Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für Rechtsanwaltskosten des Betriebsrats. Stundensätze für ein angemessenes Rechtsanwaltshonorar

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an einer Begrenzung der Kostentragungspflicht Rechnung zu tragen. Es besteht aber kein Erfahrungssatz dafür, dass ein mit dem Rechtsanwalt vereinbartes Zeithonorar teurer ist als das gesetzliche Rechtsanwaltshonorar. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Umstand, dass die gesetzlichen Gebührenvorschriften keinen Raum lassen für eine angemessene Berücksichtigung einer besonderen fachlichen Heraushebung und Erfahrung des Rechtsanwalts.

2. Es ist üblich und bekannt, dass Rechtsanwaltsbüros, die in einem Spezialgebiet über besondere Expertise verfügen, auf der Grundlage von Stundenhonoraren tätig werden. Denn die "Schwankungsbreite" einer angemessenen Wertfestsetzung ist bei außergerichtlichen Verhandlungen erheblich. Die Festlegung von Stundensätzen bietet demgegenüber sowohl dem beauftragten Rechtsanwalt als auch dem kostentragenden Arbeitgeber Transparenz und Rechtssicherheit. Zwar ist richtig, dass auch bei einer Abrechnung nach Stundensätzen die endgültige Höhe des Honorars nicht zuverlässig einschätzbar ist. Der Zeitaufwand wird aber maßgeblich beeinflusst durch die vom Unternehmen verfolgten Verhandlungsgegenstände. Wenn sich aus der Kompliziertheit der Verhandlungen aber ein entsprechender Zeitaufwand ergibt, so ist es auch als angemessen zu bewerten, dies in der Honorierung des Rechtsanwaltes abzubilden.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1, § 80 Abs. 4, § 111 S. 2; RVG § 34; BRAGO § 65

 

Verfahrensgang

ArbG Celle (Entscheidung vom 01.04.2014; Aktenzeichen 1 BV 5/13)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 14.12.2016; Aktenzeichen 7 ABR 8/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Celle vom 01.04.2014 - 1 BV 5/13 - abgeändert.

Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, über den bereits zugesprochenen Betrag in Höhe von 13.126,98 Euro den Beteiligten zu 1 von den gegen ihn gerichteten Kostenansprüchen des Rechtsanwalts Dr. K. B. für dessen anwaltliche Vertretung als Verfahrensbevollmächtigter im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen den Beteiligten zum "Projekt Zukunftssicherung" in Höhe von 22.869,51 Euro gegenüber dem Rechtsanwaltsbüro B. und G. freizustellen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Rechtsanwaltskosten, die aus Anlass außergerichtlicher Verhandlungen des Arbeitgebers mit dem Gesamtbetriebsrat über umfangreiche betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen entstanden sind.

Die Beteiligte zu 2 gehört einem bundesweit tätigen Konzern an, dessen Muttergesellschaft in D. ansässig ist. Bei dem Beteiligten zu 1 und Antragsteller handelt es sich um den aus acht Mitgliedern bestehenden Gesamtbetriebsrat. Im Jahr 2012 fanden zwischen den Beteiligten zu einem "Projekt Zukunftssicherung" umfangreiche Verhandlungen statt. Gegenstand waren erhebliche Strukturveränderungen an den vorhandenen 4 Standorten, darunter eine völlige Schließung des Standortes G. Von den ursprünglich deutlich über 1000 Arbeitnehmern waren nach den abgeschlossenen Vereinbarungen 667 durch Kündigung, Versetzung oder auf andere Weise betroffen.

Rechtsanwalt Dr. B. aus H. berät und vertritt den Beteiligten zu 1 seit mehreren Jahren. Im Jahr 2009 hatten ebenfalls Verhandlungen über eine Betriebsänderung stattgefunden. Vertreter der Muttergesellschaft hatten ihm zunächst ein Pauschalhonorar in Höhe von 20.000 € angeboten (Bl. 15 d.A.). Letztlich einigte man sich auf eine Abrechnung von 290,00 € netto je Stunde anwaltlicher Tätigkeit sowie 75,00 € netto je Reisestunde, die Rechnung über insgesamt 39.222,74 wurde bezahlt. Für eine Tätigkeit in einer Einigungsstelle von März 2011 bis Juni 2012 (Rechnung von 04.09.2012, Bl. 21 ff. d.A.) lehnte die Beteiligte zu 2 eine Vergütung nach diesen Sätzen ab; ein Beschlussverfahren blieb insoweit erfolglos.

Mit Beschluss vom 28.06.2012 (Bl. 28 d.A.) sagte der Beteiligte zu 1 dem Rechtsanwalt Dr. B. für seine Tätigkeit beim Projekt Zukunftssicherung 290,00 € je Tätigkeitsstunde und 100,00 € je Reisestunde zzgl. Reiseauslagen zu. Daneben war ein wirtschaftlicher Berater für den Beteiligten zu 1 tätig.

Im September/Oktober 2012 verhandelte die Beteiligte zu 2 mit der IG Metall über einen Tarifsozialplan. Den heute personalstärksten Standort A-Stadt konnte die IG Metall dabei nicht vertreten, da bei diesem eine Zuständigkeit der IG BCE besteht. Ein Tarifsozialplan kam letztlich nicht zustande. Am 21.11.2012 schlossen die Beteiligten einen "Sozialplan Zukunftssicherung" (Bl. 96 ff.), eine "Freiwillige Betriebsvereinbarung im Projekt Zukunftssicherung" (Bl. 113 ff.), am 28. 11. eine "Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich Zukunftssicherung" (Bl. ...

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