Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der Verzugspauschale gem. § 288 Abs. 5 BGB bei geringfügiger Hauptforderung
Leitsatz (amtlich)
§ 288 Abs. 5 BGB findet auch im Arbeitsrecht Anwendung. Eine Bereichsausnahme für arbeitsrechtliche Forderungen hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.
Die volle Verzugspauschle darf auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer äußerst geringfügigen, den Verzug begründenden Hauptforderung reduziert werden.
Normenkette
BGB § 288 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 02.11.2016; Aktenzeichen 3 Ca 223/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 02.11.2016 - 3 Ca 223/16 - abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt -zusätzlich zu den bereits ausgeurteilten Beträgen- an die Klägerin eine Verzugspauschale in Höhe von 40,00 € netto für Juli 2016 und 40,00 € netto für August 2016 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklage zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund eines Schuldnerverzuges die Verzugspauschale zu zahlen.
Die Beklagte betreibt ein Gebäudereiniger-Handwerk, dort ist die Klägerin als Reinigungskraft beschäftigt. Ursprünglich haben die Parteien darüber gestritten, in welcher Weise die Beklagte der Klägerin monatlich die Lohnabrechnung zur Verfügung stellen muss. Sie übersandte ihr monatliche Vergütungsabrechnungen per Post und behielt die Portokosten - 70 ct. pro Monat - vom monatlichen Nettolohn der Klägerin ein. Die Klägerin hat die einbehaltenen Vergütungsbestandteile erstinstanzlich geltend gemacht und zusätzlich für die Monate Juli und August 2016 die Verzugspauschale von jeweils 40,00 EUR.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (dort Bl. 2 bis 4 desselben, Bl. 33 u. 34 der Gerichtsakte) verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 02.11.2016 die Beklagte verurteilt, die monatlich einbehaltenen 70 ct. an die Klägerin auszuzahlen und im Übrigen - die Verzugspauschale betreffend - die Klage abgewiesen. Es hat für beide Parteien die Berufung zugelassen. Wegen der genauen Einzelheiten der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (dort Bl. 4 bis 8 desselben, Blatt 34 u. 36 der Gerichtsakte) verwiesen.
Dieses Urteil ist der Klägerin am 24.11.2016 zugestellt worden. Mit einem am 16.12.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat sie Berufung eingelegt und diese mit einem am 14.02.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 24.01.2017 die Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum 10.03.2017 verlängert hatte.
Die Beklagte ihrerseits hat keine Berufung eingelegt.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin in vollem Umfang das erstinstanzliche Klageziel weiter. Sie vertritt die Auffassung, die Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts, nach der § 12 a ArbGG eine spezialgesetzliche Ausnahmeregelung darstelle, welche die Norm des § 288 Abs. 5 BGB für den Bereich des Arbeitsrechts in ihrem Anwendungsbereich verdränge, sei nicht überzeugend. Diese Vorschrift sei auch im Arbeitsrecht anwendbar, da keine Bereichsausnahme vorliege. Der Wortlaut, die Systematik und der Sinn und Zweck sprächen für diese Auffassung.
Die Klägerin beantragt,
auf ihre Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 02.11.2016, Aktenzeichen 3 Ca 233/16 abzuändern
und
die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Monat Juli 2016 eine Verzugspauschale in Höhe von 40,00 EUR netto zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Monat August 2016 eine Verzugspauschale in Höhe von 40,00 EUR netto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 13.02. und 08.03.2017 verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO). Die Berufungszulassung durch das Arbeitsgericht ist für das Landesarbeitsgericht gem. § 64 IV ArbGG bindend.
B.
Die Berufung ist auch begründet. Der Klägerin stehen für die Kalendermonate Juli und August 2016 die Verzugspauschale in Höhe von jeweils 40,00 EUR gemäß § 288 Abs. 5 BGB zu.
I.
§ 288 Abs. 5 BGB findet vorliegend Anwendung. Dies folgt aus der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 34 EG BGB. Danach ist diese Vorschrift auf ein vor dem 29.07.2014 entstandenes Dauerschuldverhältnis anzuwenden, soweit die Gegenleistung nach dem 30.06.2016 erbracht wird, was vorliegend der Fall ist.
II.
Auch die Grundvoraussetzung des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB ist vorliegend erfüllt. Denn die Beklagte befand sich in den beiden streitgegenständlichen Monaten mit einem Teil des von ihr zu zahlenden Arbeitsentgelts, nämlich mit 70 ct. pro Monat im Schuldnerv...