Rechtsmittel eingelegt unter dem Aktenzeichen: 7 ABR 65/07

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratswahl, Anfechtung, Wahlvorschlag. Zur Anfechtung der Betriebsratswahl bei nicht ordnungsgemäß unterzeichnetem

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 14 Abs. 4 BetrVG muss ein Wahlvorschlag von einer bestimmten Anzahl wahlberechtigter Arbeitnehmer unterzeichnet sein. Der Wahlvorstand hat am letzten Tag der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen die eingehenden Wahlvorschläge sofort zu prüfen und die Listenvertreter über etwaige Mängel zu informieren. Die Verletzung der dem Wahlvorstand nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO obliegenden Pflicht kann zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl führen.

 

Normenkette

BetrVG § 14 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Beschluss vom 28.07.2006; Aktenzeichen 1 BV 11/06)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 21.01.2009; Aktenzeichen 7 ABR 65/07)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des ArbG Hannover vom 28.07.2006 – 1 BV 11/06 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die zu 1) bis 4) beteiligten Antragsteller sind im Betrieb der zu 5) beteiligten Arbeitgeberin beschäftigte wahlberechtigte Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen, das weltweit auf dem Gebiet der Mobilfunktechnik und Telekommunikation tätig ist. Sie unterhält Projektbüros in B1, K1, M1, K2 sowie Projektbüros und Betriebe in H1, B2, H2, F1, M2, F2, D1, R2, L. und D2. Die Konzernsprache im Unternehmen der Arbeitgeberin ist Englisch.

In dem Betrieb fand am 04.05.2006 eine Betriebsratswahl statt, aus der der zu 6) beteiligte Betriebsrat hervorging. Zur Vorbereitung der Wahl hatte der Wahlvorstand am 15.02.2006 ein Wahlausschreiben erlassen. Darin wurden die 133 wahlberechtigten Arbeitnehmer aufgefordert, vor Ablauf von 2 Wochen, spätestens bis zum 01.03.2006, 18:00 Uhr, Vorschlagslisten (Wahlvorschläge) beim Wahlvorstand einzureichen. Das Wahlausschreiben wurde in elektronischer Form über die sog. Whiteboard – Datenbank bekannt gemacht.

Der Beteiligte zu 1), der ehemalige Vorsitzende des Betriebsrats, ließ für den Stammsitz H. sowie für die Standorte B2, B1 und K2 Wahlvorschlagslisten per Computer ausfertigen. Diese Listen enthielten neben dem Namen des Beteiligten zu 1) die Namen der Bewerber R1, H3. und W1 Die Liste für den Standort H1 wurde als PDF-Datei mit den Namen der vier Bewerber an zehn Mitarbeiter geschickt, die sich die Liste ausdruckten, gegenzeichneten, einscannten und wieder zurückschickten. Nachdem die Vorschlagsliste für den Standort H1 mit zehn Stützunterschriften versehen war, fügte der Beteiligte zu 1) auf der per Computer ausgedruckten Vorschlagsliste handschriftlich den Namen des Bewerbers K. U1 ein. In den Vorschlagslisten für die Standorte B2, B1 und K2 ist der Name des Bewerbers U1 ebenfalls handschriftlich eingetragen.

Am 01.03.2006 übergab der Beteiligte zu 1) gegen 13:05 Uhr dem Wahlvorstand den Wahlvorschlag mit dem Kennwort „AIS 2006”. Der Wahlvorstand führte – zwischen den Beteiligten streitig – noch am selben Tag eine formelle Prüfung durch, die einen Abgleich mit der Wählerliste, die Prüfung der Unterschriften der Wahlbewerber und die Zählung der Stützunterschriften beinhaltete. Am 02.03.2006 trat der Wahlvorstand (erneut) zusammen, um die geleisteten Stützunterschriften zu überprüfen. In dem Protokoll vom 03.03.2006 heißt es dazu auszugsweise:

Liste 3

Durch die handschriftliche Eintragung des 5. Bewerbers bestehen Zweifel, ob identische Ausfertigungen des Wahlvorschlags der Liste AIS 2006 im Umlauf waren (§ 8, Abs. 1, Satz 2).

Die Zweifel waren dadurch begründet, dass auf verschiedenen Kopien der aus unserer Sicht möglichen ursprünglichen Vorschlagsliste, der 5. Bewerber ebenfalls handschriftlich eingetragen und nicht als „kopierter” Eintrag zu erkennen war.

Beschluss:

  1. Liste 3 wird noch nicht abgelehnt, da die Stützunterschriften auf der vermeintlichen Ursprungsliste ausreichend scheinen (9 Unterschriften)
  2. Prüfung des Sachverhaltes intern und zusammen mit einem Anwalt wurde beschlossen

Mit Schreiben vom 16.03.2006 teilte der Wahlvorstand dem Beteiligten zu 1) mit, dass die Vorschlagsliste „AIS 2006” an einem nicht behebbaren Mangel leide und daher nicht zur Betriebsratswahl am 04.05.2006 zugelassen werde. Die Betriebsratswahl wurde am 04.05.2006 durchgeführt und das Wahlergebnis am 09.05.2006 bekannt gegeben.

Mit der am 23.05.2006 eingegangenen Antragsschrift haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.

Sie haben die Auffassung vertreten, die Wahl sei unwirksam, weil das Wahlausschreiben nicht in allen Projektbüros ausgehängt worden sei. Die erfolgte Bekanntmachung nur in elektronischer Form über das sog. Whiteboard sei nicht ausreichend gewesen, weil keine Vorkehrungen getroffen worden seien, dass Änderungen der Bekanntmachung nur vom Wahlvorstand vorgenommen werden können. Neben dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes hätten sämtliche Administratoren auf die Datenbank Zugriff nehmen...

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