Entscheidungsstichwort (Thema)

Hilfsweise Kündigungen. Kündigung. Streitwertfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

Werden mehrere nur hilfsweise ausgesprochene Kündigungen in einem Verfahren angegriffen ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn unabhängig von den jeweiligen Entlassungsterminen und den herangezogenen Kündigungsgründen der Streitwert für dieses Verfahren nur bis zum einfachen Höchstwert des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG festgesetzt wird.

 

Normenkette

GKG §§ 63, 68, 42; RVG § 32

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Beschluss vom 07.08.2007; Aktenzeichen 6 Ca 8962/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 07.08.2007, Az.: 6 Ca 8962/06, in der Fassung der Teil-Abhilfeentscheidung vom 24.08.2007 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der bei der Beklagten seit dem 12.08.1963 gegen ein Bruttomonatsgehalt von EUR 2.956,– beschäftigte und bereits ordentlich gekündigte Kläger hat gegen zwei weitere hilfsweise Kündigungen (fristlose Verdachtskündigung; weitere ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 30.06.2007), die ihm in getrennten Schreiben vom 27.11.2006 ausgesprochen worden sind, Kündigungsschutzklage erhoben, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht und seine tatsächliche Beschäftigung begehrt.

In dem bereits geführten Kündigungsrechtsstreit über die erste ordentliche Kündigung haben sich die Parteien vergleichsweise u.a. dahingehend verständigt, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2006 beendet worden ist, die Beklagte dem Kläger eine Abfindung in Höhe von EUR 27.000,– bezahlt und sich damit auch der Rechtsstreit über die weiteren hilfsweisen Kündigungen erledigt.

Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 07.08.2007 den Verfahrensstreitwert auf EUR 14.782,– (= 5 Bruttomonatseinkommen) festgesetzt.

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben hiergegen beim Erstgericht mit Schriftsatz vom 29.08.2007 Beschwerde eingelegt und die Anhebung des Streitwerts um weitere drei Bruttomonatsgehälter begehrt.

Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 03.09.2007 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.

Bezüglich der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt EUR 200,–, denn die einfache Gebührendifferenz zwischen den dem festgesetzten und dem begehrten Gebührenstreitwert beträgt nach der Anlage 2 zum RVG EUR 120,–.

Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG.

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers können gegen die gerichtliche Festsetzung aus eigenem Recht das Rechtsmittel der Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, da die gerichtliche Gebührenfestsetzung gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist.

2. Die Beschwerde ist sachlich nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat sein bei der Streitwertfestsetzung gegebenes Ermessen in Bezug auf die begehrten Feststellungen nachvollziehbar ausgeübt und die hierbei gegebenen Grenzen nicht überschritten.

a) Das Beschwerdegericht bleibt bei der vom Landesarbeitsgericht Nürnberg in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass die Ermessensentscheidung des Erstgerichts zwar auf Ermessensfehler zu überprüfen ist, dass das Beschwerdegericht aber keine eigene, hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen hat (so schon Beschluss vom 05.05.1986 – 1 Ta 3/85 – LAGE Nr. 53 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; vom 07.04.1999 – 6 Ta 61/99 – NZA 1999, 840; vom 27.11.2003 – 9 Ta 190/03 – AR-Blattei ES, 160.13 Nr. 255).

b) Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage gegen die hilfsweise außerordentliche Kündigung vom 27.11.2006 nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG zutreffend mit drei Bruttomonatseinkommen bewertet. Nach mehr als einjähriger Betriebszugehörigkeit berücksichtigt die Entscheidung des Erstgerichts die typisierende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 30.11.1984 – 2 AZN 572/82 (B), NZA 1985, 369), die auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung abstellt und für die hier vorliegende Dauer von über einem Jahr die Festsetzung von drei Bruttomonatseinkommen vorsieht.

c) Ermessensfehlerfrei ist vom Erstgericht ein neben den Kündigungsschutzanträgen geltend gemachter allgemeiner Feststellungsantrag nicht zusätzlich bewertet worden (vgl. LAG Nürnberg vom 08.08.2006 – 4 Ta 129/06 –; vom 29.05.2006 – 6 Ta 75/06 –; beide n.v.). Dies gebietet das in § 42 Abs. 4 GKG zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Interesse, die Kosten eines Arbeitsrechtsstreits, insbesondere wenn es um den Bestand des Arbeitsverhältnisses und die davon abhängigen weiteren Ansprüche der Parteien geht, aus sozialen Erwägungen zu begren...

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