Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Treuwidrigkeit bei Angebot einer befristeten Arbeitsvertragsverlängerung nach Arbeitsunfall. Kein Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 3 EFZG bei gleichzeitigem Arbeitsausfall aus von der Agentur für Arbeit anerkannten Witterungsgründen

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 EFZG nur dann besteht, wenn die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall der Arbeitsleistung war (sog. Monokausalität). Dem schließt sich die 10. Kammer des LAG München an.

 

Orientierungssatz

Orientierungssätze:

Der Kläger kann gegen die nach § 14 Abs. 2 TzBfG wirksame Befristung nicht Treuwidrigkeit einwenden. Die Beklagte hat nicht treuwidrig gehandelt als sie ihm nach einem Arbeitsunfall keine unbefristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses angeboten hat, sondern nur eine befristete Verlängerung.

Ein Anspruch gemäß § 3 EFZG scheidet aus, wenn während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers die Arbeitsleistung aus zwingenden, von der Agentur für Arbeit anerkannten Witterungsgründen ausfällt. Die Arbeitsunfähigkeit ist dann nicht monokausal. Der Arbeitgeber ist berechtigt in dieser Zeit auf dem Ausgleichskonto gutgeschriebenen Lohn auszuzahlen, § 3 Ziff. 1.43 BRTV-Bau.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 2; BGB § 242; EFZG § 3; BRTV-Bau § 3; BGB § 611a

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 24.04.2019; Aktenzeichen 15 Ca 9790/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.02.2021; Aktenzeichen 5 AZR 304/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 24.04.2019, Az.: 15 Ca 9790/18 wird dieses abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen, soweit der Zahlungsantrag aufgrund der Berufung der Beklagten zurückgewiesen wurde.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten - noch - über die Wirksamkeit Befristung sowie um einen Zahlungsanspruch nach Auflösung des klägerischen Arbeitszeitkontos.

Der Kläger ist seit dem 19.09.2016 bei der Beklagten, die ein Bauunternehmen betreibt, zu einem zuletzt bezogenen Stundenlohn in Höhe von € 15,56 brutto und einem Bruttomonatslohn in Höhe von zuletzt 2.660,63 € als Mitarbeiter am Bau beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde zunächst mit Arbeitsvertrag vom 16.09.2016 (Anlage B1, Bl. 23-25 d. A.) sachgrundlos vom 19.09.2016 bis zum 18.09.2017 befristet. Die Befristung wurde mit Arbeitsvertrag vom 05.07.2017 (Anlage B2, Bl. 26-28 d. A.) wiederum sachgrundlos vom 19.09.2017 bis zum 18.03.2018 verlängert. Am 07.02.2018 erlitt der Kläger auf der Baustelle der Beklagten einen Arbeitsunfall, infolge dessen er jedenfalls bis zum 19.02.2020 arbeitsunfähig krank war. Unter dem Datum des 07.02.2018 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag (Anlage K1, Bl. 11-13 d. A.), der das Arbeitsverhältnis nochmals ohne Sachgrund für den Zeitraum vom 19.03.2018 bis zum 18.09.2018 befristete. Das Angebot zum Abschluss dieser Verlängerungsvereinbarung sandte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14.02.2018 (Anlage B3, Bl. 70 d. A.) zu. Nach Erhalt unterschrieb der Kläger die Vereinbarung und sandte sie an die Beklagte zurück.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der für allgemein verbindlich erklärte Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 02.07.2002 in der Fassung vom 10.12.2014 (BRTV-BAU) Anwendung. Die Beklagte hat für den Kläger ein Arbeitszeit- und Entgeltkonto (Ausgleichskonto) i.S.v. § 3 Nr.1.4.3 BRTV-BAU eingerichtet. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Klägers infolge des Arbeitsunfalls vom 07.02.2018 leistete die Beklagte an den Kläger bis zum 16.02.2018 (Freitag) Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Im Zeitraum vom 19.02.2018 bis 02.03.2018 fiel die Arbeitsleistung im Betrieb der Beklagten aus zwingenden, von der Arbeitsagentur anerkannten Witterungsgründen (Frost und Schneefall) aus, so dass die Beklagte an den Kläger keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leistete, sondern das Arbeitszeitguthaben des Klägers einsetzte und ihm - laut Lohnabrechnungen für Februar und März 2018 (Anlagenkonvolut B5, Bl. 73-74 d. A) - "Saison-KUG Vorausleistung" in Höhe von 62 h für Februar und 14 h für März 2018 auszahlte. Mit Ablauf der Befristung erhielt der Kläger von der Beklagten eine Schlussrechnung (Lohnabrechnung vom 11.10.2018, Anlage K4, Bl. 45 d. A.), die einen Abrechnungsvorgang "Automatischer Abbau Zeitkonto" i.H.v. 55 h enthielt.

Mit Schreiben vom 04.09.2018 (Anlage K2, Bl.10 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr A.,

hiermit teilen wir Ihnen mit, dass ihr Arbeitsverhältnis zum 18.04.2018 endet.

Ihre Arbeitspapiere lassen wir ihnen unaufgefordert und rechtzeitig auf dem Postweg zukommen.

Wir machen Sie auf ihre Meldepflicht bei der Agentur für Arbeit aufmerksam.

Vielen Dank für ihre Mitarb...

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