Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingetragene Lebenspartnerschaft. Diskriminierung. Betriebliche Altersversorgung
Leitsatz (amtlich)
Eingetragene Lebenspartner sind in der betrieblichen Altersversorgung hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung Ehegatten gleichzustellen, soweit am 1. Januar 2005 zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Versorgungsschuldner noch ein Rechtsverhältnis bestand (BAG 14. 01. 2009 – 3 AZR 20/07 –; 15. 09. 2009 – 3 AZR 294/09).
Das gilt auch für Dienstordnungsangestellte, bei denen die anwendbare Dienstordnung für die Altersversorgung auf die Bestimmungen des BeamtVG verweist.
Normenkette
AGG § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 03.02.2010; Aktenzeichen 8 Ca 199/09 Ö) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 03.02.2010 – 8 Ca 199/09 Ö – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger als eingetragenen Lebenspartner des früheren Dienstordnungsangestellten B. eine Hinterbliebenversorgung zu zahlen.
Herr B. (Geburtsjahr 1945) war bei der Beklagten als Dienstordnungsangestellter nach Besoldungsgruppe A 12 beschäftigt. Am 13.11.2003 begründete er mit dem Kläger, der ebenfalls Dienstordnungsangestellter ist, eine Lebenspartnerschaft nach § 1 Abs. 1 LPartG. Am 12.09.2007 verstarb Herr B.. Die für ihn geltende Dienstordnung enthält u. a. folgende Regelung:
„§ 6 Geld- und geldwerte Leistungen, Versorgung
(1) |
Für Geld- und geldwerte Leistungen und die Versorgung gelten die Vorschriften für Beamte des Bundes entsprechend. |
(2) |
(…)” |
Den Antrag des Klägers, ihm als Hinterbliebenen des Herrn B. Witwerpension wie einem überlebenden Ehegatten zu zahlen, lehnte die Beklagte ab.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, nachdem der Gesetzgeber die Lebenspartnerschaft inzwischen zivilrechtlich fast völlig mit der Ehe gleichgestellt habe, insbesondere im Hinblick auf die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen, bestehe ein Anspruch auf Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung. Artikel 6 Abs. 1 GG zwinge den Gesetzgeber nicht etwa, Lebenspartner gegenüber Ehepartnern zu benachteiligen. Eine solche Vorgehensweise verstoße auch gegen die Richtlinie 2000/78 EG.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger seit Oktober 2007 eine Hinterbliebenenversorgung in dem selben Umfang zu zahlen, wie dies die Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes für einen Ehepartner vorsehen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, für einen Anspruch auf Witwergeld gebe es keine gesetzliche Grundlage. Insoweit bestehe auch keine Regelungslücke. Eine analoge Anwendung der entsprechenden Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes scheide ebenfalls aus. Wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe aus Artikel 6 Abs. 1 GG sei es dem Gesetzgeber auch nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen. Das Witwergeld stelle zudem keine Hinterbliebenenversorgung und damit kein Arbeitsentgelt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH dar. Im Übrigen sei der verstorbene Lebenspartner des Klägers nicht Arbeitnehmer, sondern Dienstordnungsangestellter gewesen, so dass die beamtenrechtlichen Vorschriften einschlägig seien.
Durch Urteil vom 03.03.2010 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit Oktober 2007 eine Hinterbliebenenversorgung in dem selben Umfang zu zahlen, wie dies die Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes für einen Ehepartner vorsehen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es dem Kläger zu 12 % und der Beklagten zu 88 % auferlegt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 129 Rs. bis 132 d. A.) Bezug genommen. Das Urteil ist der Beklagten am 11.03.2010 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 12.04.2010 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.06.2010 am 10.06.2010 begründet.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Schutz von Ehe und Familie habe im Gegensatz zur eingetragenen Lebensgemeinschaft Verfassungsrang. Zwar bestehe keine Pflicht des Gesetzgebers, die eingetragene Lebensgemeinschaft schlechter zu behandeln als die Ehe. Die Ehe dürfe aber als verfassungsrechtlich besonders geschützte Institution besser behandelt werden. Wenn die Verfassung selbst eine Unterscheidung vornehme, könne dem Gesetzgeber keine willkürliche Ungleichbehandlung vorgeworfen werden, wenn er dem verfassungsrechtlichen Unterscheidungsmuster folge.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 03. Februar 2010 – 8 Ca 199/09 Ö – wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung nach Maßgabe seines Schriftsatzes vo...