Rechtsmittel ist zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Reisekosten des Rechtsanwalts ist bei Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten § 91 Abs. 1 ZPO (nicht: § 91 Abs. 2 ZPO).
2. Kosten des nicht am Gerichtsort und nicht am Wohnort/Sitz der Partei ansässigen Rechtsanwalts wegen Reisen zum Gericht sind erstattungsfähig, wenn ein Informationsgespräch zwischen Partei und Rechtsanwalt erforderlich ist und durch die Anreise keine Mehrkosten entstehen im Vergleich zu den sich bei einer (fiktiven) Anreise vom Wohnort/Sitz der Partei ergebenden Kosten.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Beschluss vom 01.03.2004; Aktenzeichen 9 Ca 7001/02) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 01.03.2004 – 9 Ca 7001/02 – wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 592,83 festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A.
Der Kläger hat beim Arbeitsgericht Nürnberg Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte erhoben, die ihren Sitz in Hannover hat. Der von der Beklagten mit ihrer Vertretung beauftragte Rechtsanwalt hat seinen Kanzleisitz in Düsseldorf. Er hat den Verhandlungstermin vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg am 28.08.2003, 09.30 Uhr wahrgenommen. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 18.09.2003 hat der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Beklagte hat unter anderem die Festsetzung folgender Kosten für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins vom 28.08.2003 durch ihren Prozessbevollmächtigten begehrt:
Flugkosten Düsseldorf-Nürnberg-Düsseldorf |
EUR 451,83 |
Übernachtungskosten |
EUR 85,– |
Abwesenheitsgeld |
EUR 56,–. |
Mit Beschluss vom 01.03.2004 hat der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts Nürnberg dem Antrag voll entsprochen. Gegen diesen dem Klägervertreter am 10.03.2004 zugestellten Beschluss hat dieser mit Schriftsatz vom 17.03.2004, beim Arbeitsgericht Nürnberg am selben Tag eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt, und diese damit begründet, Übernachtungs- und Flugkosten sowie das Abwesenheitsgeld seien nicht notwendig gewesen. Die Beklagte hätte einen am Gerichtsort Nürnberg ansässigen Anwalt beauftragen können und müssen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil nach Ausspruch einer Vielzahl von mit einer Betriebsstilllegung begründeten Kündigungen ca. 40 Kündigungsschutzklagen eingereicht worden seien, so dass es unproblematisch möglich gewesen wäre, einen Rechtsanwalt „vor Ort” umfassend zu informieren.
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
B.
I. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben und damit zulässig.
Das Fehlen einer Antragsstellung im Beschwerdeverfahren ist unschädlich, da durch Auslegung des Vorbringens des Klägers sich sein prozessuales Begehren mit hinreichender Deutlichkeit ergibt: Er will die Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses insoweit, als das Arbeitsgericht Flug- und Übernachtungskosten und Abwesenheitsgeld festgesetzt hat.
II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
1. Rechtsgrundlage für die Erstattungspflicht ist § 91 Abs. 1 ZPO. § 91 Abs. 2 Satz 2 oder § 91 Abs. 2 Satz 1 HS 2 ZPO scheiden aus, da beide Vorschriften von der Zulassung des Rechtsanwalts bei einem bestimmten Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgehen (vgl. näher Sächsisches LAG Beschluss vom 07.02.1997, LAGE Nr. 28 zu § 91). Da aber vor den Landesarbeitsgerichten jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt zur Vertretung berechtigt ist (§ 11 Abs. 2 ArbGG) und eine ausdrückliche Zulassung für eine Vertretung vor einem Landesarbeitsgericht nicht vorgesehen ist, ist § 91 Abs. 2 ZPO insgesamt nicht einschlägig (Sächsisches LAG a.a.O. m.w.N.).
Grundlage der Prüfung der Erstattungsfähigkeit von Reisekosten ist damit im vorliegenden Fall § 91 Abs. 1 ZPO. Danach hat die unterliegende Partei dem Gegner die Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.
2. Die vom rechtsanwaltschaftlichen Vertreter der Beklagten geltend gemachten Flug- und Übernachtungskosten sowie Abwesenheitsgelder waren notwendig.
a) Der vorliegende Fall ist dadurch geprägt, dass der von der Beklagten beauftragte Rechtsanwalt weder am Gerichtsort (Nürnberg) noch am Sitz der Beklagten (Hannover) seine Kanzlei unterhält oder wohnt. Reisekosten eines an einem dritten Ort ansässigen Rechtsanwalts sind zu erstatten, wenn durch seine Anreise keine Mehrkosten entstehen im Vergleich zur Anreise vom Wohnort/Sitz der Partei (Zöller/Herget, ZPO-Komm., 24. A., § 91 Rdnr. 13 Stichwort „Reisekosten des Anwalts”; KG JurBüro 2002, 152, mit der Einschränkung, dass der an einem dritten Ort kanzleinansässige Anwalt bereits in die vorprozessuale Auseinandersetzung eingeschaltet und von der Partei mündlich informier...