Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. vorübergehender betrieblicher Bedarf. Befristung bei Ausgliederung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Befristung wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ist gerechtfertigt, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass die von dem befristet eingestellten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten künftig nicht mehr innerhalb der betrieblichen Organisation des Arbeitgebers erledigt werden.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Verden (Aller) (Urteil vom 10.11.2006; Aktenzeichen 1 Ca 291/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des ArbG Verden vom 10.11.2006 – 1 Ca 291/06 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30.06.2006 geendet hat.

Der am 00.00.1974 geborene Kläger war bei der Beklagten aufgrund von vier nahtlos aneinander gereihten befristeten Arbeitsverträgen in der Zeit vom 01.09.2000 bis zum 30.06.2006 als vollbeschäftigter Kraftfahrzeug- und Panzerschlosser beschäftigt und erhielt zuletzt unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 TVöD eine Vergütung in Höhe von 2.130,00 EUR brutto monatlich.

Im letzten Arbeitsvertrag vom 20.12.2005 vereinbarten die Parteien die Anwendbarkeit des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) und als Befristungsgrund:

Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum Erreichen folgenden Zweckes „bis zur Auflösung des regionalen Instandsetzungszentrums S.; längstens bis zum 30.06.2006.”

Die Instandsetzung des H. erfolgte in der Vergangenheit durch militärische Dienststellen. In den drei Systeminstandsetzungszentren (SIZ) des H., die jeweils auf bestimmte Waffensysteme spezialisiert waren, wurden die schwierigsten Instandsetzungen durchgeführt. Daneben existierten regionale Instandsetzungszentren (RIZ), die als selbständige militärische Einheiten jeweils einer Division angegliedert waren, die Truppen dieser Division in einem bestimmten Gebiet zu betreuen hatten. Kommandant eines RIZ war jeweils ein Soldat im Range eines Hauptmanns oder Oberleutnants. Die Instandsetzungsmitarbeiter waren zivile Mitarbeiter. Zu diesen regionalen Instandsetzungszentren gehörte auch die Dienststelle S., in der der Kläger eingesetzt war.

Im Zuge der Umstrukturierung der Bundeswehr entschloss sich die Beklagte nach dem Kabinettsbeschluss vom 14.06.2000, die Aufgabe der Instandsetzungslogistik des H., d. h. die Instandsetzung schweren militärischen Geräts nicht mehr selbst durchzuführen, sondern einem Gemeinschaftsunternehmen zu übertragen. Das Gemeinschaftsunternehmen, an dem der Bund mit 49 % und eine Industrie Holding zu 51 % beteiligt ist, wurde unter der Firma H. GmbH (künftig: H.) am 23.03.2005 gegründet. Der Vertrag der Beklagten mit der H. vom 16.02.2005 sieht in § 1 vor, der H. die kooperative Planung und Steuerung sowie die Durchführung aller Materialerhaltungsmaßnahmen in den Materialerhaltungsstufen 2 bis 4 sowie die Depotinstandsetzung für definierte Landsysteme im Verantwortungsbereich des Inspekteurs des H. zu übertragen.

§ 15 des Vertrages hat folgenden Wortlaut:

PERSONAL

(1) Der Auftraggeber stellt dem Auftragnehmer das bei Vertragsabschluss mit den auf die H. übergehenden Aufgaben betraute zivile Personal gemäß § 24 1.1.1 bb) bei. Die Einzelheiten der Personalbeistellung werden in einem gesonderten Vertrag geregelt, der als Anlage 6a Bestandteil dieses Vertrages ist.

In § 4 des Beistellungsvertrages heißt es:

Direktionsrecht, Weisungsbefugnis, Mitwirkungspflichten

(1) Zur Erbringung der im Leistungsvertrag vergebenen Leistungen überträgt der Bund dem Auftragnehmer das fachliche Weisungsrecht des Arbeitgebers über die ihm beigestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hinsichtlich der Arbeitspflicht zur Ausführung der übertragenen Aufgaben und des Verhaltens am Arbeitsplatz.

Die Personalbeistellung hat ihre Grundlage in § 13 des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen in Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18.07.2001, in dem es heißt:

Arbeitnehmer, die unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 beim Arbeitgeber Bund verbleiben, sind verpflichtet, die im Rahmen ihres Arbeitsvertrages geschuldeten Arbeitsleistung auf Verlangen des Arbeitgebers bei dem Dritten zu erbringen (Personalgestellung).

Zur Übernahme der Instandsetzungsaufgabe baute die H. eine eigene Organisation auf. Sie besteht aus einer Zentrale für die Bereiche Technik und Logistik, darunter 11 Niederlassungen mit regionaler Zuständigkeit, die ihrerseits Stützpunkte für Instandsetzungsleistungen unterhalten. Der Bereich 13, der nach der alten Struktur einen Teil des RIZ der 1. Panzerdivision umfasste, bestand vor der Vergabe der Instandsetzungsaufgabe aus den regionalen Instandsetzungszentren S., D., M., C. und N. Die H. gründete für diesen Bereich einen Niederlassung in M., die Stützp...

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