Entscheidungsstichwort (Thema)
Mindestlohn für Feiertags- und Entgeltfortzahlungsstunden. Zahlungsklage einer pädagogischen Mitarbeiterin in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ausnahmeregelung in Satz 2 des § 1 Nr. 2 TV Mindestlohn für pädagogisches Personal greift nur ein, wenn die Einrichtung arbeitszeitlich überwiegend mit der beruflichen Rehabilitation behinderter Menschen befasst ist.
2. Nach dem Lohnausfallprinzip bemisst sich der Feiertagslohn und der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach der Höhe des Mindestlohns gemäß § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn für das pädagogische Personal.
Normenkette
AEG § 2 Nrn. 1-2, §§ 3, 4 Nr. 8, §§ 5, 6 Abs. 9, §§ 7, 8 Abs. 1; EntgFG § 2 Abs. 1; EntgFG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1; SGB IX § 35 Abs. 1 S. 1; TV Mindestlohn für pädagogisches Personal § 1 Nr. 2, §§ 2, 3 Nr. 1; VO über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus und Weiterbildung § 1 S. 2 Fassung: 2012-07-17; EFZG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 1a; AEntG § 2 Nrn. 1-2, §§ 3, 4 Nr. 8, §§ 5, 6 Abs. 9, §§ 7, 8 Abs. 1; SGB III § 117 Abs. 1 Nr. 1a; TV Mindestlohn für pädagogisches Personal § 1 Nr. 2 S. 2, Nr. 3; VO MinArbBedPädPers § 1 S. 1 Hs. 2 Fassung: 2012-07-17, S. 2 Fassung: 2012-07-17
Verfahrensgang
ArbG Hildesheim (Entscheidung vom 04.12.2013; Aktenzeichen 2 Ca 192/13) |
Nachgehend
Tenor
Unter Zurückweisung im Übrigen wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 04.12.2013 - 2 Ca 192/13 - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 720,70 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten seit dem 05.09.2013.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 36 % und die Beklagte zu 64 % zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 58 % und die Beklagte zu 42 % zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob sich das Entgelt der Klägerin aufgrund der Verordnung vom 17.07.2012 (Bl. 78 d. A.) nach dem Tarifvertrag zur Regelung des Mindestlohns für pädagogisches Personal vom 15.11.2011 (im folgenden TV Mindestlohn, Bl. 79 d. A.) richtet, insbesondere auch das Feiertagsentgelt und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Die Klägerin war vom 01.02.2008 bis zum 31.03.2013 bei der Beklagten in deren Betrieb in A-Stadt als pädagogische Mitarbeiterin beschäftigt, zuletzt auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 29.08.2012 (Bl. 4 f. d. A.).
Die Beklagte erbringt in ihrem Betrieb in A-Stadt im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen nach SGB II und III und beschäftigt ihre ca. 50 Arbeitnehmer in diesem Bereich, wobei sie aufgrund des Rahmenvertrags mit der Bundesagentur für Arbeit vom 06.07.2011 (Bl. 80 ff. d. A.) als vergleichbare Einrichtung im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB IX befugt ist, Maßnahmen nach § 102 Abs. 1 Nr. 1a (§ 117 Abs. 1 Nr. 1a SGB III) durchzuführen. Im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit führte sie jedenfalls bis März 2014 eine solche Maßnahme in ihren rollstuhlgerechten Räumen in der M-Straße durch, wobei sie dafür zwei bis drei Arbeitnehmer einsetzte. Die übrigen Maßnahmen, in denen die Klägerin wie die Mehrzahl der Arbeitnehmer eingesetzt sind, führt sie im 500 m entfernten Hauptgebäude durch.
Nachdem die Beklagte mit Aushang vom 03.09.2012 über die verwaltungsgerichtliche Auseinandersetzung über die Wirksamkeit der Verordnung vom 17.07.2012 unterrichtet und mitgeteilt hatte, dass sie, falls sich Widererwarten die Wirksamkeit des Tarifvertrags herausstellen sollte, die Gehälter nachberechnen und Nachzahlungen vornehmen werde, berechnete sie im März 2013 das Gehalt der Klägerin für die Monate August 2012 bis März 2013 auf der Basis des Mindeststundenentgelts von 12,60 € nach, wobei sie jedoch nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und die Urlaubsstunden berücksichtigte, nicht jedoch die Feiertagsstunden (10/12:6,75 Stunden, 12/12:27,75 Stunden, 01/13:7,5 Stunden) und die Entgeltfortzahlungsstunden (10/12:26,75 Stunden, 11/12:33,75 Stunden, 02/13:88 Stunden).
Auf dieser Basis zahlte sie an die Klägerin nach für
August 2012 über das arbeitsvertragliche Gehalt von 1.603,85 € hinaus weitere 396,40 €
Sept. 2012 über das arbeitsvertragliche Gehalt von 1.546,15 € hinaus weitere 142,25 €
Januar 2013 über das arbeitsvertragliche Gehalt von 1.546,15 € hinaus weitere 312,35 €
März 2013 über das arbeitsvertragliche Gehalt von 1.546,15 € hinaus weitere 142,25 €
Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung Bl. 88 d. A. verwiesen.
Mit ihrer am 26.06.2013 eingereichten Klage hat die Klägerin für die Monate August 2012 bis März 2013 das Mindestentgelt auch für das Feiertagsentgelt und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle verlangt und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 1.711,56 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins auf
63,00 € seit dem 01.09.2012
140,74 € seit dem 01.10.2012
406,85 € seit dem 01.11.2012
299,75 € seit dem 01.12.201...