Leitsatz (amtlich)

Die Eingruppierung eines Sozialpädagogen als Leiter einer Kindertagesstätte für Kinder oder Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten setzt voraus, daß die wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten vergleichbar sind mit wesentlichen Behinderungen gemäß § 39 Abs. 1 BSHG und damit ein Maß erreichen, das bei dem einzelnen Kind einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung begründet gemäß §§ 27 ff KJHG. Der Kläger hat deshalb vorzutragen, daß ein Grad erreicht sein muß, der bei den zu betreuenden Kindern eine Eingliederung in die Gesellschaft gefährdet oder überhaupt eine Eingliederung kaum möglich macht.

 

Normenkette

BMT-AW II § 22; TV über Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II § 2 Teil I B

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Urteil vom 29.09.1992; Aktenzeichen 1 Ca 192/92)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 06.03.1996; Aktenzeichen 4 AZR 671/94)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 29.09.1992, Az.; 1 Ca 192/92 E, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der Klage weitere Vergütungszahlungen für den Zeitraum vom 01.01.1991 bis 30.06.1991 mit der Begründung, er sei nach einer höheren Vergütungsgruppe einzugruppieren.

Der am … geborene Kläger war in der Zeit vom 01.10.1989 bis 31.03.1993 bei dem Beklagten als Kindertagesstättenleiter in der Kindertagesstätte … beschäftigt. Er besitzt eine Ausbildung als Sozialpädagoge.

Die Beschäftigung erfolgt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 30.10.1989. Wegen des Inhalts wird auf diesen (Bl. 9/10 d.A.) verwiesen.

Der Kläger ist derzeit eingruppiert in der Gehaltsgruppe IV b des Bundesmanteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (BMT – AW II) vom 01.11.1977 in der Fassung des letzten Änderungstarifvertrages vom 14.05.1991 sowie auf der Grundlage des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt vom 01.11.1977, zuletzt geändert durch Tarifvertrag vom 28.05.1991.

Gemäß dem Tarifvertrag erhielt der Kläger ein Grundgehalt nach Vergütungsgruppe IV b in Höhe von DM 3.102,56 brutto. Das Grundgehalt nach Vergütungsgruppe IV a betrug im streitbefangenen Zeitraum 3.513,09 DM.

Die Differenz zwischen diesen beiden Vergütungsgruppen macht der Kläger mit der Klage für den Zeitraum vom 01.01.1991 bis 30.06.1991 geltend.

Die Kindertagesstätte des Beklagten in … liegt in einem sozialen Brennpunkt mit einem überproportionalen Anteil von Aussiedler- und Ausländerkindern. Der Stadtteil hat eine besondere soziale Situation. In diesem Stadtteil befinden sich außer der Kindertagesstätte des Beklagten die Einrichtung der Gemeinde sowie der

Aufgrund der besonderen sozialen Situation haben sich verschiedene Personen bzw. Gremien mit der Struktur und der Problematik der Kinderbetreuung beschäftigt. Bezüglich der Verbesserungsvorschläge für die Arbeitssituation in … Einrichtungen von … der Maßnahmen der Regionalkonferenz Süd des Beklagten sowie der Arbeitsgemeinschaft der Träger … wird auf den hier zugeführten Schriftverkehr verwiesen (Bl. 11–30 d.A.).

Mit betroffen ist hiervon auch eine Kindertagesstätte des …

Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten seine Höhergruppierung geltend gemacht. Der Beklagte hat diese Höhergruppierung mit Schreiben vom 12.11.1991 (Bl. 8 d.A.) abgelehnt.

In der Kindertagesstätte des Beklagten wurden im letzten Quartal 1990 vormittags durchschnittlich 65,67 Kinder, nachmittags 33,33 Kinder und ganztags 20,67 Kinder betreut.

Aufgrund der besonderen sozialen Situation erhielt die Kindertagesstätte des Beklagten ab 08.01.1991 eine zusätzliche Erzieherin, wie auch im übrigen die übrigen Kindertagesstätten im Stadtteil. Ab 01.08.1992 wurde ein sogenannter Therapeutenpool gebildet, der besetzt wurde mit Mitarbeitern, die sich insbesondere auf dem Gebiet der Heilpädagogik, Logopädie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Ergotherapie sowie Pädagogik ausgebildet hatten. Dieser Therapeutenpool wurde nicht einer bestimmten Kindertagesstätte zugewiesen, er war vielmehr zuständig für die Kinder im Stadtteil. Die Parteien streiten darüber, ob sich dieses nur auf die Kinder in den Kindertagesstätten oder auf sämtliche Kinder des Stadtteiles bezog.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß von einer Durchschnittsbelegung der Kindertagesstätte mit ca. 100 Plätzen auszugehen sei.

Darüber hinaus handele es sich um eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten. In der Kindertagesstätte sei eine hohe Zahl entwicklungsverzögerter, auffälliger und therapiebedürftiger Kinder mit psychosozialen Störungen vorhanden.

Eine Unterscheidung zwischen behinderten und auffälligen Kindern könne nicht gemacht werden. Mit der besonderen Situation sei ein Regelkindergarten grundsätzlich über fordert. Eine hinreichende Förderung/Therapie aller auffälligen Kinder sei nicht zu leisten. Die wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten ergäben sich daraus, daß ein hoher Anteil von Aussiedlerk...

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