Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung

 

Leitsatz (amtlich)

Wirksame Befristung eines Arbeitsverhältnisses auf das Ende des Kalendermonats, in dem eine Arbeitnehmerin das 65. Lebensjahr vollendet hat, durch einen allgemeinverbindlich erklärten einschlägigen Tarifvertrag (hier Rahmentarifvertrag vom 4. Oktober 2003 für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung

 

Normenkette

GG Art. 12 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3; TVG § 5 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 08.02.2006; Aktenzeichen 6 Ca 1134/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.06.2008; Aktenzeichen 7 AZR 116/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 8. Februar 2006 – Gz.: 6 Ca 1134/05 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufung nur noch darüber, ob das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus fortbestanden hat; dabei geht es im Kern darum, ob sich die Beklagte auf eine tarifliche Befristungsregelung berufen kann, wonach das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin spätestens mit Ablauf des Monats endet, in dem sie das 65. Lebensjahr vollendet hat. Darüber hinaus macht die Klägerin Ansprüche aus Annahmeverzug im Anschluss an die von der Beklagten behauptete Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend.

Die Klägerin ist aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom „– Nov. 1975” (vgl. Bl. 22/23 d. A.) seit 25. September 1975 als Innenreinigerin bei der Beklagten beschäftigt; bei Letzterer sind etwa 1.200 Arbeitnehmer tätig.

In einer Verdienstabrechnung vom Oktober 2004 hat die Beklagte das Geburtsdatum der Klägerin mit „0.03.40” (vgl. Bl. 5 d. A.), in einer vom Juni 2005 mit „00.06.40” angegeben (vgl. Bl. 43 d. A.); mit Schriftsatz vom 13. Mai 2005 (Seite 2 Mitte = Bl. 18 d. A.) hat die Klägerin vortragen lassen, ihr „genaues Geburtsdatum … sei nicht bekannt. So ist auf den Personalausweisen … als Geburtsdatum lediglich das Geburtsjahr 1940 angegeben. Die LVA legt daher als Geburtsdatum der Klägerin den 0.06.1940 zugrunde …”

Sie ist nicht gewerkschaftlich organisiert; ob die Beklagte tarifgebunden ist, wurde nicht geklärt.

Ziff. 2. und 9. des Arbeitsvertrages der Parteien haben u. a. folgenden Wortlaut:

„Ziff. 2.:

Als Arbeitsentgelt wird der jeweils gültigeTariflohn im Gebäudereiniger-Handwerk Südbayern … vereinbart …

Ziff. 9.:

Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen und die desRahmen- und Lohntarifvertrages für das Gebäudereiniger-Handwerk Südbayern.”

(kursive Hervorhebungen und Fettdruckdurch das Gericht)

Ziff. 11. des Arbeitsvertrages enthält unter dem Vordruck „Sonstige Vereinbarungen” keine Regelungen. Der gesamte vorgenannte Arbeitsvertrag enthält keine ausdrückliche Befristung des Arbeitsverhältnisses auf die Dauer der Vollendung des 65. Lebensjahres der Klägerin.

Unter dem 5. Januar 2005 hat die Beklagte an die Klägerin ein Schreiben folgenden Inhalts gerichtet (vgl. Bl. 6 d. A.):

„Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrte Frau Ö.,

laut des seit 01.04.2004 gültigen Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung endet nach Paragraph 19 Absatz 8 das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Beschäftigte das 65. Lebensjahr vollendet hat. Nachdem Sie am 0.03.2005 das 65. Lebensjahr vollenden, endet das Arbeitsverhältnis am 31.03.2005 …”

Mit weiterem Schreiben vom 19. Januar 2005 hat die Beklagte der Klägerin mitgeteilt (vgl. Bl. 7 d. A.):

„Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrte Frau Ö.,

gemäß dem Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereiniger-Handwerk vom 01.04.2004, § 19 Abs. 8, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats, in dem Sie das 65. Lebensjahr beenden. Das ist bei Ihnen am 00.06.2005 der Fall. Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis endet demnach am 30.06.2005 …”

Seit 1. Juli 2005 bezieht die Klägerin eine Altersrente in Höhe von EUR 599,47. Sie verrichtet seitdem keine Arbeit bei der Beklagten mehr.

Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht vorgetragen (beschränkt auf die Streitgegenstände der Berufung),

ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten sei nicht wirksam befristet gewesen, und zwar weder zum 31. März 2005 noch zum 30. Juni 2005. Derartige Befristungen ergäben sich insbesondere nicht aus ihrem Arbeitsvertrag. Dessen Ziff. 9. verweise auf einen bestimmten genau benannten Rahmentarifvertrag; darin liege insbesondere keine dynamische Verweisung für entsprechende tarifvertragliche Entwicklungen in der Zukunft. Deshalb könne sich die Beklagte von vorneherein nicht auf den Rahmentarifvertrag vom 4. Oktober 2003 für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung – gültig ab 1. April 2004 – (künftig: RTV 04.10.2003) berufen, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats endet, in dem die Beschäftigte das 65. Lebensjahr vollendet hat. Die Allgemeinverbindlicherklärung dieses Tarifvertrages werde bestritten. Im Üb...

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