Revision
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichstellungsabrede
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer Bezugnahmeklausel im Arbietsvertrag:
Anspruch auf Tariflohnerhöhung bei arbeitsvertraglicher Verweisung auf Tarifvertrag nach Betriebsübergang bei Tarifgebundenheit des Übernehmers
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Osnabrück (Urteil vom 28.01.2004; Aktenzeichen 4 Ca 588/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 28.01.04, Az. 4 Ca 588/03, teilweise abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 388,62 EUR brutto nebst 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30.08.03 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 45 %, die Beklagte zu 55 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit der Klage Zahlung von Arbeitsentgelt. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zum 01.01.2003 eine tarifliche Gehaltserhöhung zuzugestehen.
Die am 13.07.1960 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 01.08.1988 als Krankengymnastin beschäftigt. Rechtsvorgängerin der Beklagten war die Kurbetriebe B. E. GmbH. Zum 01.06.2002 fand ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte statt.
Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen ist der am 23.06.1988 abgeschlossene Arbeitsvertrag, in dessen § 2 Folgendes geregelt ist:
Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.
Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages im Übrigen wird auf diesen (Blatt 69/70 d. A.) verwiesen.
Durch Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT für den Bereich des Bundes sowie für den Bereich der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder vom 31.01.2003 wurden die Tarifgehälter ab 01.01.2003 für die Tarifgruppe der Klägerin um 2,4 % erhöht. Ferner wurde in § 3 des Vergütungstarifvertrages eine Einmalzahlung in Höhe von 7,5 % der Vergütung festgelegt. Die Beklagte zahlte an die Klägerin weder die Einmalzahlung noch nahm sie die Tariflohnerhöhung vor. Die Klägerin macht nunmehr den Differenzanspruch für die Monate Januar 2003 bis 31.08.2003 geltend wie auch die Zahlung des Einmalbetrags.
Die Kurbetriebe B. E. GmbH als Rechtsvorgängerin der Beklagten war Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband und damit in Bezug auf den BAT tarifgebunden. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden, da sie weder Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband noch selbst Tarifvertragspartei ist.
Die Klägerin hat ihre Forderung erstmals schriftlich unter dem Datum des 29.04.2003 bzw. 30.04.2003 geltend gemacht. Das Schreiben der Klägerin hat insoweit folgenden Wortlaut:
Betreff: Geltendmachung von Ansprüchen
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit mache ich gemäß Tarifvereinbarung BAT § 70 meine Ansprüche im Rahmen der Ausschlussfrist geltend.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr der Anspruch auf die Tariflohnerhöhung nach dem Arbeitsvertrag zustehe. Im Arbeitsvertrag sei vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des BAT richte. Folglich müsse auch die Beklagte trotz des Betriebsübergangs die Tariflohnerhöhung leisten.
Die Beklagte habe nicht nur einen konkreten Tarifvertrag arbeitsvertraglich in Bezug genommen, sondern darüber hinaus auch die für den Bereich des Arbeitgebers geltenden sonstigen Tarifverträge. Hierbei handele es sich um eine dynamische Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, die zur Folge habe, dass auch nach dem Betriebsübergang die Beklagte die jeweiligen Änderungen der tarifvertraglichen Vorschriften zu erfüllen habe.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 703,16 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30.08.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel um eine sogenannte Gleichstellungsabrede handele, deren Zweck allein sei, nicht tarifgebundene Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich der Tarifverträge zu bringen. Dieses bedeute nur eine statische Weiterwirkung der Bestimmungen des Tarifvertrags, sodass ein Anspruch auf die Gewährung höhertariflicher Leistungen nicht bestehe.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 28.01.2004 wurde die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und der Streitwert auf 703,16 EUR festgesetzt.
Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses (Blatt 16 bis 23 d. A.) verwiesen.
Dieses Urteil wurde der Klägerseite am 05.03.2004 zugestellt. Hiergegen legte diese am 23.03.2004 Berufung ein und begründete diese nach Verlängerung der Berufung...