Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Voraussetzungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Leitsatz (amtlich)
1. Die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen der § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG trifft den Arbeitnehmer.
2. Macht der Arbeitnehmer bei wiederholter Arbeitsunfähigkeit einen Entgeltfortzahlungsanspruch aufgrund neuer Erkrankung geltend, trifft ihn auch die Darlegungs- und Beweislast für das Ende der vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit.
Normenkette
EFZG § 3
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Entscheidung vom 07.03.2018; Aktenzeichen 11 Ca 378/17) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 7. März 2018 - 11 Ca 378/17 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Die Klägerin verlangt für sechs Wochen vom 19. Mai bis einschließlich 29. Juni 2017 Entgeltfortzahlung in Höhe von 3.364,90 € brutto. Die Klägerin, die gelernte Krankenschwester ist, war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit 2001 als Pflegefachkraft tätig. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Eigenkündigung der Klägerin zum 31. Juli 2017. Seit dem 1. August 2017 befindet sich die Klägerin in Rente.
Die Klägerin war vom 9. bis 25. Januar 2017 arbeitsunfähig erkrankt. Vom 26. Januar bis 6. Februar 2017 befand sie sich im Urlaub. Vom 7. Februar bis jedenfalls zum 18. Mai 2017 war die Klägerin wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig. Am 27. März 2017 fand eine probatorische Sitzung der Klägerin bei Dr. O. statt. Ab dem 30. März 2017 hatte die Klägerin wegen der psychischen Erkrankung Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ihrer Hausartzpraxis Dr. E./G. erhalten. Am Freitag, den 5. Mai 2017 attestierte die Zeugin G. der Klägerin letztmalig mit einer Folgebescheinigung eine Arbeitsunfähigkeit wegen der psychischen Erkrankung bis zum Donnerstag, den 18. Mai 2017. Am Freitag, den 19. Mai 2017 wurde die Klägerin wegen einer Gebärmuttersenkung operiert. Unter dem 18. Mai 2017 ("festgestellt am") hatte die Frauenärztin, die Zeugin Dr. F., der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Erstbescheinigung wegen einer Gebärmuttersenkung ausgestellt. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nannte als Beginn der Arbeitsunfähigkeit den 19. Mai 2017 und als deren voraussichtliches Ende den 16. Juni 2017. Später attestierte die Zeugin Dr. F. der Klägerin im Wege einer Folgebescheinigung eine weitere Arbeitsunfähigkeit bis zum 30. Juni 2017. Wegen der psychischen Erkrankung wurde der Klägerin unter dem 15. März 2017 Citalopram verschrieben. Bereits zuvor hatte die Frauenärztin, die Zeugin Dr. F., der Klägerin wegen der psychischen Erkrankung Opipramol verschrieben. Die Medikamente nahm die Klägerin ein.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2017 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2017. Im Zeitraum vom 1. Juli bis einschließlich 31. Juli 2017 war die Klägerin - wie von ihr mit der Pflegedienstleitung der Beklagten abgesprochen - unter Anrechnung von Urlaub und Überstunden unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt.
Nachdem die Klägerin zunächst auf einen Platz für eine Psychotherapie warten musste, begann sie ab etwa Juli 2017 eine Psychotherapie bei dem Neurologen Dr. von H.. Dieser verschrieb der Klägerin ebenfalls Citalopram, was die Klägerin einnahm. Bei dem Neurologen stellte sich die Klägerin einmal im Vierteljahr vor. Inzwischen ist die Behandlung beendet, und die Medikamente sind abgesetzt.
Für den Zeitraum vom 19. Mai bis einschließlich 30. Juni 2017 erhielt die Klägerin weder Entgeltfortzahlung noch Krankengeld. Auch auf Aufforderung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31. August 2017 unter Fristsetzung zum 7. September 2017 leistete die Beklagte nicht.
Mit ihrer der Beklagten am 14. September 2017 zugestellten Klage verlangt die Klägerin Entgeltfortzahlung für sechs Wochen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei ab dem 19. Mai 2017 aufgrund einer neuen Krankheit arbeitsunfähig gewesen. Die Arbeitsunfähigkeit wegen der psychischen Erkrankung sei am 18. Mai 2017 beendet gewesen. Die Arbeitsunfähigkeit wegen der gynäkologischen Erkrankung sei erst am 19. Mai 2017 durch die Operation eingetreten. Zuvor sei sie wegen der Gebärmuttersenkung nicht arbeitsunfähig gewesen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 18. Mai 2017 sei von ihrer Frauenärztin im Vorgriff auf die Operation ausgestellt worden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 19. Mai 2017 bis 30. Juni 2017 Entgeltfortzahlung in Höhe von 3.364,90 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. September 2017 sowie eine Schadenspauschale von 40,00 € zu leisten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf eine Einheit de...