Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung der Betriebsratswahl in Gemeinschaftsbetrieben. Unzulässiger Wahlanfechtungsantrag durch nur eine von drei Arbeitgeberinnen
Leitsatz (amtlich)
In Gemeinschaftsbetrieben kann die Betriebsratswahl nur durch alle beteiligten Arbeitgeber gemeinsam angefochten werden.
Normenkette
BetrVG §§ 19, 19 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Braunschweig (Entscheidung vom 19.08.2014; Aktenzeichen 8 BV 8/14) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 19. August 2014 - 8 BV 8/14 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Anfechtung einer Betriebsratswahl.
Am 25. und 26. März 2014 fanden in dem von der Antragstellerin gemeinsam mit den Beteiligten zu 3. und 4. unterhaltenen gemeinsamen Betrieb in B-Stadt Wahlen zum Betriebsrat statt. Entsprechend der vom Wahlvorstand angenommenen Zahl von 419 wahlberechtigten Arbeitnehmern wurde ein elfköpfiger Betriebsrat, der Beteiligte zu 2., gewählt.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, bei zutreffender Zählung sei von 392 Arbeitnehmern auszugehen mit der Folge, dass lediglich ein neunköpfiger Betriebsrat hätte gewählt werden dürfen. Die Differenz rühre daher, dass in der Wählerliste Praktikanten und Personen in überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen fälschlich als wahlberechtigte Arbeitnehmer geführt worden seien. Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, sie allein könne die Betriebsratswahl anfechten; Anträge auch der beiden anderen Arbeitgeberinnen seien nicht erforderlich.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass die am 25. und 26. März 2014 im Rahmen einer Gemeinschaftswahl betreffend die Filiale B-Stadt der A-GmbH, der C-Gesellschaft mbH und der D-Gesellschaft mbH durchgeführte Betriebsratswahl rechtsunwirksam ist.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, in Gemeinschaftsbetrieben seien nur alle Arbeitgeber gemeinschaftlich zur Wahlanfechtung berechtigt. Dies müsse vorliegend umso mehr gelten, als drei verschiedene Personalleiter für die jeweiligen Arbeitgeber zuständig seien. Von jedem der Personalleiter habe der Betriebsrat eine Liste der betreffenden Arbeitnehmer erhalten. Die Wahl sei nicht zu beanstanden, weil die Beschäftigtenzahl zutreffend ermittelt worden sei.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und ausgeführt: Führten mehrere Arbeitgeber einen gemeinsamen Betrieb, so seien sie nur insgesamt zur Anfechtung berechtigt. Der allein von der Antragstellerin gestellte Wahlanfechtungsantrag sei daher unzulässig.
Gegen den ihr am 25. August 2014 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Antragstellerin am 24. September 2014 Beschwerde eingelegt und diese am 24. Oktober 2014 begründet.
Die Beschwerde führt aus: Liege - wie hier - die Betriebsleitung nicht bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern bei einer Mehrheit von Arbeitgebern, so könne nach Sinn und Zweck von § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG jeder Arbeitgeber allein die Legitimität der Wahl prüfen lassen. Die Gegenauffassung führe zu einem Wertungswiderspruch, denn drei wahlberechtigte Arbeitnehmer seien auch dann anfechtungsberechtigt, wenn sie bei demselben Arbeitgeber beschäftigt seien. Hinsichtlich der geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe wiederholt und vertieft die Beschwerde die erstinstanzlichen Ausführungen der Antragstellerin zur fehlerhaften Zählung von aus ihrer Sicht nicht wahlberechtigten Personen als Arbeitnehmer im Sinne der Wahlvorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes.
Die Beteiligte zu 4. trägt vor, die “Waffengleichheit„ erfordere es, dass auch einzelne Arbeitgeber die Wahl anfechten könnten. Die Anfechtung werde von der Beteiligten zu 4. “mitgetragen„.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 19. August 2014 - 8 BV 8/14 - abzuändern und festzustellen, dass die am 25. und 26. März 2014 im Rahmen einer Gemeinschaftswahl betreffend die Filiale B-Stadt der A-GmbH, der C-Gesellschaft mbH und der D-Gesellschaft mbH durchgeführte Betriebsratswahl rechtsunwirksam ist.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht geltend, Arbeitgeber, die sich zu einem gemeinsamen Betrieb zusammenschlössen, müssten mit der Konsequenz leben, auch das Wahlanfechtungsverfahren nur gemeinsam führen zu können. Der Betrieb verfüge über mehr als 400 Arbeitnehmer, weil Praktikanten Auszubildenden gleichzustellen und daher mitzuzählen seien. Auch lasse die Antragstellerin unerwähnt, dass sie neue Aushilfen eingestellt habe.
II.
Die Beschwerde bleibt erfolglos.
1.
Die gemäß §§ 8 Abs. 4, 87 Abs. 1, 2 Satz 1 ArbGG statthafte Beschwerde der Antragstellerin ist von dieser fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 89 ArbGG, §§ 519, 529 Abs. 1 und 3 ZPO) und damit insgesamt zulässig.
2.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Antrag für unzulässig erachtet. Das Wahl...