Entscheidungsstichwort (Thema)
Globalantrag. Tendenzträger. betriebsvereinbarungsoffener Tarifvertrag. Auslegung des Tarifvertrages „Normalvertrag Bühne”. keine abschließende Regelung zusätzlicher Vergütungsbestandteile im Tarifvertrag
Leitsatz (amtlich)
1) Auslegung des Tarifvertrages „Normalvertrag Bühne” – keine abschließende Regelung zusätzlicher Vergütungsbestandteile im Tarifvertrag.
2) Ein Globalantrag ist nur begründet, wenn unter keinem Gesichspunkt ein Mibestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10, 11 BetrVG besteht. Handelt es sich um ein Tendenzunternehmen muss für jeden Mitarbeiter dargelegt sein, dass er einer überwiegenden künstlerischen Tätigkeit nachgeht.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1; Normalvertrag Bühne vom 15.10.2000 des deutschen Bühnenvereins
Verfahrensgang
ArbG Wilhelmshaven (Beschluss vom 09.12.2008; Aktenzeichen 1 BV 15/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 09.12.2008, 1 BV 15/08, abgeändert und der Antrag des Beteiligten zu 1) abgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates über die tariflich festgelegten Gagenbestandteile hinausgehende Gagenentlohnung von Mitarbeitern, auf deren Arbeitsverhältnis der Normalvertrag Bühne vom 15. Oktober 2000 des Deutschen Bühnenvereins oder der BTTL, der Vorgängertarifvertrag des Normalvertrages Bühne Anwendung findet.
Die Beteiligte zu 1) betreibt in A-Stadt ein Schauspielhaus. Der Beteiligte zu 2) ist der dortige Betriebsrat.
Der Betriebsrat nahm nach dem rechtskräftigen Abschluss eines Rechtsstreits über das Bestehen eines Einblicksrechts des Betriebsrates auch in die Gagenlisten (BAG vom 13.02.2007, 1 ABR 14/06, AP Nr. 81 zu § 118 BetrVG 1972 = NZA 2007, 1121 – 1124) Einblick in die ihm überlassenen Bruttogehalts- und Gagenlisten. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2007 wandte er sich an die Geschäftsleitung der Beteiligten zu 1) und stellte einige Frage zu den objektiven Kriterien für die unterschiedliche Bezahlung der im Schreiben im Einzelnen aufgeführten Personen bzw. Personengruppen. Unter anderem wurde danach gefragt, ob und nach welchem Muster „Anfängern” die Mindestgage erhöht würde, welche Entscheidungskriterien zu den Unterschieden einzelner Gagenentlohnung führten und um Erklärung, der technischen Leiterzulage für den technischen Leiter gebeten. Für den gesamten Inhalt des Schreibens wird auf Bl. 8 d. A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 02.10.2007 beantwortete der Intendant das Schreiben wie folgt: „Die Höhe der Gage richtet sich nach der künstlerischen Qualität der einzelnen Künstler. Über diese entscheidet alleine der Intendant.” (Bl. 10 d. A).
Am 12.08.2008 beantragte der Betriebsrat in dem Verfahren 1 BV 26/08 beim Arbeitsgericht die Einsetzung einer Einigungsstelle. Mit Beschluss vom 02.09.2008 setzte das Arbeitsgericht eine Einigungsstelle mit dem Gegenstand „Erarbeiten von Gagenregelungen im Bereich der Beteiligten zu 2), die über die tariflichen Mindestvergütungsregelungen hinaus gehen wird” eine Einigungsstelle ein. Das Beschwerdeverfahren endete vergleichsweise dahingehend, dass die Beteiligten letztendlich den Ausgang des hiesigen Verfahrens über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechtes abwarten.
Bei der Beklagten werden in den Arbeitsverträgen regelmäßig die anzuwendenden Tarifverträge in Bezug genommen. Diejenigen Mitarbeiter, auf deren Arbeitsverhältnis der so genannte Normalvertrag Bühne oder der ehemalige BTTL zugrunde liegen, sind in der vom Beteiligten zu 1) zu Bl. 82 als Anlage ASt 9 erstellten Liste enthalten. Hierauf wird Bezug genommen. Derzeit werden Mitarbeiter beschäftigt, die vom persönlichen Geltungsbereich des besonderen Teils des Normalvertrages „Solo” und „Bühnentechnik” erfasst werden. Es gibt bei der Beteiligten zu 1) auch Arbeitsverhältnisse, deren Arbeitsbedingungen sich nach dem TVöD richten. Diese Mitarbeiter und die für diese geltenden arbeitsvertraglichen Bedingungen spielen in diesem Verfahren keine Rolle.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Normalvertrages Bühne vom 15. Oktober 2002 lauten wie folgt:
§ 1
Geltungsbereich
(1)
Dieser Tarifvertrag gilt für Solomitglieder und Bühnentechniker sowie Operchor- und Tanzgruppenmitglieder. …
Solomitglieder sind Einzeldarsteller einschließlich Kabarettisten und Puppentheaterspielern, Dirigenten, Kapellmeister, Studienleiter, Repetitoren, Orchestergeschäftsführer, Direktoren des künstlerischen Betriebs (insbesondere Operndirektor, Schauspieldirektor, Ballettdirektor, Leiter des Kinder- und Jugendtheaters), Spielleiter (Regisseure), Chordirektoren, Choreografen, Tanz-/Ballettmeister sowie Trainingsleiter, Dramaturgen, Leiter des künstlerischen Betriebsbüros, Disponenten, Ausstattungsleiter, Bühnenbildner, Kostümbildner und Lichtdesigner, Inspizienten, Theaterpädagogen, Schauspielmusiker, Referenten und Assistenten von Intendanten sowie des künstlerischen Betriebs, Souffleure, Theaterfotografen und Grafike...