Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an den Sachgrund der Befristung durch gerichtlichen Vergleich. Befristung. Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Sachgrund. Vergleich. Befristung des Arbeitsverhältnisses durch gerichtlichen Vergleich

 

Leitsatz (amtlich)

Das Bestehen eines offenen Streits der Parteien über die Rechtslage hinsichtlich des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses ist auch dann zu bejahen, wenn die Parteien mit dem gerichtlichen Vergleich den Streit über die Besetzung eines Dienstpostens beenden und der Kläger ein Eilverfahren zur Sicherung der Teilnahme an einem Bewerberauswahlverfahren führt.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8

 

Verfahrensgang

ArbG Wilhelmshaven (Entscheidung vom 14.03.2012; Aktenzeichen 2 Ca 4/12 Ö)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.11.2014; Aktenzeichen 7 AZR 891/12)

 

Tenor

1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 14.03.2012 - 2 Ca 4/12 Ö - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses durch gerichtlichen Vergleich.

Der Kläger war seit dem 29.12.2000 bei der Beklagten auf Grund einer Vielzahl befristeter Arbeitsverträge als Wachmann und Diensthundeführer an unterschiedlichen Standorten, zuletzt im Bereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums A-Stadt und B-Stadt, zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.842,18 € beschäftigt. Es handelt sich im Einzelnen um folgende Verträge:

1. Vertrag vom 29.12.2000 bis zum 28.12.2002: befristet nach § 1 BeschfG

2. Vertrag vom 29.12.2002 bis zum 31.12.2006: Befristung wegen der Unterbringung eines Mitarbeiters nach TVUmbW (Herr C.);

3. Vertrag vom 01.03.2007 bis zum 29.02.2008: Befristung nach § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht Emden vom 22.02.2007;

4. Vertrag vom 01.03.2008 bis zum 28.02.2010: Befristung nach § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG, Befristungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Emden, 2 Ca 627/07;

5. Vertrag vom 01.03.2010 bis zum 28.02.2011: Befristung nach § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG, Befristungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Emden, 2 Ca 501/09;

6. Vertrag Nr. 4: Befristung des im Vergleichswege vor dem Arbeitsgericht Wilhelmshaven abgeschlossenen Vertrages vom 01.03.2011 bis zum 31.12.2011 im Verfahren 1 Ga 1/10.

Die letzten vier Verträge beruhten allesamt auf einem gerichtlichen Vergleich. Vor der im vorliegenden Verfahren zur Überprüfung gestellten Befristung schlossen die Parteien anlässlich einer Bestandschutzstreitigkeit in einer mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Emden den Vergleich gemäß Vertrag zu Ziffer 5, der folgenden Wortlaut hat:

"1. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endet aufgrund Fristablaufes zum 28. Februar 2010.

2. Die Parteien schließen einen befristeten Arbeitsvertrag gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nummer 8 TzBfG als vollbeschäftigte Arbeitnehmer unter Anrechnung von Vordienstzeiten für den Zeitraum vom 1. März 2010 bis zum 28. Februar 2011."

Am 23.12.2009 schrieb das Bundeswehrdienstleistungszentrum B-Stadt mehrere auf den 31.02.2012 befristete Stellen als Wachmann und Diensthundeführer aus. Der Kläger bewarb sich auf einen dieser Dienstposten. Seine Bewerbung wurde nicht berücksichtigt. Hiergegen wandte er sich im Februar 2010 mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (1 Ga 1/10), um der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 Euro verbieten zu lassen, einen der ausgeschriebenen Dienstposten als Wachmann und Diensthundeführer am Standort D-Stadt mit einem anderen Bewerber zu besetzen, bis über seine Bewerbung rechtskräftig entschieden ist. Gleichzeitig führte er ein Hauptsacheverfahren (1 Ca 88/10), in dem er beantragte, die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Arbeitsvertrag über die Besetzung eines Dienstpostens als Wachmann und Diensthundeführer am Standort D-Stadt gemäß der Ausschreibung anzubieten, hilfsweise, das Auswahlverfahren mit ihm fortzusetzen und über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, weiter hilfsweise, für den Fall, dass bereits eine Auswahlentscheidung ergangen ist, festzustellen, dass die zu seinen Ungunsten ausgefallene Auswahlentscheidung rechtswidrig ist.

In der mündlichen Verhandlung des Eilverfahrens verständigten sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht Wilhelmshaven auf einen Vergleich mit folgendem Wortlaut:

1. Die Parteien sind sich dahingehend einig, dass das zwischen ihnen bestehende befristete Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 01.03.2011 bis zum 31.12.2011 zu unveränderten Arbeitsbedingungen befristet fortgesetzt wird.

2. Der Kläger wechselt ab dem 15.03.2010 aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums A-Stadt in den Zuständigkeitsbereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums B-Stadt. Er erbringt zukünftig seine Arbeitsleistung in dem Bereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums B-Stadt.

3. Mit Abschluss di...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge