Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. fehlende Erfolgsaussichten. Schlichtungsstelle gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG. Kündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG ein Schlichtungsausschuss gebildet ist, ist eine ohne vorherige Anrufung des Schlichtungsausschusses beim Arbeitsgericht erhobene Klage unzulässig.
2. Eine vor Abschluss des Schlichtungsverfahrens erhobene Klage bleibt weiterhin unzulässig, wenn das Schlichtungsverfahren durch einen Vergleich sein Ende gefunden hat, in dem alle Streitpunkte beigelegt worden sind und sich der Kläger verpflichtet hat, die bereits erhobene Klage wieder zurückzunehmen.
3. Wegen fehlender Aussicht auf Erfolg kann für die Klage Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden, § 114 Satz 1 ZPO.
Normenkette
ZPO §§ 114, 127; ArbGG § 111
Verfahrensgang
ArbG Bayreuth (Beschluss vom 04.05.2009; Aktenzeichen 4 Ca 669/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 04.05.2009, Az.: 4 Ca 669/08, wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Kläger hat sich mit seiner am 21.05.2008 zum Arbeitsgericht Bayreuth erhobenen Klage gegen die Kündigung seines seit dem 01.09.2007 mit der Beklagten bestehenden Ausbildungsverhältnisses durch die mündliche Erklärung vom 20.11.2007 und die schriftliche außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 30.04.2008 gewandt. Daneben hat er einen allgemeinen Feststellungsantrag gestellt und die Zahlung der Ausbildungsvergütung sowie die tatsächliche Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses begehrt.
Mit Schriftsatz vom selben Tag hat er bei dem Ausschuss zur Schlichtung von Lehrlingsstreitigkeiten der örtlichen Bäckerinnung identische Anträge gestellt, die lediglich den Anspruch auf die tatsächliche Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses nicht umfassten.
In der Sitzung des Schlichtungsausschusses vom 15.01.2009 haben die Parteien durch Abschluss eines Vergleiches die zwischen ihnen streitigen Punkte beigelegt und der Kläger hat sich u.a. dazu verpflichtet, die zur Fristwahrung eingereichte Klage beim Arbeitsgericht wieder zurückzunehmen.
Das Arbeitsgericht Bayreuth hat mit Beschluss vom 04.05.2009 die für das Klageverfahren beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und dies mit der Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit der Klage wegen des durchzuführenden Schlichtungsverfahrens und dessen erfolgreichen Abschluss begründet.
Gegen den ihnen am 08.05.2009 zugestellten Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Telefax vom 08.06.2009 sofortige Beschwerde eingelegt.
Sie wird damit begründet, die Erhebung der Kündigungsschutzklage sei trotz der gleichzeitigen Anrufung des Schlichtungsausschusses geboten gewesen, um sämtliche Rechtsansprüche umfassend zu sichern und eine Präklusion auszuschließen. Ohne die Sicherung der Rechtsansprüche des Klägers hätte das Schlichtungsverfahren nicht erfolgreich durch Abschluss eines Vergleiches beendet werden können.
Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 10.06.2009 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist statthaft, §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ZPO, und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 ZPO.
2. Die sofortige Beschwerde ist sachlich nicht begründet.
Das Erstgericht hat wegen der fehlenden Erfolgsaussichten der Klage den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts zu Recht zurückgewiesen.
a) Nach § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die rechtlichen Erwägungen haben hierbei Zulässigkeit und Begründetheit zu erfassen. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. hierzu Zöller-Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 114 Rz. 22 ff., 30 ff. m.w.N.).
b) Für die von dem Kläger erhobene Klage fehlt es an den erforderlichen Erfolgsaussichten im Hinblick auf das vorrangig durchzuführende und auch erfolgreich abgeschlossene Schlichtungsverfahren gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG.
Die von dem Kläger erhobenen Feststellungs- und Leistungsklagen waren vor Durchführung des im vorliegenden Fall zuständigen Ausschusses zur Schlichtung von Lehrlingsstreitigkeiten der Bäckerinnung unzulässig, wie sich aus § 111 Abs. 2 Satz 3 und 5 ArbGG ergibt. Dies gilt nicht nur, wenn Ansprüche aus dem Berufsausbildungsverhältnis geltend gemacht werden, sondern auch im Falle einer Kündigung, wenn es darum geht, ob das Berufsausbildungsverhältnis als solches rechtswirksam beendet worden ist oder nicht. Insoweit ist auch eine ohne vorherige Anrufung des Schlichtungsausschusses beim Arbeitsgericht er...