Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Beschluss vom 04.12.1996; Aktenzeichen 3 BV 94/96)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin (Bet. zu 2 und 3) wird unter Zurückweisung der Beschwerde des Betriebsrats (Bet. zu 1) der Beschluß des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 04. Dezember 1996 – 3 BV 94/96 – abgeändert.

Der Antrag des Betriebsrats wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob auf Antrag des Betriebsrates (Bet. zu 1) die Beschwerden mehrerer Arbeitnehmer von einer nach § 85 Abs. 2 BetrVG zu bildenden Einigungsstelle zu behandeln sind. Die Arbeitgeberin (Bet. zu 2 und 3) betreibt in ihren Unternehmen Wohnungsverwaltung und Immobiliengeschäfte. Der Betriebsrat beansprucht aus dem selben Sachverhalt in einem weiteren Beschlußverfahren – 1 TaBV 8/97 – ein Mitbestimmungsrecht zum Ordnungsverhalten aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG 1972 und fordert auch hieraus das Zusammentreten einer Einigungsstelle.

Mit Schreiben vom 08. August 1996 (Bl. 5 d.A.) wandten sich sieben Arbeitnehmer der Wohnungsverwaltung der Arbeitgeberin an den Betriebsrat mit der Bitte, für sie gemeinschaftlich tätig zu werden. Die Arbeitnehmer fürchteten um Nachteile für einzelne von ihnen, wenn sie sich persönlich gegen die Anweisung der Arbeitgeberin zur Wehr setzten, künftig neben ihrer eigentlichen Tätigkeit für das Busreiseunternehmen … aus deren Angebot bei den Mietern für Reisen zu werben bzw. diese zu vermitteln, Buchungen entgegenzunehmen und weiterzuleiten. In dem genannten Schreiben heißt es weiter:

… „Wir sind der Auffassung, daß diese völlig artfremden Tätigkeiten nicht zu unserem Tätigkeitsfeld gehören und somit auch nicht durch die Arbeitsverträge abgedeckt sind. Wir gehen auch davon aus, daß diese grundlegenden Änderungen nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegen und betriebsverfassungsrechtlich der Betriebsrat eingeschaltet werden muß.

Alle Mitarbeiter der betroffenen Abteilung sind sich aus vielerlei Gründen einig, unter anderem wegen des nicht definierbaren Zeitaufwandes, diese Tätigkeiten nicht auszuüben”. …

Der Betriebsrat beanstandete mit Schreiben vom 09. August 1996 (Bl. 17 d.A.) seine fehlende Unterrichtung über die Änderung des Tätigkeitsfeldes in Richtung „Reisevertretung der …” kündigte den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung an und teilte mit, daß er die Mitarbeiter über ihr Leistungsverweigerungsrecht unterrichtet habe. Dem trat die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 12. August 1996 entgegen (Bl. 18 f d.A.), wogegen sich der Betriebsrat mit seiner Antwort vom 13. August 1996 (Bl. 20 d.A.) wandte. Unter dem 23. August 1996 gab die Arbeitgeberin eine Dienstanweisung für Mitarbeiter/innen der Wohnungsverwaltung heraus, in der die Zusammenarbeit mit der Firma … im einzelnen geregelt wurde. Danach sind Kataloge dieser Firma in den Räumen mit Publikumsverkehr auszulegen und an jedem Arbeitsplatz bereitzuhalten. Ferner sind Hinweisplakate auf die Vermittlung der Reisen aufzuhängen, um bei Interesse Anmeldeformulare für die Mieter auszufüllen und der Firma … weiterzuleiten.

Zu den Einzelheiten der Dienstanweisung wird auf Bl. 7 d.A. verwiesen. Der Betriebsrat hat sich schriftlich am 06. September 1996 hierzu (Bl. 6 d. A.) gegenüber der Arbeitgeberin hierzu erklärt und die Arbeitsanweisung vom 23. August 1996 beanstandet. Dazu heißt es auszugsweise im genannten Schreiben:

… „Wie wir bereits in unserem Schreiben vom 09.08.1996 erwähnt haben, ist der Betriebsrat bisher nicht ordnungsgemäß von Ihnen unterrichtet worden bzw. sind Verhandlungen mit uns geführt worden”. …

„Ferner halten wir die im Mitarbeiterschreiben an den Betriebsrat vom 08.08.1996 erhobene Beschwerde über die Anweisungen des Arbeitgebers für berechtigt und bitten auch insoweit mit uns gemäß § 85 BetrVG die Verhandlungen mit dem Ziel der Abhilfe aufzunehmen. Dieses Gespräch könnte am 10.09.1996 im Anschluß geführt werden”.

In seiner Sitzung vom 17. September 1996 erklärte der Betriebsrat die Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite für gescheitert und entschied, ein Beschlußverfahren zur Bildung einer Einigungsstelle einzuleiten (Bl. 8 d.A.). Mit der Antragsschrift vom 22. Oktober 1996 hat der Betriebsrat beantragt,

  1. der Richter am Bundesarbeitsgericht wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Beschwerde der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnungsverwaltung” bei dem Antragsgegner bestellt;
  2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf drei festgesetzt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Rechtsauffassung vertreten, daß eine Einigungsstelle nach § 85 Abs. 2 BetrVG 1972 offensichtlich unzuständig sei. Im übrigen hätte der Betriebsrat die erst in Zukunft möglicherweise eintretenden Beeinträchtigungen als Beschwerden der Mitarbeiter behandelt, nachdem er zuvor dies gegenüber der Arbeitgeberin nur als Anregung vorgetragen habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 04. Dezember 1996 die Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Richters am Bundesarbe...

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