Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichstellungsabrede
Leitsatz (amtlich)
Die von dem Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze zur Auslegung einer vertraglichen Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede gelten nicht, wenn der Arbeitgeber bezüglich der in Bezug genommenen Tarifverträge nicht tarifgebunden ist, sondern einen Anerkennungstarifvertrag (Firmentarifvertrag) abgeschlossen hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die vertragliche Bezugnahmeklausel nicht vollständig die Tarifverträge umfasst, die der Anerkennungstarifvertrag betrifft.
Normenkette
TVG § 1; BGB § 305c
Verfahrensgang
ArbG Verden (Aller) (Urteil vom 19.02.2004; Aktenzeichen 2 Ca 739/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Verden vom 19.02.2004 – 2 Ca 739/03, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis die Bedingungen der Mantel- und Lohntarifverträge der Niedersächsischen Metallindustrie in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden.
Der 1963 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger ist seit 1982 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen als Schlosser beschäftigt. Er ist Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Arbeitsvertrag vom 16.11.1984 (Bl. 9, 10 der Akte) Anwendung, der u. a. folgende Regelung enthält:
Im Übrigen gelten die gültigen Mantel – und Lohntarifverträge für die Arbeitnehmer der Niedersächsischen Metallindustrie.
Die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten waren seit dem 30.10.1959 durch Anerkennungstarifverträge an die Tarifverträge der Niedersächsischen Metallindustrie gebunden. Zuletzt wurde der Anerkennungstarifvertrag vom 06.02.1996 geschlossen, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 33 bis 35 der Akte). Zu diesem Tarifvertrag wurde am 26.09.1996 ein Änderungstarifvertrag abgeschlossen, auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 36 bis 39 der Akte).
Mit Schreiben vom 11.09.1997 (Bl. 40 der Akte) kündigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Anerkennungstarifvertrag vom 15.02.1996 fristgemäß zum 31.12.1997. Weitere Anerkennungstarifverträge wurden in der Folgezeit nicht geschlossen. Die Beklagte ist wie ihre Rechtsvorgängerinnen im Übrigen nicht tarifgebunden.
Anlässlich des Betriebsübergangs auf die Beklagte wurde am 13.07.1999 eine Betriebsvereinbarung geschlossen (Bl. 55 bis 58 der Akte), in der u. a. ausgeführt ist, dass sich die Parteien einig sind, dass tarifliche Bestimmungen unverändert für die übergegangenen Arbeitsverhältnisse … weitergelten; dies gelte insbesondere auch für tarifliche Ansprüche der Arbeitnehmer, die im Wege der Nachwirkung aus dem zum 31.12.1997 gekündigten Tarifvertrag … gelten.
Zwischen den Parteien besteht seitdem Streit darüber, ob insbesondere die nach 1997 in der Niedersächsischen Metallindustrie abgeschlossenen Lohntarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.
Für die Zeit bis zum 28.02.2002 schlossen die Parteien hierüber vor dem Arbeitsgericht Verden einen Vergleich, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 42, 43 der Akte).
Mit Wirkung zum 01.03.2002 wurde für die Beschäftigten in der Niedersächsischen Metallindustrie ein neuer Tarifvertrag über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen abgeschlossen (Bl. 8 der Akte).
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über Lohnansprüche des Klägers für die Monate Juli, August, September, November und Dezember 2003 sowie Januar 2004 auf der Basis dieses Lohntarifvertrages in Höhe von insgesamt 27,76 EUR brutto sowie über eine einmalige Zahlung gemäß § 4 des Lohntarifvertrages in Höhe von 120,00 EUR und eine ERTV-Ausgleichszahlung für das Jahr 2003 in Höhe von 97,12 EUR brutto.
Das Arbeitsgericht hat durch ein den Parteien am 22.03.2004 zugestelltes Urteil vom 19.02.2004, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 128 bis 142 der Akte), die Beklagte zur Zahlung von 244,88 EUR brutto nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Bedingungen der Mantel- und Lohntarifverträge in der Niedersächsischen Metallindustrie in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Die darüber hinausgehende Zahlungsklage hat es im Übrigen abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der klägerische Anspruch ergebe sich weder aus der Anwendung des Anerkennungstarifvertrages vom 06.02.1996 noch aus der Betriebsvereinbarung vom 13.07.1999. Der Kläger könne jedoch mit Erfolg sein Feststellung- und Leistungsbegehren auf die Bestimmungen des Arbeitsvertrages der Parteien stützen. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Interpretation einer dynamischen Bezugnahmeklausel in einem Einzelarbeitsvertrag als Gleichstellungsabrede sei grundsätzlich ...