Entscheidungsstichwort (Thema)
Unanwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen für Haustürgeschäfte auf arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag
Leitsatz (amtlich)
Der arbeitsrechtliche Aufhebungsvertrag kann nicht nach § 312g Abs. 1 BGB vom Arbeitnehmer widerrufen werden.
Normenkette
BGB §§ 105, 123, 142, 310, 312b, 312g, 355, 13, 105 Abs. 2, § 312 Abs. 1, § 312b Abs. 1 Nr. 1, § 312g Abs. 1, § 611a
Verfahrensgang
ArbG Celle (Entscheidung vom 20.09.2016; Aktenzeichen 1 Ca 77/16) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 20. September 2016 - 1 Ca 77/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages und einer Befristungsabrede. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien nebst Anträgen sowie der Würdigung, die jenes Vorbringen dort erfahren hat, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Celle vom 20. September 2016 (Bl. 69 bis 72 d. A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt: Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch Aufhebungsvertrag vom 15. Februar 2016 mit Ablauf jenes Tages beendet worden. Ein Grund zur Anfechtung dieses Vertrages stehe ihr nicht zur Seite. Ihrem Vorbringen, ihr sei mit Kündigung gedroht worden, fehle die erforderliche Substanz. Der Sachvortrag hierzu sei zu pauschal. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die behaupteten Äußerungen eine widerrechtliche Drohung darstellten und ob die Klägerin als Partei zu vernehmen sei. Auch sei nicht glaubhaft, dass die Klägerin, die behaupte, bei Unterzeichnung des Vertrages nicht voll bei Bewusstsein gewesen zu sein, sich im Nachhinein an den genauen Wortlaut der Äußerungen des Lebensgefährten der Beklagten erinnern könne. Dem Sachvortrag der Klägerin sei auch nicht zu entnehmen, dass sie sich bei Vertragsschluss in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden habe. Schließlich könne der Aufhebungsvertrag auch nicht durch Widerruf beseitigt werden. Auch nach der gesetzlichen Neuregelung aus dem Jahre 2014 widerspreche es der Gesetzessystematik, §§ 312 ff. BGB auf arbeitsrechtliche Beendigungsvereinbarungen anzuwenden. Dagegen spreche schon die im Falle fehlende Widerrufsbelehrung über ein Jahr lang laufende Widerrufsfrist; sie lasse sich nicht mit dem allgemeinen Beschleunigungsinteresse arbeitsrechtlicher Beendigungsstreitigkeiten vereinbaren. Weil das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15. Februar 2016 beendet worden sei, bedürfe es keiner Entscheidung darüber, ob die Befristung auf den 29. Februar 2016 wirksam vereinbart sei.
Gegen das ihr am 17. Oktober 2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin am 14. November 2016 Berufung eingelegt und diese am 14. Dezember 2016 begründet.
Die Berufung führt aus: Bei typisierender Betrachtung der im Arbeitsverhältnis bestehenden Interessenlagen und der sich daraus ergebenden Pflicht zur Rücksichtnahme, die auch bei einvernehmlichen Regelungen nicht gänzlich fehlen dürfe, sei dem Arbeitnehmer für in seiner Wohnung geschlossene Aufhebungsverträge ein Widerrufsrecht zuzubilligen. Die gesetzliche Widerrufsfrist stehe dem nicht entgegen. Im Übrigen sei die Klägerin zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages durch die Drohung des Lebensgefährten der Beklagten bestimmt worden, er werde ihr sonst finanzielle Probleme bereiten. Sie habe dann aus Angst vor weiteren Schikanen unterzeichnet, nachdem ihr schon zuvor unberechtigt ein Betrag von 800 Euro für eine leichte Beschädigung des Firmenfahrzeugs in Abzug gebracht worden sei. Zuvor habe die Klägerin trotz bescheinigter Arbeitsunfähigkeit Arbeitsleistung erbracht, weil die Drohung im Raum gestanden habe, dass anderenfalls die Kündigung erfolge. Auch die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei unwirksam, denn eine Befristung auf den 29. Februar 2016 sei weder vereinbart worden noch sei das entsprechende Schreiben der Beklagten der Klägerin zugegangen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Celle abzuändern und
1. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vom 15. Februar 2016 nicht aufgelöst worden ist;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch Befristung auf den 29. Februar 2016 gemäß Schreiben der Beklagten vom 20. Juni 2015 nicht aufgelöst worden ist;
3. die Beklagte zu verurteilen, sie für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1. zu den bisherigen Bedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie behauptet, das Vorbringen der Klägerin zu Äußerungen des Zeugen A. im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages sei frei erfunden. Es sei die Klägerin gewesen, die um den Abschluss des Aufhebungsvertrages gebete...