Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungsfreies An- und Ablegen einer durch Dienstvereinbarung bestimmten weißen Dienstkleidung eines Krankenpflegers
Leitsatz (amtlich)
Das An und Ablegen einer durch Dienstvereinbarung vorgeschriebenen weißen Dienstkleidung eines Krankenpflegers im Krankenhaus stellt nicht notwendig vergütungspflichtige Arbeitszeit dar.
Normenkette
BGB §§ 611, 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Emden (Entscheidung vom 01.10.2015; Aktenzeichen 2 Ca 5/15) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 01.10.2015 - 2 Ca 5/15 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Vergütung von Umkleide- und Wegezeiten.
Der am 00.00.1960 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 24.03.1984 als Krankenpfleger beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD Anwendung. Bei einer 38,5-Stunden-Woche hat der Kläger nach Entgeltgruppe Kr 7a Stufe 6 im Jahr 2013 ein Bruttomonatsentgelt von 2.980,84 € erhalten. Der Kläger ist stellvertretender Vorsitzender des im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrates. Insgesamt sind geschätzt über 300 Pflegekräfte in dem Krankenhaus beschäftigt.
Im Hause der Beklagten gilt eine "Dienstvereinbarung über das Tragen von Dienst- und Schutzkleidung im Kreiskrankenhaus" vom 05.07.1995 (vgl. Bl. 37 bis 38 d. A. bzw. Anlage K7 zum klägerseitigen Schriftsatz vom 21.05.2015, Bl. 76 d. A.). Diese lautet auszugsweise:
"2. Ausstattung der einzelnen Bereiche mit Dienstkleidung
2.1. Bei der Erstausstattung erhält:
a) das Pflegepersonal (auch Auszubildende)
das weibliche Personal erhält jeweils 6 weiße Kleider bzw. 6 weiße Hosenanzüge, das männliche Personal erhält 6 weiße Hosen und 6 weiße Oberteile.
(...)
3. Tragen von Dienstkleidung
Jede/r Beschäftigte ist verpflichtet während des Dienstes die entsprechende Dienstkleidung zu tragen.
Der Arbeitgeber stellt Umkleideräume und abschließbare Schränke für jede/n Beschäftigten zur Verfügung."
Darüber hinaus gilt im Hause der Beklagten eine "Arbeitsanweisung Personalhygiene" vom 15.02.2008; wegen des Inhalts dieser Arbeitsanweisung im Einzelnen wird auf Bl. 61 bis 62 d. A. Bezug genommen.
Die Dienstkleidung selbst verfügt über keinerlei Beschriftung oder ähnliche Kennzeichen. Das während des Dienstes zu tragende Namensschild ist mittels eines Clips abnehmbar.
Der Kläger macht geltend, im Zeitraum Februar 2013 bis April 2014 infolge des An- und Ablegen der Arbeitskleidung und für die Wegezeiten von der Umkleidestelle zur Arbeitsstelle insgesamt 20 Überstunden geleistet zu haben. Sowohl für das Umkleiden als auch anfallende Wegezeiten vom bzw. zum Umkleideraum legt er zu Beginn und Ende der Schicht jeweils 2 x 3 Minuten = 12 Minuten je Arbeitstag zugrunde. Wegen der Berechnung der Klageforderung im Einzelnen wird auf Seite 2 der Klage sowie die Anlage K6 zum Schriftsatz des Klägers vom einen 20.5.2015 (Bl. 70 bis 75 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger macht geltend, nach den Regelungen der Biostoffverordnung einerseits und den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe 250 (TRBA 250; vgl. Anlage K3, Bl. 25 bis 29 d. A.) anderseits dürfe Schutzkleidung nicht privat getragen werden; kontaminierte Arbeitskleidung sei aber wie Schutzkleidung zu behandeln. Dieselbe Verpflichtung ergebe sich aus der Richtlinie des Robert-Koch-Instituts für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (vgl. Anlage K8 zum Schriftsatz vom 21.05.2015, Bl. 77 bis 79 d. A.) bzw. aus der bei der Beklagten geltenden Arbeitsanweisung Personalhygiene Stand März 2011 (vgl. Bl. 61 bis 62 bzw. Bl. 80 bis 83 d. A.). Der Kläger hat dazu eine Stellungnahme der Firma O. vom 13.03.2014 vorgelegt (Anlage K 4, Bl. 30 d.A.).
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 464,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aus Sicht der Beklagten besteht keine Verpflichtung, die Dienstkleidung im Betrieb der Beklagten an- bzw. abzulegen. Dies ist auch in einem Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten an die Mitarbeiter vom 28.08.2013 dargestellt (Bl. 39 d.A.). Die Beklagte hält dies auch aus Sicht der Krankenhaushygiene für unproblematisch und hat dazu eine Stellungnahme des Arbeitssicherheitsingenieurs vom 05.05.2015 (Anlage zum Schriftsatz vom 13.05.2015, Bl. 60 d.A.) sowie des Krankenhaushygienikers (Bl. 36 d.A.) vorgelegt. Ferner hat die Beklagte unter Hinweis auf die vom Kläger abgezeichneten Stundennachweise (Bl. 44 - 59 d.A.) die vom Kläger vorgetragenen Umkleide- und Wegezeiten bestritten.
Das Arbeitsgericht Emden hat mit Urteil vom 01.10.2015 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung der von ihm vorgetragenen Umkleide- und Wegezeiten. Dies sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur der F...