Entscheidungsstichwort (Thema)
Reduzierung der Arbeitszeit. Beendigungsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Streitwertfestsetzung hat auch dann nach §§ 63 Abs. 2 GKG, 32 Abs. 1 RVG und nicht nach § 33 Abs. 1 RVG zu erfolgen, wenn Gerichtsgebühren wegen des Vergleichs der Parteien wieder entfallen und für den Vergleich ein Mehrwert festzusetzen ist.
2. Wird für das streitige Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers im Rahmen der nach § 42 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 GKG vorzunehmenden Streitwertfestsetzung die Obergrenze des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG (Vierteljahresverdienst) bereits voll ausgeschöpft, kann eine im Vergleichswege vereinbarte Vertragsbeendigung nicht zur Festsetzung eines überschießenden Vergleichswerts führen.
3. Das Verschlechterungsverbot gilt im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens nach § 68 GKG nicht, § 63 Abs. 3 GKG.
Normenkette
GKG §§ 63, 68, 42; RVG § 32
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Beschluss vom 07.04.2008; Aktenzeichen 8 Ca 7614/07) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 07.04.2008, Az.: 8 Ca 7614/07, abgeändert und der Gegenstandwert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren auf EUR 11.300,01 und für den Vergleich auf EUR 11.600,01 festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die am 04.03.1975 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 15.03.2003 als Marketingmanagerin mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden und einem Bruttomonatsentgelt von EUR 3.766,67 beschäftigt.
Mit ihrer am 09.11.2007 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingereichten Klage begehrt die Klägerin während ihrer Elternzeit bis 05.11.2009 die Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit auf 20 Stunden.
Die Beklagte hatte zuvor der Klägerin die begehrte Teilzeittätigkeit mit der Begründung verweigert, nach Antritt ihrer Elternzeit sei die Stelle der Klägerin infolge einer betrieblichen Umstrukturierung entfallen und ein anderweitiger freier Arbeitsplatz stünde nicht zur Verfügung.
In dem Verhandlungstermin vom 07.04.2008 haben die Parteien folgenden Vergleich geschlossen:
- Die Parteien sind darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund betriebsbedingter Gründe einvernehmlich mit Ablauf des 05.11.2009 (Ende der Elternzeit) enden wird.
- Die beklagte Partei zahlt an die Klagepartei als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechend §§ 9, 10 KSchG einen Betrag in Höhe von EUR 39.500,00 brutto bis spätestens 31.12.2008 unter Anrechnung auf etwaige Sozialplanansprüche der Klägerin.
- Die Beklagte erteilt der Klägerin die Genehmigung zur Aufnahme einer Teilzeittätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber gemäß den gesetzlichen Bestimmungen.
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Klägerin aufgrund dringender betrieblicher Gründe bis zum Ablauf der Elternzeit kein Teilzeitarbeitsplatz bei der Beklagten zur Verfügung steht.
- Die beklagte Partei verpflichtet sich, der Klagepartei ein Endzeugnis auf der Basis des bereits erteilten Zwischenzeugnisses auszustellen und zuzusenden, das Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthält und sich auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstreckt.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
- Dieser Vergleich wird wirksam, wenn er nicht seitens der beklagten Partei durch schriftliche Erklärung, die bis spätestens 21.04.2008 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangen sein muss, widerrufen wird.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 07.04.2008 den Streitwert für das Verfahren auf EUR 5.650,00 und einen überschießenden Vergleichsmehrwert von EUR 13.600,01 festgesetzt. Hinsichtlich des Vergleichsmehrwertes sind drei Bruttomonatsgehälter für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, EUR 300,00 für das Arbeitszeugnis und EUR 2.000,00 für die erteilte Genehmigung einer Teilzeittätigkeit in Ansatz gebracht worden.
Mit ihrer am 19.05.2008 beim Erstgericht erhobenen Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen den festgesetzten Streitwert und führt in der Begründung aus, ein Vergleichsmehrwert sei im Hinblick auf die vereinbarte Beendigung des Vertragsverhältnisses und die Zeugniserteilung nicht veranlasst.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 04.08.2008 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze im Beschwerdeverfahren verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren und damit auch für die Gebühren des Rechtsanwalts gemäß der §§ 63 Abs. 2 GKG, 32 Abs. 1 RVG festgesetzt worden ist. Die Streitwertfestsetzung erfolgt auch dann nach vorstehenden Vorschriften und nicht nach § 33 RVG, wenn infolge eines Prozessvergleichs Gerichtsgebühren nicht erhoben werden und im Hinblick auf den Inhalt des Prozessvergleichs ein Mehrwert festzusetzen ist (vgl. hierzu LAG Hamm vom 30.06.2006 – 6 Ta 136/06 – RVG...