Entscheidungsstichwort (Thema)
Intensivmedizin;. Pflegezulage nach Abs. 1a der Protokollerklärung Nr. 1 zu Abschnitt A der Anlage 1b zum BAT
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff „Einheiten für Intensivmedizin” i. S. d. Protokollerkl. Nr. 3 zum Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT (Angestellte im Pflegedienst) v. 30.06.1989 umfasst einheitlich alle medizinischen Bereiche. Intensivüberwachung allem ist nicht ausreichend, vielmehr muss Intensivbehandlung hinzukommen, jedenfalls möglich sein. Bei Einfügung der Zulagen nach Absatz 1 a) der Protokollerklärung Nr. Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT im Jahre 1990 ist die bestehende Definition der Protokollerklärung Nr. 3 nicht neu umschrieben worden.
Verfahrensgang
ArbG Göttingen (Entscheidung vom 06.08.1999; Aktenzeichen 1 Ca 789/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 6. August 1999 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der unter der Geltung des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) beim beklagten Land seit 1. Februar 1993 als Krankenpfleger auf der Station 1 des Landeskrankenhauses (LKH) G., einer Station des Maßregelvollzuges (§ 63 StGB), und seit 11. November 1998 in der Sicherheitszentrale für die Stationen 1 und 2 beschäftigte Kläger hat mit der Klage Zahlung der Zulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. (1 a) zu Abschnitt A der Anlage 1 b BAT (sogenannte Intensivzulage) für die Monate ab Juni 1996 in Höhe von je 90,– DM verlangt. Er erhält Vergütung nach Vergütungsgruppe Kr. III und eine Zulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. (1) b zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT (sogenannte Psychiatriezulage) in Höhe von 90,– DM monatlich. Die Stationen 1 und 2 befinden sich in einem Hochsicherheitstrakt mit höchstem Sicherheitsstandard.
Ziel der Behandlung der psychisch kranken Straftäter ist deren Heilung oder zumindest die Beseitigung deren Gefährlichkeit. Mit den Mitteln der Psychiatrie soll eine Verhaltensänderung durch Behandlung der psychosozialen Verhaltensgrundlagen herbeigeführt werden. Das Pflegepersonal muss bei Konfrontationen vermittelnd eingreifen. Es muss zuizidgefährdete Patienten und solche, die unberechenbar sind und bei denen mit plötzlichen Gewaltausbrüchen zu rechnen ist, überwachen. Die Arbeit auf den Stationen erfordert einen hohen ärztlichen Aufwand, allerdings steht nach 16:30 Uhr auf den Stationen kein Arzt mehr zur Verfügung, kann aber im Bedarfsfalle aus dem Hauptgebäude der Anstalt herbeigerufen werden, ggfls. müssen auch Polizei und Feuerwehr eingeschaltet werden.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, infolge der Doppelbelastung, nämlich neben der Grund- und Behandlungspflege die Patienten intensiv zu überwachen, zu beobachten, zu betreuen und Eskalationen im Vorfeld zu erkennen und zu verhindern, wozu auch Sitzwachen durchgeführt werden, handelte es sich um Intensivbehandlung i. S. der §§ 1, 3, 4, 6 Psych-PV (Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie vom 18. Dezember 1990, BGBl. 1990 I S. 2930 ff.) und der Anlage 1 Ziff. A2, S2 und G2.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Psych-PV werden Patienten, die einer Krankenhausbehandlung bedürfen, bestimmten Behandlungsbereichen zugeordnet (§§ 4 und 8). Für Erwachsene sind in § 4 Abs. 1 Psych-PV folgende Behandlungsbereiche festgelegt:
A |
= |
Allgemeine Psychiatrie |
S |
= |
Abhängigkeitskranke |
G |
= |
Gerontopsychiatrie |
A2, S2 und G2 betreffen jeweils Intensivbehandlung. Die Intensivbehandlung A2 und S2 ist in der Anlage 1 zu § 4 Abs. 1 Psych-PV „Erläuterungen zu den Behandlungsbereichen in der Erwachsenenpsychiatrie” (BGBl. a.a.O., S. 2935 ff.) wie folgt umschrieben:
1.2 A2 (Intensivbehandlung)
Beim Behandlungsbereich A2 (ebenso S2 und G2) ist in der Spalte „Kranke” das Wort „manifest” zu beachten. Z.B. ist bei Suizidgefahr gemeint, dass der Patient krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, auch nur kurze Zeitstrecken für sich die Verantwortung zu übernehmen, er also eine sehr dichte Betreuung benötigt. Die unter psychisch Kranken weit verbreitete latente Suizidgefahr ist für Behandlungsbereich A2 nicht ausreichend. Manifeste Selbst- oder Fremdgefährlichkeit ist zu bejahen, wenn der Patient nicht bündnisfähig und sein Verhalten nicht vorhersehbar ist.
Die Patienten im Behandlungsbereich A2 sind so schwer krank, dass sie in der Regel einzelfallbezogen behandelt werden müssen. Für den „Intensiv”-Charakter von Behandlungsbereich A2 ist der quantitative pflegerische Betreuungsaufwand für sich nicht ein ausreichendes Kriterium, entscheidend ist der hohe und häufige ärztliche Abstimmungsaufwand in Bezug auf Behandlungsziele und -mittel wegen der unmittelbaren Gefährdung. Der diagnostische und therapeutische Aufwand muss dann auch aus der Dokumentation erkennbar sein, z. B. bei somatischer Vitalgefährdung: Vitalzeichenkontrolle. Ein Hinweis für Behandlungsbereich A2 ist unfreiwillige Behandlung. Der Patient müsste unte...