Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung bei Ablösung der Betriebsvereinbarung durch eine nach Betriebsübergang bei der Erwerberin abgeschlossene Betriebsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Ablösung einer Betriebsvereinbarung durch eine nach dem Betriebsübergang beim Erwerber abgeschlossene Betriebsvereinbarung, Besitzstandswahrung beim Betriebsübergang.
Leitsatz (redaktionell)
1. Regeln mehrere zeitlich aufeinander folgende Betriebsvereinbarungen denselben Gegenstand, gilt das Ablösungsprinzip. Eine neue Betriebsvereinbarung über denselben Regelungsgegenstand löst die Regelungen der älteren Betriebsvereinbarung grundsätzlich auch dann ab, wenn die Neuregelung für die Arbeitnehmerin ungünstiger ist.
2. Ein Vereinheitlichungsinteresse ist grundsätzlich geeignet, einen sachlich-proportionalen Grund im Sinne des Drei-Stufen-Modells zur Ablösung von Versorgungsregelungen darzustellen. Ein Vereinheitlichungsinteresse ist jedoch nur dann geeignet, eine Rechtfertigung für Eingriffe auf der dritten Besitzstandsstufe zu rechtfertigen, wenn die Vereinheitlichung nicht auf das geringste Niveau erfolgt.
3. § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB dient dem Zweck, kollektivrechtlichen Verpflichtungen den Vorrang vor einer Transformation gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB einzuräumen und dadurch die Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen bei der Betriebserwerberin zu erleichtern.
Normenkette
BGB § 613a; BetrAVG § 2; BGB §§ 241-242, 280, 613a Abs. 1 Sätze 1-3; BetrVG § 50 Abs. 1 S. 1, § 75 Abs. 1; UmwG § 324; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 18.11.2016; Aktenzeichen 6 Ca 35/15 B) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 18.11.2016 (Az.: 6 Ca 35/15 B) wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe der der klagenden Partei geschuldeten betrieblichen Altersversorgung.
Die am 00.00.1949 geborene und geschiedene klagende Partei stand vom 18.02.1974 bis zum 31.12.2009 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängern. Vom 18.02.1974 bis zum 17.08.1998 bestand ihr Arbeitsverhältnis zur Überlandwerk N.-H. AG (nachfolgend: ÜNH), einem regionalen Energieversorger. Für Ruhegeldzahlungen und die Hinterbliebenenversorgung war bestimmt, dass diese nach der jeweilig geltenden Betriebsvereinbarung erfolgen sollte.
Die für die Altersversorgung der klagenden Partei zunächst maßgebliche Betriebsvereinbarung über die Gewährung von Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung der Arbeitnehmer der ÜNH vom 01.01.1962 in der Fassung vom 11.03.1983 (ÜNH-BV Ruhegeld 1983) bestimmt u. a.:
§ 3
Als pensionsfähiges Diensteinkommen wird das letzte Monatsbruttoeinkommen ohne Haushalts- und Kinderzulage, Weihnachtsgratifikation und Überstundenvergütung zugrunde gelegt. Darüber hinaus wird dem pensionsfähigen Diensteinkommen 1/12 eines in Satz 1 festgelegten Monatsbruttoeinkommens hinzugerechnet.
Das Ruhegeld beträgt vorbehaltlich der Anrechnung von Renten und sonstigen wiederkehrenden Bezügen aus der Sozialversicherung gemäß § 17 nach 10jähriger Dienstzeit 30 % und steigt in den folgenden 15 Jahren mit jedem zurückgelegten Dienstjahr um 2 % und in den weiteren Jahren in jedem Jahr um 1 % des pensionsfähigen Diensteinkommens bis zum Höchstsatz von 75 %. (...)
(...)
§ 17
I. Das Ruhegeld und das Witwen- und Waisengeld werden, wenn der Versorgungsberechtigte Renten oder sonstige wiederkehrende Bezüge aus der Sozialversicherung erhält, soweit gekürzt, daß
1. das Ruhegeld zuzüglich der Bezüge aus der Sozialversicherung 75 % des pensionsfähigen Diensteinkommens,
(...)
des pensionsfähigen Diensteinkommens nicht übersteigen. (...)
Diese Betriebsvereinbarung wurde zum 01.01.1991 für Mitarbeiter, die bis zum 31.12.1990 in die Dienste der ÜNH eingetreten waren, abgelöst durch die Betriebsvereinbarung Ruhegeldvereinbarung vom 04.06.1991 (nachfolgend: ÜNH-RV). Die ÜNH-RV enthält u. a. folgende Regelungen:
§ 6 Bemessungsgrundlagen der Versorgung
(...)
3. Als monatliches ruhegeldfähiges Diensteinkommen gilt für einen Mitarbeiter mit Eintrittsdatum vor dem 01.05.1983 das letzte Monatsbruttoeinkommen, das er vor dem Ausscheiden bei der ÜNH als Arbeitseinkommen bezogen hat oder auf das er arbeits- oder tarifvertraglichen Anspruch gehabt hätte. Dauerzulagen sind nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus wird dem ruhegeldfähigen Diensteinkommen 1/12 des in Satz 1 und 2 festgelegten Monatsbruttoeinkommens hinzugerechnet.
(...)
6. Als monatliches ruhegeldfähiges Diensteinkommen gilt für Mitarbeiter mit Eintrittsdatum ab dem 01.05.1983 bis Eintrittsdatum 31.12.1990 Ziffer 3 mit Ausnahme des Satzes 3.
Die Ziffern 4. und 5. gelten entsprechend.
§ 7 Höhe der Versorgungsleistungen
1. Ruhegeld
1.1. Das Ruhegeld beträgt unter Anrechnung der in § 8 aufgeführten Leistungen unter Berücksichtigung der Höchstgrenze gemäß Ziffer 1.5 für Mitarbeiter mit Eintrittsdatum vor dem 01.05.1983
nach 10-jähriger ruhegeldfähiger Dienstzeit
30 %
und steigt in den f...