Entscheidungsstichwort (Thema)
Werterhöhende Wirkung des Weiterbeschäftigungsantrags im Bestandsschutzverfahren. Auslegung des Weiterbeschäftigungsantrags als unbedingter oder unechter Hilfsantrag im Bestandsschutzverfahren
Leitsatz (amtlich)
1) Der vorläufige Antrag auf Weiterbeschäftigung ist, wenn er im Bestandsschutzverfahren gestellt wird, werterhöhend nur dann zu berücksichtigen, wenn über ihn entschieden worden ist, wenn er in einem Vergleich mitgeregelt wurde und dort eine Regelung erhält oder wenn er ausdrücklich als unbedingter Hilfsantrag gestellt wird.
2) Für die Annahme, der Antrag sei ausdrücklich als unbedingter Hilfsantrag gestellt worden, genügt nicht, dass der Antrag nicht eindeutig als unechter Hilfsantrag gestellt wird. Im Zweifel ist ein solcher Antrag als sachlich richtiger und zulässiger unechter Hilfsantrag auszulegen.
Normenkette
GKG § 45 Abs. 1 S. 2, Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 09.12.2019; Aktenzeichen 6 Ca 384/19) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 9. Dezember 2019 - 6 Ca 384/19 - wird zurückgewiesen.
2. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die Gebühren des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der vom Arbeitsgericht festgesetzte Wert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren und den Vergleich. Die Parteien haben in der Hauptsache über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und um Weiterbeschäftigung gestritten.
Der Kläger hat zunächst beantragt, festzustellen, dass "das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 10.10.2019 nicht beendet wird". Durch Versäumnisurteil vom 5. November 2019 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Nach Einspruch der Beklagten hat der Kläger die Klage erweitert und beantragt, unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur Rechtskraft über den Kündigungsschutzantrag des Klägers zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses weiter zu beschäftigen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Pflicht zur tatsächlichen Beschäftigung des Arbeitnehmers sei neben der Entgeltzahlungspflicht eine der arbeitgeberseitigen Hauptverpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag. An ihrer Erhaltung habe der Kläger im Interesse der Wahrung seiner Einbindung in den Betrieb der Beklagten und der Erzielung regelmäßiger Arbeitseinkünfte ein rechtliches Interesse. Höherrangige oder auch nur gleichrangige Interessen der Beklagten an der Nichtbeschäftigung des Klägers seien nicht erkennbar.
Die Parteien haben das Verfahren am 28. November 2019 nach § 278 Abs. 6 ZPO durch Vergleich mit folgendem Wortlaut beendet:
1. "Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis endet aufgrund ordentlicher, fristgemäßer Kündigung vom 13.10.2019 mit Wirkung zum 31.05.2019 aus dringenden betrieblichen Gründen mit Ablauf des 15.11.2019. Bis zum Beschäftigungsende wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet und die sich ergebenden Nettobeträge an den Kläger ausgezahlt.
2. Für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an den Kläger analog den §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung in Höhe von 2.734,70 € brutto. Die Abfindung ist mit dem Abschluss dieses Vergleiches entstanden und vererblich, fällig und zahlbar mit Wirkung zum 31.12.2019.
3. Etwaig bestehende Freizeitausgleichsansprüche sowie Urlaubsansprüche des Klägers werden im Rahmen der letzten Gehaltsabrechnung abgerechnet und ausgezahlt.
4. Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes, dem beruflichen Fortkommen dienliches qualifiziertes Arbeitszeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt und mit der Gesamtbewertung "gut" schließt.
5. Damit ist der Rechtsstreit erledigt."
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren auf 7.847,40 Euro und für den Vergleich auf 10.463,20 Euro festgesetzt. Den Antrag auf Weiterbeschäftigung hat es nicht streitwerterhöhend berücksichtigt. Es handele sich um einen unechten Hilfsantrag, der regelmäßig nur für den Fall des Obsiegens gestellt werde, es sei denn der Antrag bringe anderes zum Ausdruck. Gegen diese Bewertung wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit der Beschwerde. Er ist der Auffassung, der Antrag sei werterhöhend mit einem Bruttomonatsentgelt in Ansatz zu bringen. Weder sei er ausdrücklich als Hilfsantrag bezeichnet noch sei vorgetragen worden, ihn als Hilfsantrag zu behandeln. Jedenfalls sei der Antrag in den Regelungen des Vergleichs enthalten. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz des Klägervertreters vom 3. Dezember 2018 und die Beschwerdebegründung vom 18. Dezember 2019 Bezug genommen (Bl. 56, 67, 68 d. A.). Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ...