Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgeblichkeit des Streitgegenstands für die Verfahrensart vor dem Arbeitsgericht. Urteilsverfahren für Entgelt- und Schadensersatzansprüche des Betriebsratsmitglieds. Beschlussverfahren für betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Macht ein Betriebsratsmitglied für die Zeit der Seminarteilnahme anstelle des auf Vergütung gerichteten Erfüllungsanspruchs einen Schadensersatzanspruch wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit geltend, der auf Naturalrestitution gerichtet ist, ist Kern des Anspruchs die Vergütung des Betriebsratsmitglieds. Über den Antrag ist im Urteilsverfahren zu entscheiden (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG).

 

Normenkette

ArbGG §§ 2, 2a Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3a; BetrVG §§ 78, 37 Abs. 2, 4, § 38

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Aktenzeichen 4 BV 13/18)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 22.10.2019; Aktenzeichen 9 AZB 19/19)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 24. Oktober 2018 - 4 BV 13/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde hat der Antragsteller zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der von dem Antragsteller (Beteiligter zu 1)) mit dem angekündigten Antrag zu Ziffer 2. verfolgte Zahlungsanspruch im Urteilsverfahren oder Beschlussverfahren zu entscheiden ist.

Der Antragsteller ist bei der Arbeitgeberin seit dem 10. September 2007 als gewerblicher Mitarbeiter/Produktionshelfer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei einer Vergütung von zuletzt 12,50 Euro brutto je Stunde beschäftigt. Er ist Mitglied des bei der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats.

Der Antragsteller nahm vom 13. bis 18. Mai 2018 an dem Betriebsratsseminar "Personelle Maßnahmen und Betriebsratshandeln" im Bildungszentrum der I. in S. teil.

Er begehrt von der Arbeitgeberin die Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 113,10 Euro für die An- und Abreise zu dem Seminar (angekündigter Antrag zu Ziffer 1.) und verlangt die Zahlung einer Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro für die seitens der Arbeitgeberin verweigerte Zahlung der Fahrtkosten (angekündigter Antrag zu Ziffer 3.).

Außerdem macht der Antragsteller einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 500 Euro brutto wegen der Behinderung seiner Betriebsratsarbeit geltend (angekündigter Antrag zu Ziffer 2.). Da die Arbeitgeberin die Vergütung für die Seminarteilnahme (40 Arbeitsstunden x 12,50 Euro brutto) nicht gezahlt habe, sei dem Antragsteller ein Schaden in Höhe von 500 Euro brutto entstanden. Der Streit gehe letztlich darum, ob die Seminarteilnahme erforderlich gewesen sei. Die Ablehnung der Arbeitgeberin, den Antragsteller zur Teilnahme an dem Seminar freizustellen, stelle eine Behinderung der Betriebsratsarbeit dar. Mithin mache der Antragsteller einen betriebsverfassungsrechtlichen Leistungsanspruch geltend, der im Beschlussverfahren zu verfolgen sei.

Der Antragsteller hat folgende Anträge angekündigt:

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Beteiligten zu 1) 113,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Juni 2018 zu zahlen.

2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Beteiligten zu 1) den wegen der Behinderung seiner Betriebsratsarbeit entstandenen Schaden in Höhe von 500 Euro brutto zu ersetzen.

3. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Beteiligten zu 1) einen weiteren Betrag von 40 Euro netto Verzugskostenpauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB zu zahlen.

Die Arbeitgeberin hat die gewählte Verfahrensart gerügt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Anträge seien im Urteilsverfahren zu verfolgen. Der Antragsteller mache vorrangig Vergütungsansprüche in Höhe von 500 Euro brutto geltend. Die Bezeichnung als Anspruch wegen der Behinderung der Betriebsratsarbeit sie unschädlich, da es um das Arbeitsentgelt des Antragstellers für die Zeiten der Teilnahme an einem Seminar gehe. Auch die weiteren Ansprüche stünden hierzu in einem entsprechenden Zusammenhang, sodass das Beschlussverfahren die falsche Verfahrensart sei.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 24. Oktober 2018, dem Antragsteller am 29. Oktober 2018 zugestellt, entschieden, dass für die Anträge zu Ziffer 1. und 3. das Beschlussverfahren und für den Antrag zu Ziffer 2. das Urteilsverfahren die zutreffende Verfahrensart sei. Zur Verweisung des Antrags zu Ziffer 2. in das Urteilsverfahren hat das Arbeitsgericht insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller letztlich der Sache nach seine Vergütungsansprüche für den Zeitraum der Seminarteilnahme geltend mache. Der Umstand, dass der Antragsteller diesen Anspruch als Schadensersatzanspruch gestützt auf einen Verstoß gegen § 78 BetrVG geltend mache, ändere nichts daran, dass es sich um einen Vergütungsanspruch handele, den der Antragsteller unter dem Deckmantel eines Schadensersatzanspruchs verlange.

Gegen die Verweisung des Antrags zu Ziffer 2. in das Urteilsverfahren richtet sich die vom Antragsteller am 12. November 2018 ...

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