Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlungsklagen. außergerichtliche und gerichtliche Geltendmachung. tarifliche Ausschlussfrist. Beschäftigungsklage. Fristwahrende Geltendmachung von Annahmeverzugsansprüchen durch Klage auf tatsächliche Beschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Frist sowohl zur außergerichtlichen als auch zur gerichtlichen Geltendmachung von Annahmeverzugsansprüchen des Arbeitnehmers i.S.v. § 15 BRTV-Bau wird durch die Klage des Arbeitnehmers gerichtet auf tatsächliche Beschäftigung gewahrt.

 

Normenkette

BRTV-Bau § 15 Abs. 2; BGB § 611 Abs. 1, § 615 S. 1; BRTV-Bau § 15 Nrn. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Entscheidung vom 29.02.2012; Aktenzeichen 6 Ca 303/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.11.2014; Aktenzeichen 5 AZR 121/13)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 29.02.2012 - 6 Ca 303/11 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 38.837,10 € brutto sowie 4.370,21 € netto abzüglich erhaltener Sozialleistungen in Höhe von 7.071,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz auf 32.977,49 € brutto sowie 4.370,21 € netto abzüglich erhaltener Sozialleistungen in Höhe von 6.155,58 € vom 02.08.2011 - 30.11.2011 und auf 38.837,10 € brutto sowie 4.370,21 € netto abzüglich erhaltener Sozialleistungen in Höhe von 7.071,85 € ab dem 01.12.2011 zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 43.800,89 € zu 18 % und die Beklagte zu 82 % zu tragen.

Die erstinstanzlichen Kosten hat der Kläger ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 66.212,00 € zu 27 % und die Beklagte zu 63 % zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über Ansprüche des Klägers auf Annahmeverzug für die Zeiträume vom 01.06.2009 bis 30.04.2011 und vom 01.06.2011 bis 31.08.2011.

Wegen der genauen Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 2 - 5 desselben, Bl. 167 - 169 der Gerichtsakten) verwiesen.

Mit Urteil vom 29.02.2012 hat das Arbeitsgericht Osnabrück Annahmeverzugsansprüche des Klägers nur für die Monate Mai, September, Oktober und November 2011 (bis zum 21.11.2011) bestätigt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Tenorierung wird auf den Urteilstenor (Bl. 167 der Gerichtsakte), soweit es die rechtliche Würdigung angelangt wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (Bl. 5 - 12 desselben, Bl. 169 - 172 der Gerichtsakte) verwiesen.

Das Urteil ist dem Kläger am 26.03.2012 zugestellt worden. Seine Berufung samt Berufungsbegründung sind am 25.04.2012 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangen.

Er ist der Ansicht, dass das Arbeitsgericht Osnabrück zu Unrecht festgestellt habe, seine Ansprüche auf Annahmeverzug für die Zeiträume vom 01.06.2009 bis 30.04.2011 und vom 01.06.2011 bis 31.08.2011 seien gemäß der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 2 Satz 1 BRTV-Bau verfallen. Das Arbeitsgericht habe zunächst verkannt, dass die Ausschlussfrist dann, wenn der Arbeitnehmer seine Ansprüche ohne Abrechnung von Seiten des Arbeitgebers nicht beziffern könne, erst mit erteilter Abrechnung zu laufen beginne. Ausweislich der von der Beklagten vorgetragenen witterungsbedingten Arbeitsausfälle und deren Auswirkung auf den Vergütungsanspruch des Klägers - die der Kläger dem Grunde und der Höhe nach unstreitig stelle - sei eine Bezifferung seiner Ansprüche ohne eine Abrechnung nicht möglich gewesen.

Unabhängig davon werde der Kläger durch das Abstellen auf die tarifvertraglichen Ausschlussfristen in unzumutbarer und nicht mehr zu rechtfertigender Weise in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Habe der Kläger seinen Lohnanspruch für die streitgegenständliche Zeiträume schon im Vorprozess - 6 Ca 264/09, Arbeitsgericht Osnabrück - zur Wahrung der Ausschlussfristen geltend machen müssen, hätte sich sein Kostenrisiko durch die monatlich anstehenden Klageerweiterungen erheblich erhöht. Der Vorprozess vor dem Arbeitsgericht Osnabrück - 6 Ca 264/09 - sei erst vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen - 10 Sa 109/10 - rechtskräftig durch den am 21.11.2011 geschlossenen Vergleich beendet worden. Die Annahmeverzugslohnansprüche, die der Kläger in diesem Verfahren geltend mache, seien sämtlich abhängig von dem Ausgang des oben genannten Vorverfahrens. Darin habe zunächst die grundsätzliche Frage geklärt werden müssen, ob seitens der Beklagten für die Zeit ab dem 01.06.2009 überhaupt eine Beschäftigungspflicht bestanden habe. Es liege insoweit eine vergleichbare Situation vor, wie sie § 15 Abs. 2 Satz 2 BRTV-Bau für Vergütungsansprüche, die vom Ausgang eines Kündigungsschutzverfahrens abhingen, ausdrücklich regele. Schon aufgrund der Klage im Vorprozess (6 Ca 264/09 Arbeitsgericht Osnabrück) habe die Beklagte davon ausgehen müssen, dass sie dann, wenn der Kläger mit seinem Beschäftigungsantrag durchdringe, mit den ab diesem Zeitp...

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