Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchführungsanspruch, Höchstarbeitsbedingungen

 

Leitsatz (amtlich)

Der Durchführungsanspruch des Betriebsrates führt weder unmittelbar noch mittelbar dazu, dass der Betriebsrat durch ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren Einfluss auf die Höhe des Entgeltes nehmen kann.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Beschluss vom 29.01.2009; Aktenzeichen 5 BV 17/08)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 30.10.2012; Aktenzeichen 1 ABR 61/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerden des Betriebsrates und der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 29.01.2009 – 5 BV 17/08 – teilweise wie folgt abgeändert und neu tenoriert:

Es wird festgestellt, dass die Arbeitgeberin den Spruch der Einigungsstelle vom 14.11.2006 verletzt, indem sie folgende Vergütungen an folgende Arbeitnehmer zahlt:

Abteilungsleiterin M. 5.900,00 EUR anstelle 5.800,00 EUR,

Redakteurin B. 3.500,00 EUR anstelle 3.480,00 EUR,

Redakteurin M. 3.600,38 EUR anstellte 3.480,00 EUR,

Redakteur G. 3.600,00 EUR anstelle 3.480,00 EUR,

Redakteur Dr. H. 3.620,00 EUR anstelle 3.480,00 EUR,

Redakteurin B. 3.700,00 EUR anstelle 3.480,00 EUR,

Redakteurin A. 3.800,00 EUR anstelle 3.480,00 EUR.

Das Verfahren wird hinsichtlich des Feststellungsantrages eingestellt, soweit er sich auf den Redakteur S. und den Arbeitnehmer H. erstreckt.

Die weitergehenden Anträge des Betriebsrates werden zurückgewiesen.

Im Übrigen werden die Beschwerden des Betriebsrates und der Arbeitgeberin zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob die Arbeitgeberin gegen eine Betriebsvereinbarung über Vergütungsgrundsätze verstößt und welche Rechtsfolgen hieraus resultieren.

Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2) und Arbeitgeberin gewählte Betriebsrat.

Am 14.11.2006 setzte die innerbetrieblich zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin eingesetzte Einigungsstelle durch Beschluss eine Vergütungsordnung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (im Folgenden: BV) in Kraft. Diese BV enthält folgende Regelungen:

„§ 2 Vergütungsgrundsätze

Die Angestellten werden nach § 99 BetrVG in Vergütungsgruppen eingruppiert. Die Bezugsvergütung, auf die sich alle Gehälter beziehen, sowie deren Änderung wird vom Arbeitgeber festgesetzt und mitgeteilt. Entsprechend der jeweiligen Vergütungsgruppe erhalten die Beschäftigten einen prozentualen Anteil der Bezugsvergütung.

Die Monatsvergütung wird für die Vergütungsgruppen B, C, D, E, F, G und H 13,5-mal im Jahr gezahlt, soweit hierauf ein Rechtsanspruch besteht. Die Monatsvergütung für die Vergütungsgruppe A wird 12-mal gezahlt.

§ 3 Vergütungsbestandteile

Die Bezugsvergütung umfasst alle Arten von Zahlungen, die an alle Mitarbeiter oder Gruppen von Mitarbeitern geleistet werden. Hierzu gehören auch Tantiemen. Entgelte für Mehrarbeit bleiben bei der Festsetzung der Bezugsvergütung unberücksichtigt.

§ 4 Vergütungsgruppen

Alle Beschäftigten, für die diese Betriebsvereinbarung gilt, werden in eine Vergütungsgruppe eingruppiert.

Es gibt im Betrieb folgende Gruppen:

Gruppe A

Redaktionsleiter/Herstellungsleiter

Gruppe B

Gruppenleiter/Projektleiter/Teamleiter/Leitung Bild u. Text

Gruppe C

Redakteur/Produktmanager/Atlasredakteur

Entwurfskartograph/Lektor/Online-Redakteur

Gruppe D

Hersteller/Ausführender Kartograph

Gruppe E

Junior-Redakteur/Junior-Produktmanager

Gruppe F

Sekretär mit Zusatzfunktionen, -aufgaben/Sachbearbeiter/

Technische Zeichner

Gruppe G

Sekretär

Gruppe H

Redaktionsvolontär

Gruppe I

Mitarbeiter mit einfacher Tätigkeit, für die keine Berufsausbildung erforderlich ist.

§ 5 Vergütungstabelle

Für die einzelnen Vergütungsgruppen wird folgender Faktor von der Bezugsvergütung vereinbart:

Gruppe

von

bis

A

1,4

2.0

B

1,2

1,5

C

0,95

1,2

D

0,8

0,9

E

0,75

0,85

F

0,7

0,75

G

0,6

0,7

H

0,5

0,55

I

0,45

0,5

Bei der individuellen Vergütungsvereinbarung innerhalb der Spannbreiten der einzelnen Vergütungsgruppen sind insbesondere die Leistung, die Marktsituation, Beschäftigungszeiten und Qualifikationen zu berücksichtigen.

Praktikanten im Studium erhalten eine Vergütung von mindestens 100,00 EUR pro Monat; Praktikanten mit Hochschulabschluss erhalten eine Vergütung von 250,00 EUR pro Monat; Praktikanten als „Native Speaker” erhalten mindestens 700,00 EUR pro Monat.

§ 6 Günstigere Regelungen

Bestehende günstigere individuelle oder betriebliche Regelungen und Vereinbarungen bleiben von dieser Betriebsvereinbarung unberührt.”

Die Arbeitgeberin setzte die Bezugsvergütung gemäß §§ 2, 3 der BV mit Schreiben vom 23.11.2006 auf 2.900,00 EUR fest.

Nach Einsichtnahme in die Bruttovergütungslisten im Juni 2008 stellte der Betriebsrat fest, dass die Arbeitgeberin zum damaligen Zeitpunkt an folgende Arbeitnehmer folgende Vergütung leistete:

  • Abteilungsleiterin J. 5.950,00 EUR anstelle 5.800,00 EUR
  • Abteilungsleiterin M. 5.900,00 EUR anstelle 5.800,00 EUR
  • Redakteurin B. 3.500,00 EUR anstelle 3.4800,00 EUR
  • Redakteurin M. 3.500,38 EUR anstelle 3.480,00 EUR
  • Redakteur H....

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