Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf Privatnutzung
Leitsatz (amtlich)
Eine Vertragsklausel, die nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses und Freistellung von der Arbeitsleistung den sofortigen entschädigungslosen Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens vorsieht, ist unwirksam. Zu verlangen ist die Vereinbarung einer Ankündigungsfrist, die mindestens vier Wochen betragen sollte.
Normenkette
BGB §§ 307, 308 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 16.02.2010; Aktenzeichen 1 Ca 474/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 16.02.2010, 1 Ca 474/09, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 206,80 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens waren Ansprüche der Klägerin auf Urlaubsabgeltung für 1 Urlaubstag (106,13 EUR), auf Berichtigung eines erteilten Zeugnisses und auf Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 206,80 EUR für den Entzug der Privatnutzung des überlassenen Dienstwagens während der Kündigungsfrist. Nachdem das Arbeitsgericht den Anspruch auf Urlaubsabgeltung rechtskräftig abgewiesen hat und der Antrag auf Zeugnisberichtigung durch Teil-Vergleich im Berufungsverfahren erledigt ist, ist Gegenstand des vorliegenden Urteils allein der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für die entzogene Privatnutzung.
Die Beklagte betreibt Arbeitnehmerüberlassung, die Klägerin war aufgrund des Anstellungsvertrages vom 19.12.2007 (Bl. 17 ff. d.A.) vom 07.01.2008 bis zum 30.06.2009 als Personal- und Vertriebsdisponentin beschäftigt, Bruttomonatsentgelt 2.300,– EUR. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund ordentlicher Kündigung der Klägerin zum 30.06.2009. Nach Ausspruch der Kündigung stellte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 02.06.2009 von der Arbeit frei und forderte Herausgabe des Firmen-PKW. Rückgabe des Dienstwagens erfolgte am 09.06.2009.
Im Arbeitsvertrag ist in § 2 Nr. 3. geregelt, dass die Beklagte im Falle einer Kündigung zur Freistellung berechtigt ist. Der von den Parteien abgeschlossene Dienstwagenvertrag vom 01.02.2008 (Bl. 31 ff. d.A.) enthält in § 7 folgenden Widerrufsvorbehalt:
Der Arbeitgeber behält sich vor, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der PKW für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Im Falle der Ausübung des Widerrufs durch den Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, eine Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz zu verlangen.
In der Juni-Abrechnung 2009 (Bl. 29 d.A.) hat die Beklagte die Kfz-Nutzung mit 1 % des Listenpreises gleich 277,– EUR berücksichtigt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der vorzeitige Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens begründe einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung, nämlich in Höhe von 206,80 EUR. Der Widerrufsvorbehalt in § 7 des Dienstwagenvertrages stehe dem Anspruch nicht entgegen. Diese Regelung benachteilige die Klägerin unangemessen und sei deshalb nach §§ 307, 308 BGB unwirksam.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 106,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2009 zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, ihr das am 30.06.2009 erteilte Zeugnis im Rahmen der Tätigkeitsbeschreibung wie folgt zu ergänzen:
- „Steuerung und Entwicklung der Niederlassung
- Steuerung der Aktivitäten und Umsetzung der Unternehmensziele nach erfolgs- und ergebnisorientierten Gesichtspunkten
- Personelle und administrative Leitung der Geschäftsstelle als Profitcenter
- Umsetzung der Unternehmenspolitik in erfolgsversprechende regionale Maßnahmen
- Weiterentwicklung der Geschäftstätigkeit
- Planung und Realisierung der Ziele der Geschäftsstelle
- Akquisitorische Bearbeitung des regionalen Marktes
- Auswahl, Einstellung und Disposition der Zeitarbeitnehmer
- Disziplinarische Verantwortung der externen Mitarbeiter
- Führung/Einarbeitung der internen Mitarbeiter.”
- die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von kalendertäglich 9,40 EUR brutto für den Zeitraum vom 09.06. – 30.06.2009, insgesamt somit 206,80 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von täglich 9,40 EUR ab dem 09.06. – 30.06.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe zu Recht den Widerrufsvorbehalt in § 7 des Dienstwagenvertrages ausgeübt, nachdem die Klägerin entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nach Ausspruch der Kündigung von der Arbeit freigestellt worden sei.
Das Arbeitsge...