.2002, wird aufgehoben.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.154,25 Euro (entspricht DM 8.125,–) brutto nebst 9,26 % Zinsen seit Rechtshängigkeit aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Arbeitsgerichts für richtig. Der hinausgeschobene Starttermin habe keine Bedeutung. Die Arbeitsaufnahme am 1.5.2001 sei auf Wunsch des Klägers vereinbart worden. Ein Abwerben aus einer sicheren Anstellung liege nicht vor. Verträge, bei denen zwischen dem Abschluss und der tatsächlichen Arbeitsaufnahme mehrere Monate liegen, stünden unter dem Risiko sich wechselnder wirtschaftlicher Voraussetzungen und Rahmenbedingungen. Der Kläger wird zur Erklärung aufgefordert, ob er anrechenbares Einkommen im Monat Mai 2001 hatte.
Hierauf lässt der Kläger erwidern, er habe seine frühere Tätigkeit bei der Firma … ungefähr im Februar 2001 beendet und im Mai 2001 noch keine neue Stelle gehabt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachvortrags im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründung vom 18.6.2002, die Berufungserwiderung vom 17.7.2002 sowie die Sitzungsniederschrift vom 20.2.2003 Bezug genommen.
Entsche...