Entscheidungsstichwort (Thema)
Formularmäßige Ausschlussfrist für Ansprüche des Arbeitgebers wegen Haftung aus vorsätzlicher Pflichtverletzung. Unbegründete Schadensersatzklage eines Busunternehmens gegen einen Busfahrer wegen vereinnahmter Fahrgelder bei verspäteter Geltendmachung der Ansprüche
Leitsatz (amtlich)
Die in einem Formulararbeitsvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingung enthaltene Ausschlussfrist von drei Monaten für "alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" erfasst neben vertraglichen Schadensersatzansprüchen auch Ansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer wegen Haftung aus vorsätzlicher Pflichtverletzung (entgegen BAG, 20. Juni 2013, 8 AZR 280/12).
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 202 Abs. 1, § 307 Abs. 1 S. 1, §§ 823, 309 Nr. 7, § 280 Abs. 1, § 306 Abs. 2, § 310 Abs. 3 Nr. 2, §§ 611a, 667, 832 Abs. 2; StGB § 266
Verfahrensgang
ArbG Nienburg (Entscheidung vom 08.12.2016; Aktenzeichen 2 Ca 101/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 8. Dezember 2016 - 2 Ca 101/16 - wird auf seine Kosten zurück- gewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.349,05 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung vereinnahmter Fahrgelder.
Der Kläger betreibt einen Busbetrieb. Der Beklagte war bei dem Kläger von August 2013 bis November 2013 sowie von Januar 2014 bis März 2015 als Busfahrer beschäftigt.
Den Arbeitsverhältnissen lagen die Arbeitsverträge vom 2. August 2013 (Bl. 128 f. d. A.) und vom 1. Juni 2014 (Bl. 133 f. d. A.) zugrunde. Darin heißt es jeweils u.a.:
"...
14. Ausschlußklausel
Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind von den Vertragspartnern innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch innerhalb von drei Monaten nach der Beendigung schriftlich geltend zu machen, andernfalls sind sie erloschen. Bleibt die Geltendmachung erfolglos, erlöschen sie, wenn der Anspruch nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird.
..."
In einer von dem Beklagten unterzeichneten Bestätigung vom 11. November 2013 heißt es u.a. (Bl. 48 d. A.):
"... Ich habe am heutigen Tage die Sparkassenkarte mit der Nummer 14213 erhalten. Ich verpflichte mich täglich meine gesamten Fahrgeldeinnahmen auf das Konto der Stadtbusgesellschaft einzuzahlen. Mit ist bekannt, das eine nicht pünktliche Einzahlung als Unterschlagung gewertet wird und ohne weitere Vorankündigung strafrechtlich verfolgt wird. Sofort nach erfolgter Einzahlung senden Sie eine SMS mit Namen und Einzahlungsbetrag und Kalenderwoche an 0176-31793864. Die Quittung bitte im Stadtbüro kopieren lassen und das Original sorgfältig aufbewahren...."
In dem Zeitraum August 2013 bis November 2013 vereinnahmte der Beklagte Fahrgelder in folgender Höhe:
August 2013: 3.048,70 Euro
September 2013: 4.997,80 Euro
Oktober 2013: 2.166,20 Euro
November 2013: 2.188,90 Euro.
Von den vereinnahmten Fahrgeldern führte der Beklagte folgende Beträge an die ihm vom Kläger benannte Stelle ab:
August 2013: 70,00 Euro
September 2013: 385,00 Euro.
Der Lohnanspruch des Klägers betrug in diesem Zeitraum ausweislich der zu den Akten gereichten Abrechnungen (Bl. 36 f. d. A.):
August 2013: 1.431,29 Euro
September 2013: 1.557,00 Euro
Oktober 2013: 1.529,83 Euro
November 2013: 826,48 Euro.
In dem Zeitraum Juli 2014 bis März 2015 vereinnahmte der Beklagte Fahrgelder in folgender Höhe (Bl. 3 d. A.):
Juli 2014: 623,90 Euro
August 2014: 897,70 Euro
September 2014: 1.522,40 Euro
Oktober 2014: 1.800,70 Euro
November 2014: 851,50 Euro
Dezember 2014: 1.698,00 Euro
Januar 2015: 2.640,60 Euro
Februar 2015: 2.881,80 Euro
März 2015: 974,90 Euro.
In dem Zeitraum vom Januar 2014 bis März 2015 betrug der Lohnanspruch des Beklagten ausweislich einer vom Kläger zu den Akten gereichten Aufstellung (Bl. 3 d. A.) sowie ausweislich der zu den Akten gereichten Abrechnungen vom Juli 2014 bis März 2015 (Bl. 39 f. d. A.):
Januar 2014: 70,23 Euro
Februar 2014: 50,99 Euro
März 2014: 677,50 Euro
April 2014: 724,13 Euro
Mai 2014: 656,97 Euro
Juni 2014: 677,50 Euro
Juli 2014: 855,90 Euro
August 2014: 1.142,14 Euro
September 2014: 1.018,79 Euro
Oktober 2014: 1.169,46 Euro
November 2014: 453,04 Euro
Dezember 2014: 1.108,31 Euro.
Januar 2015: 1.061,71 Euro
Februar 2015: 1.065,42 Euro
März 2015: 448,12 Euro.
Während des Bestandes der beiden Arbeitsverhältnisse zahlte der Kläger dem Beklagten seinen Nettoverdienst nicht aus. Vielmehr durfte der Beklagte den Nettolohn von den vereinnahmten Fahrgeldern einbehalten.
Mit seiner am 29. Februar 2016 beim Arbeitsgericht Nienburg eingegangenen Klage begehrt der Kläger - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - von dem Beklagten die Zahlung von 13.349,05 Euro. Er hat behauptet, der Beklagte habe von ihm vereinnahmte Fahrgelder in vorgenannter Höhe nicht an ihn ausgezahlt, sondern einbehalten. Er hat die Auffassung vertreten, die in den Arbeitsverträgen vereinbarte Ausschlussklausel finde keine Anwendung, weil es s...