Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung des Spruchs einer Einigungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

§§ 123, 124 InsO enthalten eine abschließende Regelung hinsichtlich des Umfangs der Leistungen, die in einem Sozialplan zu Lasten der Masse vereinbart werden dürfen.

 

Normenkette

InsO §§ 123-124

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Beschluss vom 27.02.2008; Aktenzeichen 5 BV 11/07)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 27. Februar 2008 – 5 BV 11/07 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs zur Aufstellung eines Sozialplans.

Antragsteller ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der A. Grundstücksverwaltungs GmbH (vormals B. GmbH) (fortan: Schuldnerin), Beteiligter zu 2) der im Jahr 2002 bei der Schuldnerin gewählte Betriebsrat. Gegenstand des Unternehmens der Schuldnerin war zunächst die Papierverarbeitung und der Vertrieb der Produkte. Durch Gesellschaftsvertrag vom 23. November 2004 wurde die C. GmbH gegründet. Gegenstand dieses Unternehmens war die Herstellung und der Handel von Drucksachen aus Papier, Karton, Kunststoff und ähnlichen Materialien und deren Weiterverarbeitung. Mit Antrag vom 14. Januar 2005 (3 BV 1/05) leitete der Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht Hannover ein Beschlussverfahren ein mit dem Begehren festzustellen, dass zwischen der Schuldnerin, der C. GmbH, der D. GmbH und der E. GmbH ein gemeinschaftlicher Betrieb bestehe. Dieses Beschlussverfahren erledigte sich durch Rücknahme des Antrags mit Schriftsatz vom 5. September 2005.

Zur Erstellung eines Interessenausgleichs und Sozialplans wurde im September 2005 eine betriebliche Einigungsstelle tätig. Diese beschloss am 2. September 2005 zum Ausgleich bzw. Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern der Schuldnerin und der C. GmbH durch die zum 31. März 2006 geplante Betriebsstilllegung entstehen, einen Sozialplan mit einem Volumen vom 425.000,00 EUR. Der Sozialplan enthält folgende Regelungen: (Bl. 120 d. A.).

3. Abfindungsberechtigung

Anspruch auf Abfindung haben alle Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Zusammenhang mit der geplanten Betriebsstilllegung gekündigt wird.

6. Fälligkeitsregelung

Die Ansprüche auf Abfindung entstehen mit dem Zugang der Kündigung und sind ab diesem Zeitpunkt vererblich.

Die Ansprüche auf Abfindung werden zum 15. Mai 2006 fällig jedoch nicht vor dem rechtskräftigen Abschluss eines etwaigen Kündigungsrechtsstreits.

7. In Kraft treten

Dieser Sozialplan tritt am 3. September 2005 in Kraft und endet mit der Durchführung der geplanten Betriebsstilllegung.

Der Sozialplan wird unwirksam, wenn über das Vermögen einer Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet wird, bevor der Sozialplan erfüllt ist.

Über das Vermögen der Schuldnerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts F. vom 31. August 2006 (903 IN 610/06), über das Vermögen der C. GmbH durch Beschluss vom 2. Oktober 2006 (903 IN 739/06) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt. Zuvor war bereits durch Beschluss des Amtsgerichts F. vom 9. Juni 2006 (903 IN 610/06) der Antragsteller zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und zusätzlich angeordnet worden, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.

Nach Eröffnung der Insolvenzverfahren rief der Beteiligte zu 2) die Einigungsstelle an und begehrte im streitigen Verfahren deren Errichtung (5 BV 25/06 ArbG Hannover). Er berief sich auf ein sein Restmandat als Betriebsrat des Gemeinschaftsunternehmens, bestehend aus der Schuldnerin und der C. GmbH. Zur Begründung des Antrags führte er aus, der Sozialplan vom 2. September 2005 sei durch Eintritt der – im Spruch der Einigungsstelle enthaltenen – auflösenden Bedingung, dem Eintritt des Insolvenzfalles, hinfällig geworden. Der Antragsteller wehrte sich gegen die Errichtung einer (neuen) Einigungsstelle mit der Begründung, die dem Sozialplan vom 2. September 2005 zugrunde liegende Betriebsänderung sei – wie geplant – zum 31. März 2006 vollzogen worden. Der Betrieb sei vollständig eingestellt und alle Arbeitsverhältnisse seien zu diesem Termin auch beendet worden. Am 5. Januar 2007 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, mit dem die Einigungsstelle errichtet, der Vorsitzende bestimmt und die Zahl der Beisitzer für jede Seite festgelegt wurde. Deren Zuständigkeit wurde festgelegt mit dem Regelungsauftrag „Aufstellung eines Sozialplanes anlässlich der Schließung des Betriebes der Firmen A. Grundstücksverwaltungs GmbH und C. GmbH.” In der Sitzung der Einigungsstelle vom 16. Mai 2007 wurden durch Spruch gegen die Stimmen der Beisitzer des Antragstellers für die Schuldnerin und die C. GmbH getrennte Sozialpläne beschlossen.

Mit dem am 21. Mai 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Insolvenzverwalter den Spruch der Einigungsstelle angefochten.

Der Insolvenzverwalter hat die Auffassung vertreten, d...

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