Entscheidungsstichwort (Thema)
Stufenvorrückung. Berücksichtigung von Elternzeit als Beschäftigungszeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Arbeitgeber muss die Elternzeit eines Arbeitnehmers als „Gruppenstufenzugehörigkeit” i.S.v. § 11 Abs. 1 und Abs. 2 ERTV berücksichtigen.
Normenkette
Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV) für die Beschäftigten der Deutschen Telekom AG § 11
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 25.03.2011; Aktenzeichen 31 Ca 9668/10) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 25. März 2011 – 31 Ca 9668/10 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 0,00 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 06.08.2010 zu bezahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten als seiner Arbeitgeberin einen Anspruch auf Nachzahlung höherer Vergütung geltend, der davon abhängig ist, dass – so die Auffassung des Klägers – bei der Stufenvorrückung gemäß der einschlägigen tarifvertraglichen Vergütungsregelung auch die von ihm genommene Elternzeit als Beschäftigungszeit zu berücksichtigen ist.
Der Kläger ist nach seinem, unbestritten gebliebenen, Vorbringen seit 01.09.1987 bei der Beklagten als Personalreferent beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der Manteltarifvertrag (MTV) sowie der Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV) für die Beschäftigten der Deutschen Telekom AG bereits kraft beidseitiger Organisationszugehörigkeit unmittelbar Anwendung.
Der Manteltarifvertrag der Deutschen Telekom (MTV) bestimmt unter
„§ 10 Betriebszugehörigkeit
(1) Als Zeit der Betriebszugehörigkeit gilt die bei der Deutschen Telekom AG in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Beschäftigungszeit, soweit dieser Tarifvertrag nichts anderes bestimmt. Dies gilt sinngemäß für die bei der Deutschen Telekom AG in einem Ausbildungsverhältnis zurückgelegte Zeit, wenn im unmittelbaren Anschluss an dieses Ausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis zur Deutschen Telekom AG begründet wurde.
…”
Der für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltende Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV) regelt unter
„§ 11 Gruppenstufen
(1) Der Arbeitnehmer ist entsprechend seiner Beschäftigungszeit innerhalb derselben Entgeltgruppe einer Gruppenstufe zugeordnet (Gruppenstufenzugehörigkeit)
…
(3) Als Dauer der Beschäftigung im Sinne von Absatz 1 gelten die Zeiten einer Beschäftigung in der Eingruppierungsentgeltgruppe seit dem Zeitpunkt der Eingruppierung sowie einer während dieser Zeit erfolgten vorübergehenden Beschäftigung in einer anderen Entgeltgruppe. Zeiten einer vorübergehenden Beschäftigung in einer höheren Entgeltgruppe sind bei der Zuordnung in die Gruppenstufe im Falle der Höhergruppierung anzuerkennen, soweit hierfür eine Tätigkeitszulage gezahlt wurde. 5) 12)
…” (hier: Anl. B1, Bl. 41/42 d. A.).
Der Kläger befand sich im Zeitraum vom 22.10.2008 bis 21.10.2009 in Elternzeit. Dieser Zeitraum wurde von der Beklagten bei der Berechnung der Gruppenstufe im Rahmen der Festlegung seines Arbeitsentgelts nach der entsprechenden tarifvertraglichen Regelung des ERTV nicht als Beschäftigungszeit berücksichtigt. Nach seinem, weiter unstreitig gebliebenen, Vorbringen hätte er innerhalb der Entgeltgruppe T7, in der er sich befindet, den Sprung von der Stufe 2 zur Stufe 3 dieser Entgeltgruppe ohne Elternzeit bzw. unter deren Anrechnung bereits zum 01.04.2009 vollzogen. Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger unter Berufung auf die nach seiner Ansicht zutreffende Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen und u.a. auch die nach seiner Auffassung in Art. 6 GG enthaltenen Wertungen sowie das Verbot einer sachlich nicht gerechtfertigten mittelbaren Diskriminierung und das Benachteiligungsverbot des AGG den, rechnerisch unstreitigen, Differenzbetrag zwischen der Stufe 2 und der Stufe 3 der Entgeltgruppe T7 für den Zeitraum vom 22.10.2009 – nach Ende seiner Elternzeit – bis einschließlich 31.03.2010 geltend, nachdem er seit 01.04.2010 Vergütung nach Stufe 3 der Entgeltgruppe T7 in Höhe von 0.000,00 EUR brutto/Monat erhält.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 25.03.2011, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30.03.2011 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses die Klage in der Sache mit der Begründung abgewiesen hat, dass die tarifvertragliche Regelung in § 11 ERTV nach den Grundsätzen der Tarifauslegung so auszulegen sei, dass die Elternzeit des Klägers bei der Ermittlung der Stufenzuordnung nicht zu berücksichtigen sei, da mit dieser tarifvertraglichen Bestimmung das mit der Höherstufung durch tatsächliche Arbeit erworbene Erfahrungswissen honoriert werden solle, während Zeiten, ...