Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf beamtenähnliche Versorgung kraft betrieblicher Übung durch Unterzeichnung einer Wechselvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch der Klagepartei auf die Gewährung eines sog. Versorgungsvertrages kraft betrieblicher Übung ist nicht gegeben, da diese mit ihrer Zustimmung zur Überführung der betrieblichen Altersversorgung in ein neues Versorgungssystem rechtswirksam auf diese verzichtet hat.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 305c, 307, 313 Abs. 3; BetrAVG § 1; BGB §§ 151, 241 Abs. 2, §§ 242, 280 Abs. 1, § 305c Abs. 1-2, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 313 Abs. 3 S. 1, § 611a Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 01.07.2015; Aktenzeichen 32 Ca 14731/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 01.07.2015 - 32 Ca 14731/13 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klagepartei Anspruch auf rückwirkende Erteilung einer Versorgungszusage hat, sowie über Zahlung eines sog. Nettovorteils, den die Klagepartei gehabt hätte, wenn die Versorgungszusage erteilt worden wäre.
Die Klagepartei ist seit dem 01.09.1984 bei der Beklagten beschäftigt. Die Vierteljahresvergütung betrug 2012 € 16.474,43.
Bei der Beklagten bestand ein beamtenähnliches Versorgungssystem, in das die Mitarbeiter nach 10-jährigem Bestand des Arbeitsverhältnisses aufgenommen wurden, soweit sie in dem Zeitraum 1972 bis 31.12.2001 in das Unternehmen eingetreten waren.
Die bis zum 31.12.2001 eingetretenen Mitarbeiter hatten nach einer zehnjährigen Betriebszugehörigkeit Anspruch auf eine Versorgung nach Maßgabe der Richtlinien der F GmbH (nunmehr: G, abgekürzt H). Diese Richtlinien sahen Versorgungsleistungen nach den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften vor. Nach einer zwanzigjährigen Betriebszugehörigkeit erhielten nahezu alle diese Mitarbeiter bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen (gute Leistungsbeurteilungen, positive Gesundheitsbeurteilungen) das sogenannte Versorgungsrecht. Hierfür wurde mit den Mitarbeitern ein Versorgungsvertrag geschlossen, der an die Stelle der Versorgungskassenzusage trat. Neben der beamtenähnlichen Versorgung, die unverändert fortgeführt wurde, sah der Versorgungsvertrag insbesondere auch Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Beihilfe nach beamtenähnlichen Grundsätzen vor. Die Erteilung des Versorgungsrechts führte zur Versicherungsfreiheit in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung.
Die Beklagte war 1972 durch eine Fusion entstanden. Zur Versorgung VK 1 und zum Versorgungsvertrag heißt es in einer Personalvereinbarung, die Anlage zum Fusionsvertrag vom 06.06.1972 war (PV 72), u.a.
"3.1
Mitarbeiter, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten, der I oder beim J tätig waren, erhalten eine Versorgung nach den Richtlinien der K (Anlage 2). In besonders gelagerten Ausnahmefällen können weitere Dienstzeiten anerkannt werden.
3.2
Mitarbeiter, die mindestens 20 Jahre im Kreditgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten oder der I können einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach Maßgabe des beigefügten Vertragsmusters (Anlage 3) erhalten. Besonders tüchtigen und bewährten Mitarbeitern kann ein solcher Versorgungsanspruch vorzeitig gewährt werden. Die Entscheidung über die Gewährung trifft der Vorstand der K...."
Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Urteilen vom 15.05.2012 (u.a. Az.: 3 AZR 610/11) festgestellt, dass bei der Beklagten eine betriebliche Übung bezüglich des Versorgungsvertrags entstanden ist. Danach hat jeder Mitarbeiter, der vor dem 01.01.2002 eingestellt wurde, Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm bei Erfüllung der Wartezeit von 20 Jahren, einem Gesundheitszustand, der eine vorzeitige Ruhestandsversetzung nicht erwarten lässt, und durchschnittlich guten Beurteilungen, in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag den Abschluss eines Versorgungsvertrages anbietet.
Die Klagepartei hätte nach Erfüllung der Wartezeit mit dem 02.01.2013 unter der Voraussetzung, dass bei ihr die weiteren Bedingungen (Beurteilung und Gesundheit) erfüllt sind, einen dementsprechenden Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt.
In einer Intranet-Veröffentlichung vom 22.07.2009 (Anlage K5) teilte die Beklagte unter der Überschrift "Betriebliche Altersversorgung" mit, dass der Verwaltungsrat beschlossen habe, die Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung einzustellen und die betriebliche Altersversorgung für die betroffenen Mitarbeiter auf ein marktübliches, beitragsorientiertes System umzustellen.
In einem weiteren Anschreiben vom 16.09.2009 an die Mitarbeiter (Anl. K6) wurde unter der Überschrift "Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung" dargestellt, dass die Erteilung der Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung (Versorgungsrecht) eingestellt worden sei.
Am 20.11.2009 wurden die Mitarbeiter durch eine In...