Leitsatz (amtlich)
Keine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO, wenn in dem abgeschlossenen Vergleich lediglich dem Klagebegehren entsprochen wird.
Normenkette
BRAGO §§ 23, 19
Verfahrensgang
ArbG Celle (Entscheidung vom 25.10.1999; Aktenzeichen 1 Ca 232/99) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Celle vom 25.10.1999 – 1 Ca 232/99 – teilweise abgeändert.
Die gemäß §19 BRAGO vom Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner noch zu erstattenden Kosten werden auf
168,20 DM
nebst 4 % Zinsen seit dem 1.10.1999 festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde kostenpflichtig zurückgewiesen, soweit sie sich auch gegen die Festsetzung der noch zu erstattenden Kosten in Höhe von 168,20 DM wendet.
Der Wert für die Gebührenberechnung wird – soweit die Beschwerde erfolglos war – auf 168,20 DM festgesetzt.
Tatbestand
I. Der Kläger ist seit dem 15.9.1979 bei der Beklagten, zuletzt als Bohrmeister zu einem Grundgehalt von 6.100,– DM beschäftigt. Mit Schreiben vom 26.3.1999 sprach die Beklagte dem Kläger gegenüber eine fristgemäße Änderungskündigung zum 30.9.1999 aus. In dem Kündigungsschreiben bot sie dem Kläger ab dem 1.10.1999 eine Tätigkeit als Schichtführer zu einem Grundgehalt von 5.083,– DM an. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger mit der Klage vor dem Arbeitsgericht Celle gewehrt.
In der ersten Kammerverhandlung vor dem Arbeitsgericht Celle, am 9.9.1999, schlossen die Parteien nach Erörterung der Sach- und Rechtslage folgenden Vergleich:
- Die Parteien stimmen darin überein, dass die Beklagte aus der Änderungskündigung vom 26.3.1999 keine Rechte herleitet und das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
- Damit ist der Rechtsstreit erledigt.
Da die Rechtsschutzversicherung des Klägers sich weigerte, eine Vergleichsgebühr für seinen Prozessbevollmächtigten zu übernehmen, beantragte der Beschwerdegegner Kostenfestsetzung nach § 19 BRAGO. Diesem Antrag hat der Rechtspfleger in dem angefochtenen Beschluss vom 25.10.1999 stattgegeben und die von dem Kläger an seinen Prozessbevollmächtigten noch zu erstattenden Kosten auf 1.264,40 DM festgesetzt, worin auch eine Vergleichsgebühr gemäß § 23 BRAGO enthalten ist.
Gegen diesen ihm am 27.10.1999 zugestellten Beschluss hat der Kläger und Beschwerdeführer am 3. November 1999 sofortige Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet. Der im Kammertermin vom 9.9.1999 abgeschlossene Vergleich hat eine Gebühr nach § 23 BRAGO nicht ausgelöst. Eine Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 BRAGO steht dem Antragsteller, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vor dem Arbeitsgericht Celle, nicht zu.
Der Rechtsanwalt hat nach § 23 BRAGO Anspruch auf die Vergleichsgebühr, wenn er bei Abschluss eines Vergleichs i. S. des § 779 BGB mitgewirkt hat, d. h. an einer Einigung der Parteien, die einen Streit oder eine Ungewissheit zwischen ihnen durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt. Ein Nachgeben liegt schon dann vor, wenn die Parteien, um zur Einigung zu gelangen, überhaupt Zugeständnisse machen. Es genügt, wenn das Nachgeben gering ist, z. B. die Fälligkeit der Forderung, die Zinsen oder Kosten betrifft. Zum gegenseitigen Nachgeben ist es aber notwendig, dass jeder Teil dem anderen ein Opfer bringt, wobei jedes Opfer genügt, das eine Partei auf sich nimmt, mag es auch ganz geringfügig sein und objektiv ein Opfer überhaupt nicht vorliegen (vgl. BGHE 1, 57 (62, 63) m. w. Nachw.; BGH 70, 1122 (1124); Palandt-Sprau, BGB, 59. Aufl., § 779 Rd.Ziff. 9, 10 m. w. Nachw.). Jede Partei muss also deshalb nachgegeben haben, weil auch die andere Partei dies getan hat.
Ein solches gegenseitiges Nachgeben ist hier nicht feststellbar, denn im Vergleich ist dem Klagebegehren voll Rechnung getragen worden (so auch LAG Düsseldorf, Beschluss vom 15.10.1998 – 7 Ta 285/98 – in JurBüro 1999, 361; andere Ansicht LAG Hamm, Beschluss vom 30.4.1997 – 9 Ta 535/96 – AnwBl 97, 568). Der Ansicht des Landesarbeitsgerichts Hamm, die bei der vorliegenden Konstellation ein Nachgeben des Arbeitgebers darin gesehen hat, dass eine einseitige Rücknahme der Kündigung rechtlich nicht möglich ist, sondern es dazu der Mitwirkung des Gekündigten bedarf, kann hier nicht gefolgt werden. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat nicht vorgetragen, dass vor Abschluss des Vergleichs der Umstand, dass eine einseitige Rücknahme der Kündigung nicht zulässig ist, dem Beklagten gegenüber ins Feld geführt worden ist, noch dass dieser Umstand bei Vergleichsverhandlungen irgendeine Rolle gespielt hat. Im Gegenteil hat der Kläger in der Beschwerdebeantwortung mit Schriftsatz vom 11.11.1999 vorgetragen, dass die Rücknahme der Änderungskündigung von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt erklärt worden ist.
Ein Nachgeben des Klägers gegenüber der Beklagten ist auch nicht darin zu sehen, dass im Vergleich nicht eine volle Kostenübernahme durch die Beklagte aufgenommen worden ist, so dass von einer Aufhebung der Kosten gegeneinander auszugehen ist (§...