Verfahrensgang
ArbG Göttingen (Urteil vom 27.05.1994; Aktenzeichen 3 Ca 723/93) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 27. Mai 1994 – 3 Ca 723/93 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Fortbestehen ihres Arbeitsverhältnisses über den 31. Dezember 1993 hinaus.
Der Kläger war vom 12.04.1983 bis zum 31.07.1990 bei der Beklagten als Lagerist tätig. Aufgrund einer Berufskrankheit unterzog er sich einer Umschulungsmaßnahme zum Industriekaufmann auf der Grundlage des Umschulungsvertrages vom 07. März 1990 (Bl. 5 bis 9 d. A.) im Betrieb der Beklagten. Am 17. Juni 1993 bestand der Kläger die Abschlußprüfung. Mit Vertrag vom gleichen Tage (Bl. 11 d. A.) vereinbarten die Parteien mit Wirkung ab 18. Juni 1993 einen bis zum 31. Dezember 1993 befristeten Arbeitsvertrag, in dem es in der Spalte „Grund der befristeten Beschäftigung” heißt: „Gemäß Beschäftigungsförderungsgesetz”.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Durch dieses Urteil vom 27.05.1994 hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Göttingen die Klage abgewiesen, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sowie den Streitwert auf 9.411,– DM festgesetzt. Wegen der Einzelheiten im übrigen wird auf die Entscheidungsgründe wiederum Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Feststellungsbegehren nach näherer Maßgabe seiner Berufungsbegründung vom 15.08.1994 weiter.
Der Kläger beantragt nunmehr,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. Dezember 1993 hinaus fortbesteht.
Demgegenüber beantragt die Beklagte,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 05.10.1994.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist mit dem 31. Dezember 1993 beendet worden. Ihre auf diesen Tag bezogene Befristungsabrede ist wirksam. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeschFG 1985.
Nach dieser Vorschrift ist es zulässig, einen Arbeitsvertrag bis zur Dauer von 18 Monaten zu befristen, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluß an die Berufsausbildung nur vorübergehend weiterbeschäftigt werden kann, weil kein Arbeitsplatz für einen unbefristet einzustellenden Arbeitnehmer zur Verfügung steht. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Daß zum damaligen Zeitpunkt kein Arbeitsplatz für einen unbefristet einzustellenden Arbeitnehmer vorhanden gewesen ist, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Auf diesen Umstand ist der Kläger im übrigen von der Beklagten auch bereits mit Schreiben vom 07.05.1993 hingewiesen worden (Bl. 10 d. A.).
Im übrigen handelt es sich bei der Umschulung des Klägers bis zum 17.06.1993 – einzig hierauf bezieht sich der Streit der Parteien – um eine Berufsausbildung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeschFG. Die Umschulung erfüllt zwar nicht die Anforderungen an ein Berufsausbildungsverhältnis im Sinne von § 1 Abs. 2 BBiG. Für die Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeschFG 1985 sind jedoch die Begriffsbestimmungen des BBiG nicht maßgebend. Diese gelten nur für den Bereich des BBiG selbst. Für andere Gesetze muß jeweils entsprechend ihrer Zwecksetzung gesondert geprüft werden, welcher Bedeutungsgehalt einem Begriff zukommt. Konsequenterweise hat das BAG sowohl zu § 5 Abs. 1 BetrVG als auch zu § 78 a BetrVG entschieden, daß der Begriff der Berufsausbildung in diesen Vorschriften weiter gefaßt sei als im BBiG (vgl. BAG AP Nr. 10 zu § 78 a BetrVG 1972). In gleicher Weise ist der Begriff der Berufsausbildung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeschFG 1985 entsprechend weiter zu verstehen als in § 1 Abs. 2 BBiG (so BAG, Urteil vom 22.06.1994 – 7 AZR 469/93 –, EzA § 1 BeschFG 1985 Nr. 13). Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeschFG 1985 verfolgt insbesondere den Zweck, die Arbeitgeber angesichts der besonders bedrohlichen Jugendarbeitslosigkeit zu ermuntern, mehr auszubilden, als für den eigenen Nachwuchs erforderlich ist. In bezug auf diese Zwecksetzung sind die Unterschiede zwischen einem Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des § 1 Abs. 2 BBiG und einem Umschulungsverhältnis (vgl. § 1 Abs. 4 BBiG) unerheblich.
Hieraus folgt, daß die Befristungsabrede der Parteien rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Zulassung der Revision auf § 72 Abs. 2 ArbGG.
Fundstellen