Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichstellungsabrede
Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob eine Arbeitnehmerin, deren vor dem 1.1.2002 unterzeichneter Formulararbeitsvertrag eine dynamische Bezugnahmeklausel enthält, Ansprüche auf der Basis von Tarifverträgen geltend machen kann, die erst zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten sind, nachdem der Arbeitgeber aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten war. In diesem Zusammenhang war zusätzlich zu prüfen, ob und inwieweit ein anlässlich eines Betriebsinhaberwechsels vor Beginn des Arbeitsverhältnisses der Klägerin abgeschlossener sog. Personalüberleitungsvertrag, der sich mit der Geltung von Tarifverträgen befasste, eine veränderte Beurteilung bedingt.
Normenkette
TVG § 3
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 14.10.2008; Aktenzeichen 14 Ca 17221/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.10.2008, Az.: 14 Ca 17221/07, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über tarifvertragliche Einmalzahlungen für die Jahre 2005, 2006 und 2007.
Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin war seit 01.08.2000 aufgrund Arbeitsvertrags vom 05.05.2000 bei der Beklagten als K. in Vollzeit beschäftigt. Die Klägerin ist tarifgebunden aufgrund ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft.
Der Arbeitsvertrag vom 05.05.2000 enthält in § 2 folgende Regelung:
„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.”
Die Beklagte betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Fachklinik mit etwa 400 Beschäftigten. Anlässlich des Betriebsübergangs von der Landesversicherungsanstalt Oberbayern (LVA) auf die Beklagte mit Wirkung zum 01.01.1999 schlossen die LVA und die Beklagte am 29.06.1998 einen Personalüberleitungsvertrag (PÜV), der u. a. folgende Regelungen enthält:
„§ 1
Übergang der Arbeitsverhältnisse
(1) Die Angestellten, Arbeiter und Auszubildenden der Fachklinik M. – G., im folgenden Arbeitnehmer genannt, werden gemäß § 613 a BGB von A. übernommen.
(2) A. sichert zu, dass sich alle Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus den jeweiligen Regelungen des Bundes – Angestelltentarifvertrages (BAT, Fassung Bund und Länder), des Manteltarifvertrages für Arbeiter / Arbeiterinnen der Mitglieder der TgRV (MT-Arb-TgRV), des Tarifvertrages zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen / Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes ausgebildet werden, und den sie ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie aus der für die Fachklinik M. – G. abgeschlossenen Dienstvereinbarung ergeben.
(3) Von Absatz 2 können sich im Hinblick auf § 4 Absatz 2 Abweichungen ergeben. A. verpflichtet sich, etwaige Verringerungen der Vergütungen (Lohn / Gehalt) der Arbeitnehmer im Wege des Besitzschutzes auszugleichen.
(4) Soweit in den nach § 1 Abs. 2 bzw. § 4 Abs. 2 anzuwendenden tariflichen Vorschriften (z.B. § 65 BAT, § 74 MTArb-TgRV) auf jeweils geltenden Bestimmungen des Arbeitgebers verwiesen wird, sind die entsprechenden Bestimmungen des Freistaats Bayern sinngemäß anzuwenden. ….
…
§ 4
Zusatzversorgung bei der ZVK
(1) A. verpflichtet sich, die bisher bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder für die übernommenen Arbeitnehmer bestehende Zusatzversorgung durch eine Beteiligung bei der Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden (ZVK) weiterzuführen.
(2) Zur Erfüllung dieser Verpflichtung hat A. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Beteiligung bei der ZVK zu schaffen. Dies gilt vor allem für die Mitgliedschaft beim Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e.V. (KAV), für das anzuwendende Tarifrecht und für die Einrichtung eines Beirats mit maßgeblichem kommunalem Einfluss im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung des KAV. …
…
§ 15
Laufzeit, weiterer Betriebsübergang
(1) Der Vertrag wird mit dem Übergabestichtag wirksam. Er wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.
(2) Im Falle eines weiteren Betriebsüberganges sind die Rechte und Pflichten von A. aus diesem Vertrag auf den neuen Übernehmer zu übertragen mit der Pflicht zur Weiterübertragung.
…”
Vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2004 ist die Beklagte Vollmitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern e.V. (KAV) gewesen. Seit dem 01.01.1999, also seit dem Betriebsübergang, wandte sie bei ihren Mitarbeitern die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber an, also den BAT (VKA) und BMT-G (VKA). Dies erfolgte auch bei Mitarbeitern, die nach dem 01.01.1999 neu eingestellt wurden. Der BAT i. d. F. für Bund und Länder wurde dagegen ab 1999 nicht mehr angewandt....