Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungsersatz. Schulbuch. notwendige Arbeitsmittel. Lehrer. Erstattungsanspruch eines Lehrers für ein von ihm angeschafftes Lehrbuch, welches nach Beschluss der Klassenkonferenz im Unterricht benutzt werden soll
Leitsatz (amtlich)
1) In entsprechender Anwendung von § 670 BGB hat ein Lehrer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz für ein von ihm angeschafftes Lehrbuch, welches der Lehrer im Schuljahr nach Beschluss der Fachkonferenz im Unterricht benutzen soll und welches ihm von der Schule – auch nicht leihweise – zur Verfügung gestellt wird.
2) Das Land kann sich nicht darauf berufen, es habe aus Gründen der Sparsamheit und Wirtschaftlichkeit der Verwendung von Haushaltsmitteln einen weiten Ermessensspielraum bei der Beschaffung von Arbeitsmitteln, wenn es die Bereitstellung grundsätzlich ablehnt, seinen Ermessensspielraum also nicht ausübt.
3) Es ist dem Land wegen unzulässiger Rechtsausübung verwehrt, sich auf eine fehlende formelle Ermächtigung zu berufen, wenn der Lehrer aufgrund vorheriger Erklärungen des Landes und der Weigerung des Schulleiters, ein Buch leihweise aus den Beständen der Bibliothek zur Verfügung zu stellen, davon ausgehen konnte, ihm werde das zur Unterrichtsvorbereitung benötigte Buch für das neue, bereits begonnene Schuljahr nicht zur Verfügung gestellt und er werde von seinem Arbeitgeber nicht ermächtigt, das Buch auf Rechnung des Landes zu kaufen, oder es werde nicht auf andere Weise kostengünstiger besorgt.
Normenkette
BGB § 670
Verfahrensgang
ArbG Stade (Urteil vom 24.06.2010; Aktenzeichen 1 Ca 33/10) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 24. Juni 2010 – 1 Ca 33/10 – teilweise abgeändert:
Das beklagte Land wird verurteilt, dem Kläger 14,36 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. April 2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger und das beklagte Land jeweils zu 50 v. H. mit Ausnahme der Kosten, die durch die Verweisung entstanden sind. Diese hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten – soweit im Berufungsverfahren von Belang – um Aufwendungsersatz für ein vom Kläger angeschafftes Mathematikbuch, welches er im Schuljahr 2008/2009 nach Beschluss der Fachkonferenz im Unterricht benutzen sollte und das ihm von der Schule nicht zur Verfügung gestellt wurde.
Der Kläger ist bei dem beklagten Land (im Folgenden: Land) seit dem 01.08.2002 als Lehrkraft einer Hauptschule angestellt; Schulträger ist die Stadt A-Stadt. Für das Schuljahr 2008/2009 wurde der Kläger nach einer Dienstbesprechung vom 19.08.2008 für den Mathematikunterricht der fünften Klasse eingeteilt. Laut Beschluss der Konferenz war für seinen Unterricht das Buch „Mathematik DuR 5 Nds.” vorgesehen.
Mit folgendem Schreiben vom 21.08.2008 wandte sich der Kläger an seine Schulleitung:
„Ich gehe mittlerweile davon aus, dass die Schulbücher für den zu erteilenden Unterricht gestellt werden. Auf meine Anfrage aus dem letzten Jahr habe ich sowohl von der Landesschulbehörde als auch vom Schulträger Antworten erhalten, die dies bestätigen. Strittig war zwischen Schulbehörde und Schulträger nur, wer für die Kosten zuständig ist. Die Briefe liegen dir vor. Ich unterrichte in diesem Schuljahr überwiegend in den 5. Klassen und benötige hierfür die entsprechenden Schulbücher. Nach meiner Rechtsauffassung müssen diese gestellt werden und ich gehe davon das (sic), dass das Kultusministerium mittlerweile entsprechende Regelungen getroffen hat und ich die Schulbücher spätestens in der nächsten Woche erhalte. Sollte dies nicht der Fall sein, bitte ich um kurzfristige Rücksprache, damit geklärt werden kann, wie eine sachgerechte Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts gesichert werden kann.”
Mit Schreiben vom 27.08.2008 antwortete der Schulleiter, er habe das Anliegen zur weiteren Bearbeitung der B. übersandt; von der Schule könne er leider keine kostenlosen Schulbücher zur Verfügung stellen.
Einer leihweisen Überlassung von Büchern, die im Rahmen des Ausleihsystems finanziert werden, standen nach Überzeugung des Schulleiters Bedenken rechtlicher Art entgegen, die dieser in der Berufungsinstanz folgendermaßen dargestellt hat:
„In unserer Schulbibliothek stehen ausschließlich Schulbücher, die von den Eltern der Schülerinnen und Schüler oder mit den Ausgleichszahlungen des Landes für unsere Schülerinnen und Schüler bezahlt wurden. Ich denke, ich bin nicht befugt, diese Bücher auch den Lehrkräften zur Verfügung zu stellen. In diesem System sind Schulbücher für Lehrkräfte nicht vorgesehen.”
Der Kläger bestellte am 27. oder 28.08.2008 das für den Mathematikunterricht benötigte Lehrbuch im Internet. Es wurde ihm am 29.08.2008 zu einem Preis in Höhe von 14,36 Euro inklusive Versandkosten geliefert. Mit Schreiben vom 09.09.2008 forderte der Kläger von der B. die Erstattung...